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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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König, beyden Printzen und uns, waren die Mitspeisenden die
zwey Hofmeister gedachter Printzen, deren einer Dickinson heißet,
und ein Englischer Cavalier Nahmens Strickland, welcher letztere
auch vorschnitt und vor die gantze Tafel Wein einschenckte, zu
dem Ende auch die Bouteillen neben sich auf der Erde stehen hatte.
Die Tafel war zwar klein, aber recht reinlich und propre auf
Silber mit 18 Eßen in 2 Abhüben, und sodann mit dem Confect
serviret. Dem König wurde sein Eßen mehrentheils auf einer
aparten assiette gegeben, doch aber weder ihm, noch denen Prin-
tzen
mit Credentzen oder dergleichen etwas außerordentliches gemacht,
und von Discoursen fiel nichts merckwürdiges vor, als die eben
diesen Tag eingelauffene Nachricht von der Pragischen Eroberung.
Wir sind nachhero zu verschiedenenmalen des Abends in dem
Concert des ältesten Printzen gewesen, wobey er selbsten die
Basse de Viole streichet, der jüngste Printz aber singet, und in
dem Gesang mit 2 Castraten aus der Päbstliche Capelle abwechselt,
welche beyde geistliche Kleidung tragen, einer auch so gar Priester
ist. Uberhaupt ist die Hofstadt des Königs ziemlich zahlreich
und sind verschiedene Mylords von seiner Parthey welche die An-
zahl der Hofstadt vermehren, auch fast durch gängig durch ihren
gantzes Betragen zu erkennen geben, daß Creutz und Trübsaal
der beste Lehr-Meister sey, die Menschen tractable und geschmeidig
zu machen. Ja man kan an der Versamlung dieser Exulanten,
sie mögen nun in ihrem Sentiment gegründet seyn, oder nicht,
ein gutes Exempel nehmen, wie man seinem Erkenntniß
und Gewißen ale leiblichen Vortheile und Gemächligkeiten zu
Sacrificiren habe. Die Livree des Königs ist roth mit blau und
weißen Schnüren und die blauen Camisohler sind mit
Silber besetzt. Er fährt sowol, als die Printzen vor= und nach-
mittags spatzieren, und lebet übrigens, um das Ceremoniels
Willen, wie es heist, in cognito, soll auch in seiner Oeconomie
sehr ordentlich und accurat seyn und alles richtig bezahlen, ohner-
achtet wir von seinen Revenüen noch zur Zeit nichts haben in
Erfahrung bringen können, als 12000 Scudi, welche ihm jährlich
aus der Päbstlichen Cammer bezahlet werden. Von Erziehung der Printzen,
welche auch obgedachte beyde Orden tragen, ist uns unter andern zu-
verläßig erzehlet worden, daß man sonderlich gewünschet hätte,
den ältesten ein und andere Campagnien thun zu laßen, weil er
sich bey der Belagerung von Gaeta in dem letzten Neapolitanischen
Kriege so besonders wohl exhibiret, daß aber dazu dich nirgend
Gelegenheit finden wollen, und so gar der verstorbene Kayser
abgeschlagen habe, ihn im letzen Türcken-Kriege unter seiner

König, beyden Printzen und uns, waren die Mitspeisenden die
zwey Hofmeister gedachter Printzen, deren einer Dickinson heißet,
und ein Englischer Cavalier Nahmens Strickland, welcher letztere
auch vorschnitt und vor die gantze Tafel Wein einschenckte, zu
dem Ende auch die Bouteillen neben sich auf der Erde stehen hatte.
Die Tafel war zwar klein, aber recht reinlich und propre auf
Silber mit 18 Eßen in 2 Abhüben, und sodann mit dem Confect
serviret. Dem König wurde sein Eßen mehrentheils auf einer
aparten assiette gegeben, doch aber weder ihm, noch denen Prin-
tzen
mit Credentzen oder dergleichen etwas außerordentliches gemacht,
und von Discoursen fiel nichts merckwürdiges vor, als die eben
diesen Tag eingelauffene Nachricht von der Pragischen Eroberung.
Wir sind nachhero zu verschiedenenmalen des Abends in dem
Concert des ältesten Printzen gewesen, wobey er selbsten die
Basse de Viole streichet, der jüngste Printz aber singet, und in
dem Gesang mit 2 Castraten aus der Päbstliche Capelle abwechselt,
welche beyde geistliche Kleidung tragen, einer auch so gar Priester
ist. Uberhaupt ist die Hofstadt des Königs ziemlich zahlreich
und sind verschiedene Mylords von seiner Parthey welche die An-
zahl der Hofstadt vermehren, auch fast durch gängig durch ihren
gantzes Betragen zu erkennen geben, daß Creutz und Trübsaal
der beste Lehr-Meister sey, die Menschen tractable und geschmeidig
zu machen. Ja man kan an der Versamlung dieser Exulanten,
sie mögen nun in ihrem Sentiment gegründet seyn, oder nicht,
ein gutes Exempel nehmen, wie man seinem Erkenntniß
und Gewißen ale leiblichen Vortheile und Gemächligkeiten zu
Sacrificiren habe. Die Livree des Königs ist roth mit blau und
weißen Schnüren und die blauen Camisohler sind mit
Silber besetzt. Er fährt sowol, als die Printzen vor= und nach-
mittags spatzieren, und lebet übrigens, um das Ceremoniels
Willen, wie es heist, in cognito, soll auch in seiner Oeconomie
sehr ordentlich und accurat seyn und alles richtig bezahlen, ohner-
achtet wir von seinen Revenüen noch zur Zeit nichts haben in
Erfahrung bringen können, als 12000 Scudi, welche ihm jährlich
aus der Päbstlichen Cammer bezahlet werden. Von Erziehung der Printzen,
welche auch obgedachte beyde Orden tragen, ist uns unter andern zu-
verläßig erzehlet worden, daß man sonderlich gewünschet hätte,
den ältesten ein und andere Campagnien thun zu laßen, weil er
sich bey der Belagerung von Gaeta in dem letzten Neapolitanischen
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[0557] König, beyden Printzen und uns, waren die Mitspeisenden die zwey Hofmeister gedachter Printzen, deren einer Dickinson heißet, und ein Englischer Cavalier Nahmens Strickland, welcher letztere auch vorschnitt und vor die gantze Tafel Wein einschenckte, zu dem Ende auch die Bouteillen neben sich auf der Erde stehen hatte. Die Tafel war zwar klein, aber recht reinlich und propre auf Silber mit 18 Eßen in 2 Abhüben, und sodann mit dem Confect serviret. Dem König wurde sein Eßen mehrentheils auf einer aparten assiette gegeben, doch aber weder ihm, noch denen Prin- tzen mit Credentzen oder dergleichen etwas außerordentl: gemacht, und von Discoursen fiel nichts merckwürdiges vor, als die eben diesen Tag eingelauffene Nachricht von der Pragischen Eroberung. Wir sind nachhero zu verschiedenenmalen des Abends in dem Concert des ältesten Printzen gewesen, wobey er selbsten die Basse de Viole streichet, der jüngste Printz aber singet, und in dem Gesang mit 2 Castraten aus der Päbstl: Capelle abwechselt, welche beyde geistl: Kleidung tragen, einer auch so gar Priester ist. Uberhaupt ist die Hofstadt des Königs ziemlich zahlreich und sind verschiedene Mylords von seiner Parthey welche die An- zahl der Hofstadt vermehren, auch fast durch gängig durch ihr gantzes Betragen zu erkennen geben, daß Creutz und Trübsaal der beste Lehr-Meister sey, die Menschen tractable und geschmeidig zu machen. Ja man kan an der Versamlung dieser Exulanten, sie mögen nun in ihrem Sentiment gegründet seyn, oder nicht, ein gutes Exempel nehmen, wie man seinem Erkenntniß und Gewißen ale leibl: Vortheile und Gemächligkeiten zu Sacrificiren habe. Die Livree des Königs ist roth mit blau u. weißen Schnüren und die blauen Camisohler sind mit Silber besetzt. Er fährt sowol, als die Printzen vor= und nach- mittags spatzieren, und lebet übrigens, um das Ceremoniels Willen, wie es heist, in cognito, soll auch in seiner Oeconomie sehr ordentlich und accurat seyn und alles richtig bezahlen, ohner- achtet wir von seinen Revenüen noch zur Zeit nichts haben in Erfahrung bringen können, als 12000 Scudi, welche ihm jährl: aus der Päbstl: Cammer bezahlet werden. Von Erziehung der Printzen, welche auch obgedachte beyde Orden tragen, ist uns unter andern zu- verläßig erzehlet worden, daß man sonderl: gewünschet hätte, den ältesten ein und andere Campagnien thun zu laßen, weil er sich bey der Belagerung von Gaeta in dem letzten Neapolitanil: Kriege so besonders wohl exhibiret, daß aber dazu dich nirgend Gelegenheit finden wollen, und so gar der verstorbene Kayser abgeschlagen habe, ihn im letzen Türcken-Kriege unter seiner

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/557>, abgerufen am 21.11.2024.