etwas sonderliches zu entdecken oder denken zu kön- nen glaubet? Man siehet demnach die Moose kaum mit einiger Aufmerksamkeit an, wenigstens mit kei- ner solchen, die sie allerdings erfordern, so daß es vielen, noch bey ihrer Nachläßigkeit, fast eben so ergehet, als andern mit den Arten des Grases, die sie doch öfters besser zu kennen, alle Ursache hätten, und dennoch mit einem einzigen sehr schnellen Blick dergestalt übersehen, daß sie von ihnen einen eben so dunkeln als unvollkommenen Begrif erlangen, als einer, der aus einer beträchtlichen Ferne einen grünen Wald, oder eine schöne Wiese betrachtet, ohne daß er außer der grünen Farbe, etwas sonder- liches zu unterscheiden im Stande ist.
Wie sie denn auch insgemein alle zusammenge- nommen, mit einem Namen, nehmlich der Moose oder das Moos beleget werden, ohne zu wissen, daß diese Familie von Gewächsen bereits über 200 verschiedene Gattungen enthalten. Wo werden also die schönen, und in ihrer Art zum Theil wich- tige Naturbegebenheiten bleiben, zu denen bald diese, bald jene Gattungen das ihrige vorzüglich beytragen, und zu deren Unterhaltung sie in der großen und weitläuftigen Naturhaushaltung den Grund legen? ohne sie würde manches nicht leicht vor sich gehen, und ohne deren Erkenntniß würden manche Vorfälle weder richtig verstanden noch erklärt werden können.
Diese
etwas ſonderliches zu entdecken oder denken zu koͤn- nen glaubet? Man ſiehet demnach die Mooſe kaum mit einiger Aufmerkſamkeit an, wenigſtens mit kei- ner ſolchen, die ſie allerdings erfordern, ſo daß es vielen, noch bey ihrer Nachlaͤßigkeit, faſt eben ſo ergehet, als andern mit den Arten des Graſes, die ſie doch oͤfters beſſer zu kennen, alle Urſache haͤtten, und dennoch mit einem einzigen ſehr ſchnellen Blick dergeſtalt uͤberſehen, daß ſie von ihnen einen eben ſo dunkeln als unvollkommenen Begrif erlangen, als einer, der aus einer betraͤchtlichen Ferne einen gruͤnen Wald, oder eine ſchoͤne Wieſe betrachtet, ohne daß er außer der gruͤnen Farbe, etwas ſonder- liches zu unterſcheiden im Stande iſt.
Wie ſie denn auch insgemein alle zuſammenge- nommen, mit einem Namen, nehmlich der Mooſe oder das Moos beleget werden, ohne zu wiſſen, daß dieſe Familie von Gewaͤchſen bereits uͤber 200 verſchiedene Gattungen enthalten. Wo werden alſo die ſchoͤnen, und in ihrer Art zum Theil wich- tige Naturbegebenheiten bleiben, zu denen bald dieſe, bald jene Gattungen das ihrige vorzuͤglich beytragen, und zu deren Unterhaltung ſie in der großen und weitlaͤuftigen Naturhaushaltung den Grund legen? ohne ſie wuͤrde manches nicht leicht vor ſich gehen, und ohne deren Erkenntniß wuͤrden manche Vorfaͤlle weder richtig verſtanden noch erklaͤrt werden koͤnnen.
Dieſe
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etwas ſonderliches zu entdecken oder denken zu koͤn-
nen glaubet? Man ſiehet demnach die Mooſe kaum
mit einiger Aufmerkſamkeit an, wenigſtens mit kei-
ner ſolchen, die ſie allerdings erfordern, ſo daß es
vielen, noch bey ihrer Nachlaͤßigkeit, faſt eben ſo
ergehet, als andern mit den Arten des Graſes, die
ſie doch oͤfters beſſer zu kennen, alle Urſache haͤtten,
und dennoch mit einem einzigen ſehr ſchnellen Blick
dergeſtalt uͤberſehen, daß ſie von ihnen einen eben
ſo dunkeln als unvollkommenen Begrif erlangen,
als einer, der aus einer betraͤchtlichen Ferne einen
gruͤnen Wald, oder eine ſchoͤne Wieſe betrachtet,
ohne daß er außer der gruͤnen Farbe, etwas ſonder-
liches zu unterſcheiden im Stande iſt.
Wie ſie denn auch insgemein alle zuſammenge-
nommen, mit einem Namen, nehmlich der Mooſe
oder das Moos beleget werden, ohne zu wiſſen,
daß dieſe Familie von Gewaͤchſen bereits uͤber 200
verſchiedene Gattungen enthalten. Wo werden
alſo die ſchoͤnen, und in ihrer Art zum Theil wich-
tige Naturbegebenheiten bleiben, zu denen bald
dieſe, bald jene Gattungen das ihrige vorzuͤglich
beytragen, und zu deren Unterhaltung ſie in der
großen und weitlaͤuftigen Naturhaushaltung den
Grund legen? ohne ſie wuͤrde manches nicht
leicht vor ſich gehen, und ohne deren Erkenntniß
wuͤrden manche Vorfaͤlle weder richtig verſtanden
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/73>, abgerufen am 23.07.2024.
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