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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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deren iedweder aus einem Stück gehauen, umgeben. Das Pflaster
ist gleichfals durchgängig von Marmor. Das apartement des
Priors, welches aus etlichen großen Zimmern a plein pied bestehet,
hat allein 2 artige Gärtgen, die übrigen Mönchs-Zellen aber
sind wegen Gelegenheit des Orts damit nicht versehen. Der
prospect von diesem Closter über die gantze Stadt und in
die See ist gantz vortreflich. Man übersiehet den gantzen Nea-
politanischen Meer-Busen mit seinen Feldern, Wäldern
und Gebürgen, unter welchen letztern der Vesuvius die Augen
am meisten auf sich ziehet, wiewohl derselbe seit deme vor
etlichen Jahren geschehenen erschrecklichen Ausbruchs bisdato nur
sehr wenig rauchet. Quer vor dem Meer-Busen lieget die
Insul Caprea, wo Kayser Augustus, sonderlich aber Tiberius,
jener zur recreation, und dieser zur debauche sich auf zu
halten gewohnt gewesen. Die Kirche dieses Cartheuser Closters
ist zwar nicht groß, aber mit Marmor vortreflich incrustiret
und mit denen schönsten Gemählden angefüllet, worunter
die Geburt Christi von Guido Reni, welches Stück im Chor
stehet, am meisten admiriret wird. Die Sacristey enthält
in großen auf das moderneste fournirten Schräncken einen
ungemeinen Schatz von Silber und Edelgesteinen, womit viel
tausend Armen geholffen werden könte, wenn der falsche
Begriff vom Kirchen= und Gottes=Dienst solches zuließe.

Den 19 Februar

Wurden wir früh von dem Herrn von Reventlau und Herrn Doctor Krebs
besuchet, und speiseten Mittags bey dem frantzösischen Am-
bassadeur
, in Gesellschaft 1) des Sardinischen, 2) des Marchese
Castromonte, welcher ein geistlicher, und ehemals hiesiger
Ambassadeur in Venedig gewesen, auch Ritter des Januarici
Ordens ist, 3) des Duca Cannalonga, 4,5) Zweyer hiesigen
Königlichen Cammer Herrn, und 6, 7, 8) Dreyer zur frantzösischen
Ambassade gehörigen Cavaliers. Uber der Tafel wurde
erzehlet, daß, als man vor ein paar Monathen an eben
diesem Tisch gespeiset, derselbe durch ein Erdbeben unver-
hofft zu wancken angefangen, und der darüber hengende
Cron-Leuchter sich hin und her beweget habe, Niemand
aber dadurch decontenenciret worden sey, als ein eintziger
Neapolitaner, welcher mit großem Geschrey davon ge-
lauffen, dennoch aber, weil ihm Niemand folgen wollen,
in der antichambre wieder umgekehret. Ob indeßen die

deren iedweder aus einem Stück gehauen, umgeben. Das Pflaster
ist gleichfals durchgängig von Marmor. Das apartement des
Priors, welches aus etlichen großen Zimmern a plein pied bestehet,
hat allein 2 artige Gärtgen, die übrigen Mönchs-Zellen aber
sind wegen Gelegenheit des Orts damit nicht versehen. Der
prospect von diesem Closter über die gantze Stadt und in
die See ist gantz vortreflich. Man übersiehet den gantzen Nea-
politanischen Meer-Busen mit seinen Feldern, Wäldern
und Gebürgen, unter welchen letztern der Vesuvius die Augen
am meisten auf sich ziehet, wiewohl derselbe seit deme vor
etlichen Jahren geschehenen erschrecklichen Ausbruchs bisdato nur
sehr wenig rauchet. Quer vor dem Meer-Busen lieget die
Insul Caprea, wo Kayser Augustus, sonderlich aber Tiberius,
jener zur recreation, und dieser zur debauche sich auf zu
halten gewohnt gewesen. Die Kirche dieses Cartheuser Closters
ist zwar nicht groß, aber mit Marmor vortreflich incrustiret
und mit denen schönsten Gemählden angefüllet, worunter
die Geburt Christi von Guido Reni, welches Stück im Chor
stehet, am meisten admiriret wird. Die Sacristey enthält
in großen auf das moderneste fournirten Schräncken einen
ungemeinen Schatz von Silber und Edelgesteinen, womit viel
tausend Armen geholffen werden könte, wenn der falsche
Begriff vom Kirchen= und Gottes=Dienst solches zuließe.

Den 19 Februar

Wurden wir früh von dem Herrn von Reventlau und Herrn Doctor Krebs
besuchet, und speiseten Mittags bey dem frantzösischen Am-
bassadeur
, in Gesellschaft 1) des Sardinischen, 2) des Marchese
Castromonte, welcher ein geistlicher, und ehemals hiesiger
Ambassadeur in Venedig gewesen, auch Ritter des Januarici
Ordens ist, 3) des Duca Cannalonga, 4,5) Zweyer hiesigen
Königlichen Cammer Herrn, und 6, 7, 8) Dreyer zur frantzösischen
Ambassade gehörigen Cavaliers. Uber der Tafel wurde
erzehlet, daß, als man vor ein paar Monathen an eben
diesem Tisch gespeiset, derselbe durch ein Erdbeben unver-
hofft zu wancken angefangen, und der darüber hengende
Cron-Leuchter sich hin und her beweget habe, Niemand
aber dadurch decontenenciret worden sey, als ein eintziger
Neapolitaner, welcher mit großem Geschrey davon ge-
lauffen, dennoch aber, weil ihm Niemand folgen wollen,
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[0643] deren iedweder aus einem Stück gehauen, umgeben. Das Pflaster ist gleichfals durchgängig von Marmor. Das apartement des Priors, welches aus etln großen Zimmern a plein pied bestehet, hat allein 2 artige Gärtgen, die übrigen Mönchs-Zellen aber sind wegen Gelegenheit des Orts damit nicht versehen. Der prospect von diesem Closter über die gantze Stadt und in die See ist gantz vortreflich. Man übersiehet den gantzen Nea- politanischen Meer-Busen mit seinen Feldern, Wäldern und Gebürgen, unter welchen letztern der Vesuvius die Augen am meisten auf sich ziehet, wiewohl derselbe seit dem vor etln Jahren geschehenen erschrecklichen Ausbruchs bisdato nur sehr wenig rauchet. Quer vor dem Meer-Busen lieget die Insul Caprea, wo Kayser Augustus, sonderl: aber Tiberius, jener zur recreation, und dieser zur debauche sich auf zu halten gewohnt gewesen. Die Kirche dieses Cartheuser Closters ist zwar nicht groß, aber mit Marmor vortreflich incrustiret und mit denen schönsten Gemählden angefüllet, worunter die Geburt Christi von Guido Reni, welches Stück im Chor stehet, am meisten admiriret wird. Die Sacristey enthält in großen auf das moderneste fournirten Schräncken einen ungemeinen Schatz von Silber und Edelgesteinen, womit viel tausend Armen geholffen werden könte, wenn der falsche Begriff vom Kirchen= und Gottes=Dienst solches zuließe. Den 19 Febr: Wurden wir früh von dH. von Reventlau und H. D. Krebs besuchet, und speiseten Mittags bey dem frantzösischen Am- bassadeur, in Gesellschaft 1) des Sardinischen, 2) des Marchese Castromonte, welcher ein geistlicher, und ehemals hiesiger Ambassadeur in Venedig gewesen, auch Ritter des Januarici Ordens ist, 3) des Duca Cannalonga, 4,5) Zweyer hiesigen Königl: Cammer Herrn, und 6, 7, 8) Dreyer zur frantzösischen Ambassade gehörigen Cavaliers. Uber der Tafel wurde erzehlet, daß, als man vor ein paar Monathen an eben diesem Tisch gespeiset, derselbe durch ein Erdbeben unver- hofft zu wancken angefangen, und der darüber hengende Cron-Leuchter sich hin und her beweget habe, Niemand aber dadurch decontenenciret worden sey, als ein eintziger Neapolitaner, welcher mit großem Geschrey davon ge- lauffen, dennoch aber, weil ihm Niemand folgen wollen, in der antichambre wieder umgekehret. Ob indeßen die

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/643>, abgerufen am 21.11.2024.