Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

Bild:
<< vorherige Seite

den Gemählden sind Loths Historie mit seinen Töchtern
und die Feste Veneziane, von Fiamingo verfertiget, die besten.

2.) Villa Corsini, dem Cardinal dieses Nahmens gehörig, ist klein
und das Haus gantz commode, aber nichts von antiquen darinn
vorhanden. Im Garten hat man etl: Röml: sehr schöne Be-
gräbniße unter der Erden entdeckt, welche mit Stucco-
Arbeit, Gemählden, Statuen und Urnen reichlich gezieret
gewesen. Alle diese Sachen sind aber nach Rom trans-
portiret, und aus denen Gewölbern ietzo Wein-Keller
gemacht worden. Unter verschiedenen Alt-Römischen Aschen-
Behältnißen, welche unweit des Hauses auf dem parterre
stehen, fält eine ziemlich große Urne von weißem
Marmor am meisten in die Augen, und stehet darauf
die Schrifft

C. IVL. CAESARIS L. APPAES.

Sonst sind in diesem Corsinischen Garten verschiedene
ziemlich lange berceaus von Orangen, welche des Winters
mit einem verlohrnen Dach überbauet werden, wobey
große Decken von Schilff und Binsen anstatt der
Wände dienen.

3.) Die Solenne distribution einer Ausstattung an ohngefähr
400 junge Mägdgens, welche theils in den Ehe-Stand zu
treten, theils ins Kloster zu gehen gedencken. Es ge-
schiehet diese Solennitaet jährl: in der ehemals schon
beschriebenen Dominicaner Kirche della Maria Sopra
Minerva. Der Pabst solte bey dieser Gelegenheit, alter
Gewohnheit nach, mit allen Cardinälen und Praelaten
zur Kirche reiten: der Kälte wegen aber unterblieb
die Cavalcade. So gar die praelaten selbst plaisantiren
über diese Art des Aufzuges, u. hat Z. E. Msgr: Gulielmi
uns erzehlet, daß, als einsmals dieser Ritt gehalten
worden, einer von seinen Mit Brüdern dazu einen
Maul-Esel geborgt habe, der gewohnt gewesen, das
Waßer vor seinen Herrn bey einer gewißen Fontaine
täglich abzu holen. Als nun der Zug bey dieser Fontaine

den Gemählden sind Loths Historie mit seinen Töchtern
und die Feste Veneziane, von Fiamingo verfertiget, die besten.

2.) Villa Corsini, dem Cardinal dieses Nahmens gehörig, ist klein
und das Haus gantz commode, aber nichts von antiquen darinn
vorhanden. Im Garten hat man etl: Röml: sehr schöne Be-
gräbniße unter der Erden entdeckt, welche mit Stucco-
Arbeit, Gemählden, Statuen und Urnen reichlich gezieret
gewesen. Alle diese Sachen sind aber nach Rom trans-
portiret, und aus denen Gewölbern ietzo Wein-Keller
gemacht worden. Unter verschiedenen Alt-Römischen Aschen-
Behältnißen, welche unweit des Hauses auf dem parterre
stehen, fält eine ziemlich große Urne von weißem
Marmor am meisten in die Augen, und stehet darauf
die Schrifft

C. IVL. CAESARIS L. APPAËS.

Sonst sind in diesem Corsinischen Garten verschiedene
ziemlich lange berceaus von Orangen, welche des Winters
mit einem verlohrnen Dach überbauet werden, wobey
große Decken von Schilff und Binsen anstatt der
Wände dienen.

3.) Die Solenne distribution einer Ausstattung an ohngefähr
400 junge Mägdgens, welche theils in den Ehe-Stand zu
treten, theils ins Kloster zu gehen gedencken. Es ge-
schiehet diese Solennitaet jährl: in der ehemals schon
beschriebenen Dominicaner Kirche della Maria Sopra
Minerva. Der Pabst solte bey dieser Gelegenheit, alter
Gewohnheit nach, mit allen Cardinälen und Praelaten
zur Kirche reiten: der Kälte wegen aber unterblieb
die Cavalcade. So gar die praelaten selbst plaisantiren
über diese Art des Aufzuges, u. hat Z. E. Msgr: Gulielmi
uns erzehlet, daß, als einsmals dieser Ritt gehalten
worden, einer von seinen Mit Brüdern dazu einen
Maul-Esel geborgt habe, der gewohnt gewesen, das
Waßer vor seinen Herrn bey einer gewißen Fontaine
täglich abzu holen. Als nun der Zug bey dieser Fontaine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter">
        <div type="diaryEntry">
          <p><pb facs="#f0723"/>
den Gemählden sind Loths Historie mit seinen Töchtern<lb/>
und die Feste Veneziane, von Fiamingo verfertiget, die besten.</p><lb/>
          <p>                2.) Villa Corsini, dem Cardinal dieses Nahmens gehörig, ist klein<lb/>
und das Haus gantz commode, aber nichts von antiquen darinn<lb/>
vorhanden. Im Garten hat man etl: Röml: sehr schöne Be-<lb/>
gräbniße unter der Erden entdeckt, welche mit Stucco-<lb/>
Arbeit, Gemählden, Statuen und Urnen reichlich gezieret<lb/>
gewesen. Alle diese Sachen sind aber nach Rom trans-<lb/>
portiret, und aus denen Gewölbern ietzo Wein-Keller<lb/>
gemacht worden. Unter verschiedenen Alt-Römischen Aschen-<lb/>
Behältnißen, welche unweit des Hauses auf dem parterre<lb/>
stehen, fält eine ziemlich große Urne von weißem<lb/>
Marmor am meisten in die Augen, und stehet darauf<lb/>
die Schrifft</p><lb/>
          <p>                C. IVL. CAESARIS L. APPAËS.</p><lb/>
          <p>                Sonst sind in diesem Corsinischen Garten verschiedene<lb/>
ziemlich lange berceaus von Orangen, welche des Winters<lb/>
mit einem verlohrnen Dach überbauet werden, wobey<lb/>
große Decken von Schilff und Binsen anstatt der<lb/>
Wände dienen.</p><lb/>
          <p>                3.) Die Solenne distribution einer Ausstattung an ohngefähr<lb/>
400 junge Mägdgens, welche theils in den Ehe-Stand zu<lb/>
treten, theils ins Kloster zu gehen gedencken. Es ge-<lb/>
schiehet diese Solennitaet jährl: in der ehemals schon<lb/>
beschriebenen Dominicaner Kirche della Maria Sopra<lb/>
Minerva. Der Pabst solte bey dieser Gelegenheit, alter<lb/>
Gewohnheit nach, mit allen Cardinälen und Praelaten<lb/>
zur Kirche reiten: der Kälte wegen aber unterblieb<lb/>
die Cavalcade. So gar die praelaten selbst plaisantiren<lb/>
über diese Art des Aufzuges, u. hat Z. E. Msgr: Gulielmi<lb/>
uns erzehlet, daß, als einsmals dieser Ritt gehalten<lb/>
worden, einer von seinen Mit Brüdern dazu einen<lb/>
Maul-Esel geborgt habe, der gewohnt gewesen, das<lb/>
Waßer vor seinen Herrn bey einer gewißen Fontaine<lb/>
täglich abzu holen. Als nun der Zug bey dieser Fontaine
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0723] den Gemählden sind Loths Historie mit seinen Töchtern und die Feste Veneziane, von Fiamingo verfertiget, die besten. 2.) Villa Corsini, dem Cardinal dieses Nahmens gehörig, ist klein und das Haus gantz commode, aber nichts von antiquen darinn vorhanden. Im Garten hat man etl: Röml: sehr schöne Be- gräbniße unter der Erden entdeckt, welche mit Stucco- Arbeit, Gemählden, Statuen und Urnen reichlich gezieret gewesen. Alle diese Sachen sind aber nach Rom trans- portiret, und aus denen Gewölbern ietzo Wein-Keller gemacht worden. Unter verschiedenen Alt-Römischen Aschen- Behältnißen, welche unweit des Hauses auf dem parterre stehen, fält eine ziemlich große Urne von weißem Marmor am meisten in die Augen, und stehet darauf die Schrifft C. IVL. CAESARIS L. APPAËS. Sonst sind in diesem Corsinischen Garten verschiedene ziemlich lange berceaus von Orangen, welche des Winters mit einem verlohrnen Dach überbauet werden, wobey große Decken von Schilff und Binsen anstatt der Wände dienen. 3.) Die Solenne distribution einer Ausstattung an ohngefähr 400 junge Mägdgens, welche theils in den Ehe-Stand zu treten, theils ins Kloster zu gehen gedencken. Es ge- schiehet diese Solennitaet jährl: in der ehemals schon beschriebenen Dominicaner Kirche della Maria Sopra Minerva. Der Pabst solte bey dieser Gelegenheit, alter Gewohnheit nach, mit allen Cardinälen und Praelaten zur Kirche reiten: der Kälte wegen aber unterblieb die Cavalcade. So gar die praelaten selbst plaisantiren über diese Art des Aufzuges, u. hat Z. E. Msgr: Gulielmi uns erzehlet, daß, als einsmals dieser Ritt gehalten worden, einer von seinen Mit Brüdern dazu einen Maul-Esel geborgt habe, der gewohnt gewesen, das Waßer vor seinen Herrn bey einer gewißen Fontaine täglich abzu holen. Als nun der Zug bey dieser Fontaine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/723
Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/723>, abgerufen am 21.11.2024.