Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].333 urtheilen, da der Besitzer dieses Gartens, alles unsers Schickensund Bittens ohnerachtet, denselben nicht wolte öffnen laßen. Eben dieser und die übrigen Gärten von Mola sind mit großen Orange-Bäumen, welche in freyer Erde stehen, reichlich besetzt, und da die Bäume voller Früchte hängen, so ist der Anblick einem Auge, welches nur Aepfel- u. Birn-Bäume zu sehen gewohnt ist, überaus angenehm. Wir nahmen von hier den kleinen Umweg über Gaeta, und passireten an etln Orten 333 urtheilen, da der Besitzer dieses Gartens, alles unsers Schickensund Bittens ohnerachtet, denselben nicht wolte öffnen laßen. Eben dieser und die übrigen Gärten von Mola sind mit großen Orange-Bäumen, welche in freyer Erde stehen, reichlich besetzt, und da die Bäume voller Früchte hängen, so ist der Anblick einem Auge, welches nur Aepfel- u. Birn-Bäume zu sehen gewohnt ist, überaus angenehm. Wir nahmen von hier den kleinen Umweg über Gaëta, und passireten an etln Orten <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0680"/><fw type="folNum" place="top">333</fw><lb/> urtheilen, da der Besitzer dieses Gartens, alles unsers Schickens<lb/> und Bittens ohnerachtet, denselben nicht wolte öffnen laßen.<lb/> Eben dieser und die übrigen Gärten von Mola sind mit großen<lb/> Orange-Bäumen, welche in freyer Erde stehen, reichlich besetzt,<lb/> und da die Bäume voller Früchte hängen, so ist der Anblick<lb/> einem Auge, welches nur Aepfel- u. Birn-Bäume zu sehen<lb/> gewohnt ist, überaus angenehm. Wir nahmen von hier den</p><lb/> <p> kleinen Umweg über <hi rendition="#u">Gaëta</hi>, und passireten an etl<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">n</hi></hi> Orten<lb/> dergestalt nahe auf dem flachen Strande an der See vorbey,<lb/> daß das Waßer unter denen Rändern unsrer Chaisen be-<lb/> ständig ab= und zu spielete.<lb/><hi rendition="#u">Gaëta l</hi>ieget an und auf einem ziemlich hohen Berge, welcher zu<lb/> oberst mit einem alten gemauerten Castell besetzet, die Stadt aber<lb/> nach Beschaffenheit des Bergs sehr wohl befestiget, und, was bey<lb/> letzterer Belagerung ruiniret worden, vollkommen repariret ist.<lb/> Auf schon gedachtem Castel stehet der unbegrabene Cörper des be-<lb/> kanten Printzen von Bourbon, deßen Harnisch und Pistolen wir<lb/> in Rom gesehen. Der Kirchen-Bann, in welchem er gestorben,<lb/> hat ihn des ordentl<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">n</hi></hi> Begräbnißes beraubet, welche vermeinte Schande<lb/> zu redressiren, die Frantzosen gar leicht würden im Stande gewesen<lb/> seyn, wenn er nicht gegen seinen eignen König ebenfals die<lb/> Waffen geführet hätte, u. folgl: als ein Frantzöl: Rebelle gestor-<lb/> ben wäre. Seine Historie u. wie er von Francisco I zu Kayser<lb/> Carl. V übergangen, ist bekant, u. unter andern in denen causes<lb/> celebres umständlich zu lesen. Bemeldter sein Cörper stehet in<lb/> einem höltzernen Schranck, dieser aber in einer gewölbten<lb/> Corps de Garde, daß also die Soldaten von denen Trinckgeldern<lb/> derer curiosen Reisenden eine beständige revenüe haben. Er<lb/> stehet aufgerichtet u. ist mit einem blauen mit silbernen<lb/> rund Schnüren besetzten Rock, auch Stiefeln, manchetten, Hut,<lb/> Peruque, Stock u. Degen bekleidet, welche Equipage, nachdem die<lb/> alte zerrißen gewesen, die teutschen Officiers angeschaffet haben,<lb/> als diese Festung in Kayl: Händen gewesen, wie sie denn<lb/> auch die Hirn-Schaale, welche abgenommen werden kan, bey denen<lb/> Soldatischen Schmausereyen zum Trinck-Geschirr gebrauchet haben<lb/> sollen. Von Haut ist an dem gantzen Cörper, so viel wir<lb/> sehen und unter denen Kleidern fühlen können, nichts mehr<lb/> vorhanden, sondern alles ein Sceleton, die untere Kinnlade aber<lb/> von Holtz verfertiget. Die übrigen Merckwürdigkeiten dieses </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0680]
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urtheilen, da der Besitzer dieses Gartens, alles unsers Schickens
und Bittens ohnerachtet, denselben nicht wolte öffnen laßen.
Eben dieser und die übrigen Gärten von Mola sind mit großen
Orange-Bäumen, welche in freyer Erde stehen, reichlich besetzt,
und da die Bäume voller Früchte hängen, so ist der Anblick
einem Auge, welches nur Aepfel- u. Birn-Bäume zu sehen
gewohnt ist, überaus angenehm. Wir nahmen von hier den
kleinen Umweg über Gaëta, und passireten an etln Orten
dergestalt nahe auf dem flachen Strande an der See vorbey,
daß das Waßer unter denen Rändern unsrer Chaisen be-
ständig ab= und zu spielete.
Gaëta lieget an und auf einem ziemlich hohen Berge, welcher zu
oberst mit einem alten gemauerten Castell besetzet, die Stadt aber
nach Beschaffenheit des Bergs sehr wohl befestiget, und, was bey
letzterer Belagerung ruiniret worden, vollkommen repariret ist.
Auf schon gedachtem Castel stehet der unbegrabene Cörper des be-
kanten Printzen von Bourbon, deßen Harnisch und Pistolen wir
in Rom gesehen. Der Kirchen-Bann, in welchem er gestorben,
hat ihn des ordentln Begräbnißes beraubet, welche vermeinte Schande
zu redressiren, die Frantzosen gar leicht würden im Stande gewesen
seyn, wenn er nicht gegen seinen eignen König ebenfals die
Waffen geführet hätte, u. folgl: als ein Frantzöl: Rebelle gestor-
ben wäre. Seine Historie u. wie er von Francisco I zu Kayser
Carl. V übergangen, ist bekant, u. unter andern in denen causes
celebres umständlich zu lesen. Bemeldter sein Cörper stehet in
einem höltzernen Schranck, dieser aber in einer gewölbten
Corps de Garde, daß also die Soldaten von denen Trinckgeldern
derer curiosen Reisenden eine beständige revenüe haben. Er
stehet aufgerichtet u. ist mit einem blauen mit silbernen
rund Schnüren besetzten Rock, auch Stiefeln, manchetten, Hut,
Peruque, Stock u. Degen bekleidet, welche Equipage, nachdem die
alte zerrißen gewesen, die teutschen Officiers angeschaffet haben,
als diese Festung in Kayl: Händen gewesen, wie sie denn
auch die Hirn-Schaale, welche abgenommen werden kan, bey denen
Soldatischen Schmausereyen zum Trinck-Geschirr gebrauchet haben
sollen. Von Haut ist an dem gantzen Cörper, so viel wir
sehen und unter denen Kleidern fühlen können, nichts mehr
vorhanden, sondern alles ein Sceleton, die untere Kinnlade aber
von Holtz verfertiget. Die übrigen Merckwürdigkeiten dieses
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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