Der erste hiesige K. Leibmedikus der Herr Geheimerath Cothenius entsinnet sich ehemahls bey- nahe alle diese Zufälle beysammen gefunden zu ha- ben, bey einer geschwind krank gewordenen Frau, auf den Genuß der Hamburger gesottenen Muscheln, worunter eine sogenannte giftige mit befindlich ge- wesen, dabey man doch nicht vergessen gehabt, nach Gewohnheit zur Vorsicht eine Zwiebel mit hinein zu werfen, wie er selbst gesehen hat.
Endlich hat Herr Kalm an sich selbst einige oft wiederholte Versuche gemacht, um die bekannte Schädlichkeit des Firnißbaumes zu erfahren, er hat Zweige davon abgeschälet, daran gerochen, die fri- schen geschälten Zweige zwischen den Händen gerie- ben, und einige Zeit darinnen getragen, dabey er einige Zeit von den verdrüßlichen Zufällen ganz frey geblieben ist; dagegen er hernach doch einige schäd- liche Wirkungen des Giftes an sich erfahren. An einem heißen Tage schnitt er besonders ein Reiß ab, da er im Schweiße war, trug es eine halbe Stunde in der Hand, ohne daß er denselben Tag davon et- was widriges hätte empfinden sollen, bis auf den Abend nur etwas sehr weniges. Als er aber den folgenden Morgen erwachte, empfand er um die Au- gen und an den Augenliedern ein starkes Jucken, welches zwar nach einem öftern Auswaschen mit eiskalten Wasser nachließ, doch so, daß die Augen- lieder noch den ganzen Tag über steif blieben. Ge- gen den Abend fand sich das vorige Jucken wieder ein,
und
Der erſte hieſige K. Leibmedikus der Herr Geheimerath Cothenius entſinnet ſich ehemahls bey- nahe alle dieſe Zufaͤlle beyſammen gefunden zu ha- ben, bey einer geſchwind krank gewordenen Frau, auf den Genuß der Hamburger geſottenen Muſcheln, worunter eine ſogenannte giftige mit befindlich ge- weſen, dabey man doch nicht vergeſſen gehabt, nach Gewohnheit zur Vorſicht eine Zwiebel mit hinein zu werfen, wie er ſelbſt geſehen hat.
Endlich hat Herr Kalm an ſich ſelbſt einige oft wiederholte Verſuche gemacht, um die bekannte Schaͤdlichkeit des Firnißbaumes zu erfahren, er hat Zweige davon abgeſchaͤlet, daran gerochen, die fri- ſchen geſchaͤlten Zweige zwiſchen den Haͤnden gerie- ben, und einige Zeit darinnen getragen, dabey er einige Zeit von den verdruͤßlichen Zufaͤllen ganz frey geblieben iſt; dagegen er hernach doch einige ſchaͤd- liche Wirkungen des Giftes an ſich erfahren. An einem heißen Tage ſchnitt er beſonders ein Reiß ab, da er im Schweiße war, trug es eine halbe Stunde in der Hand, ohne daß er denſelben Tag davon et- was widriges haͤtte empfinden ſollen, bis auf den Abend nur etwas ſehr weniges. Als er aber den folgenden Morgen erwachte, empfand er um die Au- gen und an den Augenliedern ein ſtarkes Jucken, welches zwar nach einem oͤftern Auswaſchen mit eiskalten Waſſer nachließ, doch ſo, daß die Augen- lieder noch den ganzen Tag uͤber ſteif blieben. Ge- gen den Abend fand ſich das vorige Jucken wieder ein,
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[198/0210]
Der erſte hieſige K. Leibmedikus der Herr
Geheimerath Cothenius entſinnet ſich ehemahls bey-
nahe alle dieſe Zufaͤlle beyſammen gefunden zu ha-
ben, bey einer geſchwind krank gewordenen Frau, auf
den Genuß der Hamburger geſottenen Muſcheln,
worunter eine ſogenannte giftige mit befindlich ge-
weſen, dabey man doch nicht vergeſſen gehabt, nach
Gewohnheit zur Vorſicht eine Zwiebel mit hinein
zu werfen, wie er ſelbſt geſehen hat.
Endlich hat Herr Kalm an ſich ſelbſt einige
oft wiederholte Verſuche gemacht, um die bekannte
Schaͤdlichkeit des Firnißbaumes zu erfahren, er hat
Zweige davon abgeſchaͤlet, daran gerochen, die fri-
ſchen geſchaͤlten Zweige zwiſchen den Haͤnden gerie-
ben, und einige Zeit darinnen getragen, dabey er
einige Zeit von den verdruͤßlichen Zufaͤllen ganz frey
geblieben iſt; dagegen er hernach doch einige ſchaͤd-
liche Wirkungen des Giftes an ſich erfahren. An
einem heißen Tage ſchnitt er beſonders ein Reiß ab,
da er im Schweiße war, trug es eine halbe Stunde
in der Hand, ohne daß er denſelben Tag davon et-
was widriges haͤtte empfinden ſollen, bis auf den
Abend nur etwas ſehr weniges. Als er aber den
folgenden Morgen erwachte, empfand er um die Au-
gen und an den Augenliedern ein ſtarkes Jucken,
welches zwar nach einem oͤftern Auswaſchen mit
eiskalten Waſſer nachließ, doch ſo, daß die Augen-
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/210>, abgerufen am 23.07.2024.
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