Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742]."ihm aus der Nacht des leiblichen und geistlichen Todes, ia aus dem finstern „ihm aus der Nacht des leiblichen und geistlichen Todes, ia aus dem finstern <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0737"/> „ihm aus der Nacht des leiblichen und geistlichen Todes, ia aus dem finstern<lb/> „Rachen des Teufels und der Hölle geholffen; also sey der völlige Beweiß<lb/> „vorhanden, daß sie mit Recht Stella matutina genennet werde. Die<lb/> „Nutz anwendungen waren, 1.) sich vor der Sünde und dem Satan zu hüthen,<lb/> „2.) der Gnade, und des Schutzes der H. Jungfrau sich immer fähiger<lb/> „zu machen, damit sie sonderlich in der einem ieden Menschen bevorste=<lb/> „henden Todes-Nacht als der tröstliche und erfreuliche Morgen=Stern<lb/> „erscheinen möge. Zum Beschluß wurde erinnert, daß Morgen<lb/> „das Fest des H. Josephs sey, welcher der H. Jungfrauen Pfleger,<lb/> „Wärter und Begleiter auf dieser Welt gewesen, ietzt im Himmel<lb/> „aber die Verrichtung habe, daß er denenjenigen, welche mit Beicht-<lb/> „und Buße wohl zubereitet sein Fest begiengen, das Hertz der aller<lb/> „Heiligsten Jungfrauen Zuwende, und sie ihnen gewogen mache. Das<lb/> heist ja wohl recht die Leute bey der Nase herum<subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">fü</add></subst>hren. Wäre<lb/> ein Zimmer=Geselle oder LehrJunge des Josephs bekannt, so würde<lb/> man zweifels ohne auch noch erst an diesen sich addressiren müßen,<lb/> um jenes Gewogenheit zu Wege zu bringen. Der Wein Keller der<lb/> Madonna und ihre Apothecke wurden auch noch heute von uns in<lb/> Augenschein genommen. Aus beyden Anstallten wird die Zahlreiche<lb/> Geistlichkeit und alles andre, waß bey der casa Santa engagiret<lb/> ist, versorget. In dem Keller ist ein Faß, aus welchem man, und zwar<lb/> durch einen einzigen Hahn, dreyerley Wein zapfet. Die berühmten<lb/> Apothecken=Gefäße von Majolii sind zum Theil schön, zum Theil schlecht<lb/> gemahlet, und kan man wohl schwerlich caution davor stellen, daß<lb/> sie alle von Raphaels Hand seyn sollten. Der Pallast des päbstl.<lb/> Gouverneurs, welcher ein Alberoni, und des Cardinals Neven ist,<lb/> enthält sonst, außer schon gedachtem Keller und der Apothecke nichts<lb/> merckwürdiges, als die silberne in Lebens Größe verfertigte Statue<lb/> Graf Josephs Clari, welche seine Kinder ex voto paterno hieher geschickt,<lb/> die aber auf der See bey Ancona verunglücket, und iezt hier in depo-<lb/> sito stehet, weil der Process wegen des Berge=Geldes, welches den 4<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">ten</hi></hi> <lb/> Theil ausmacht, noch nicht geendet ist. Die Jesuitischen BeichtVäter sind auch mit<lb/> in diesem Palais logiret, und hat iede Europaeische Sprache den ihrigen. Da nun<lb/> aus der gantzen catholischen Christenheit Pilgrimme hier zusammen fließen,<lb/> so ist dieses Beicht=Wesen nach dem Zweck der Societaet ein trefflicher Posten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0737]
„ihm aus der Nacht des leiblichen und geistlichen Todes, ia aus dem finstern
„Rachen des Teufels und der Hölle geholffen; also sey der völlige Beweiß
„vorhanden, daß sie mit Recht Stella matutina genennet werde. Die
„Nutz anwendungen waren, 1.) sich vor der Sünde und dem Satan zu hüthen,
„2.) der Gnade, und des Schutzes der H. Jungfrau sich immer fähiger
„zu machen, damit sie sonderlich in der einem ieden Menschen bevorste=
„henden Todes-Nacht als der tröstliche und erfreuliche Morgen=Stern
„erscheinen möge. Zum Beschluß wurde erinnert, daß Morgen
„das Fest des H. Josephs sey, welcher der H. Jungfrauen Pfleger,
„Wärter und Begleiter auf dieser Welt gewesen, ietzt im Himmel
„aber die Verrichtung habe, daß er denenjenigen, welche mit Beicht-
„und Buße wohl zubereitet sein Fest begiengen, das Hertz der aller
„Heiligsten Jungfrauen Zuwende, und sie ihnen gewogen mache. Das
heist ja wohl recht die Leute bey der Nase herumführen. Wäre
ein Zimmer=Geselle oder LehrJunge des Josephs bekannt, so würde
man zweifels ohne auch noch erst an diesen sich addressiren müßen,
um jenes Gewogenheit zu Wege zu bringen. Der Wein Keller der
Madonna und ihre Apothecke wurden auch noch heute von uns in
Augenschein genommen. Aus beyden Anstallten wird die Zahlreiche
Geistlichkeit und alles andre, waß bey der casa Santa engagiret
ist, versorget. In dem Keller ist ein Faß, aus welchem man, und zwar
durch einen einzigen Hahn, dreyerley Wein zapfet. Die berühmten
Apothecken=Gefäße von Majolii sind zum Theil schön, zum Theil schlecht
gemahlet, und kan man wohl schwerlich caution davor stellen, daß
sie alle von Raphaels Hand seyn sollten. Der Pallast des päbstl.
Gouverneurs, welcher ein Alberoni, und des Cardinals Neven ist,
enthält sonst, außer schon gedachtem Keller und der Apothecke nichts
merckwürdiges, als die silberne in Lebens Größe verfertigte Statue
Graf Josephs Clari, welche seine Kinder ex voto paterno hieher geschickt,
die aber auf der See bey Ancona verunglücket, und iezt hier in depo-
sito stehet, weil der Process wegen des Berge=Geldes, welches den 4ten
Theil ausmacht, noch nicht geendet ist. Die Jesuitischen BeichtVäter sind auch mit
in diesem Palais logiret, und hat iede Europaeische Sprache den ihrigen. Da nun
aus der gantzen catholischen Christenheit Pilgrimme hier zusammen fließen,
so ist dieses Beicht=Wesen nach dem Zweck der Societaet ein trefflicher Posten.
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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