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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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besuchten darauf den in diesem Hause mitwohnenden Jesuiten,
Pater. Castell, welcher ein Mitglied der Londenischen Societaet und
hauptsächlich mit Untersuchung der Farben, beschäftiget ist. Wie
er denn ein Augen=Clavir erfunden, und solches immer mehr
und mehr zu perfectioniren suchet. Er setzet dabey, nach vielfältiger
Untersuchung, zum Grunde, daß unter denen Farben eben eine solche
Proportion und Verhältniß sey, als unter denen Thonen. Wie nun
unterschiedliche Harmonieuse Thone, wenn sie zusammen auf einem
Clavir gegriffen werden, dem Ohre eine angenehme Empfindung machen,
also sollen die vermittelst dieser Machine, sich zugleich praesentirende
und miteinander accordirende Farben, in Ansehung des Auges, ei-
nen gleichmäßigen vergnüglichen Effect machen. Weil es aber
zu Besichtigung dieser neuen Invention bereits zu dunckel war,
und wir solche bis zu anderer Zeit aussetzen musten, so bleibet
auch deren Beschreibung bis auf ein anderweites Diarium verschoben.
Wir raisonirten indeßen mit diesem Pater von seinem Farben-Syste-
mate, welches kürtzlich darinn bestehet, daß er schwartz und weiß
vor keine Farben, sondern jenes vor den Fond hält, aus welchem,
vermittelst des weißen, alle Farben generiret werden. Aus diesem
Fond nun, welchen man schwartz nennet, wird durch das Mittel,
welches man weiß nennet, nach seinem Systemate, die erste
und universale Haupt-Farbe, nehmlich das Blaue gebohren, aus
der blauen Farbe entstehet ferner die rothe, aus der rothen
die gelbe, alle übrigen aber, aus der fernern Vermischung dieser
ietztgedachten. Ohnerachtet nun solche Vermischung unendlich seyn
kan, so versicherte der Pater doch, daß es nicht mehr als 144 Farben gäbe,
welche man eigentlich und distinct von einander unterscheiden könne.
Was er vorhin von generation derer Haupt-Farben gesaget, erläuterte
er mit einem Stück Eisen, welches, schwartz ins Feuer geleget, zuerst
blau, sodann roth, ferner gelb, endlich aber weiß würde, so, daß
blau, roth und gelb zwischen schwartz und weiß, als dem Fond und dem
Mittel ihrer production, gleichsam eingeschloßen würde. Zuletzt
wurden wir noch in ein großes Zimmer geführet, worinnen
Knaben und halb erwachsene junge Leute an ihren Studier-Tischen
saßen und fleißig waren. Es sind ihrer 12 an der Zahl, und
werden sie auf des Königs Kosten in den Orientalischen Sprachen
informiret, um bey denen Gesandschaften, als Interpreten oder auch
als Consuls, gebraucht zu werden. Wie sie denn auch alle lange Türckische
Röcke anhaben, um sich von Jugend auf an die Kleidung zu gewöhnen.
Wir fragten den uns Herumführenden, nach dem Zustande ihrer Societaet

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besuchten darauf den in diesem Hause mitwohnenden Jesuiten,
Pater. Castell, welcher ein Mitglied der Londenischen Societaet und
hauptsächlich mit Untersuchung der Farben, beschäftiget ist. Wie
er denn ein Augen=Clavir erfunden, und solches immer mehr
und mehr zu perfectioniren suchet. Er setzet dabey, nach vielfältiger
Untersuchung, zum Grunde, daß unter denen Farben eben eine solche
Proportion und Verhältniß sey, als unter denen Thonen. Wie nun
unterschiedliche Harmonieuse Thone, wenn sie zusammen auf einem
Clavir gegriffen werden, dem Ohre eine angenehme Empfindung machen,
also sollen die vermittelst dieser Machine, sich zugleich praesentirende
und miteinander accordirende Farben, in Ansehung des Auges, ei-
nen gleichmäßigen vergnüglichen Effect machen. Weil es aber
zu Besichtigung dieser neuen Invention bereits zu dunckel war,
und wir solche bis zu anderer Zeit aussetzen musten, so bleibet
auch deren Beschreibung bis auf ein anderweites Diarium verschoben.
Wir raisonirten indeßen mit diesem Pater von seinem Farben-Syste-
mate, welches kürtzlich darinn bestehet, daß er schwartz und weiß
vor keine Farben, sondern jenes vor den Fond hält, aus welchem,
vermittelst des weißen, alle Farben generiret werden. Aus diesem
Fond nun, welchen man schwartz nennet, wird durch das Mittel,
welches man weiß nennet, nach seinem Systemate, die erste
und universale Haupt-Farbe, nehmlich das Blaue gebohren, aus
der blauen Farbe entstehet ferner die rothe, aus der rothen
die gelbe, alle übrigen aber, aus der fernern Vermischung dieser
ietztgedachten. Ohnerachtet nun solche Vermischung unendlich seyn
kan, so versicherte der Pater doch, daß es nicht mehr als 144 Farben gäbe,
welche man eigentlich und distinct von einander unterscheiden könne.
Was er vorhin von generation derer Haupt-Farben gesaget, erläuterte
er mit einem Stück Eisen, welches, schwartz ins Feuer geleget, zuerst
blau, sodann roth, ferner gelb, endlich aber weiß würde, so, daß
blau, roth und gelb zwischen schwartz und weiß, als dem Fond und dem
Mittel ihrer production, gleichsam eingeschloßen würde. Zuletzt
wurden wir noch in ein großes Zimmer geführet, worinnen
Knaben und halb erwachsene junge Leute an ihren Studier-Tischen
saßen und fleißig waren. Es sind ihrer 12 an der Zahl, und
werden sie auf des Königs Kosten in den Orientalischen Sprachen
informiret, um bey denen Gesandschaften, als Interpreten oder auch
als Consuls, gebraucht zu werden. Wie sie denn auch alle lange Türckische
Röcke anhaben, um sich von Jugend auf an die Kleidung zu gewöhnen.
Wir fragten den uns Herumführenden, nach dem Zustande ihrer Societaet

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[0050] 20 besuchten darauf den in diesem Hause mitwohnenden Jesuiten, P. Castell, welcher ein Mitglied der Londenischen Societaet und hauptsächlich mit Untersuchung der Farben, beschäftiget ist. Wie er denn ein Augen=Clavir erfunden, und solches immer mehr und mehr zu perfectioniren suchet. Er setzet dabey, nach vielfältiger Untersuchung, zum Grunde, daß unter denen Farben eben eine solche Proportion und Verhältniß sey, als unter denen Thonen. Wie nun unterschiedliche Harmonieuse Thone, wenn sie zusammen auf einem Clavir gegriffen werden, dem Ohre eine angenehme Empfindung machen, also sollen die vermittelst dieser Machine, sich zugleich praesentirende und miteinander accordirende Farben, in Ansehung des Auges, ei- nen gleichmäßigen vergnüglichen Effect machen. Weil es aber zu Besichtigung dieser neuen Invention bereits zu dunckel war, und wir solche bis zu anderer Zeit aussetzen musten, so bleibet auch deren Beschreibung bis auf ein anderweites Diarium verschoben. Wir raisonirten indeßen mit diesem P. von seinem Farben-Syste- mate, welches kürtzlich darinn bestehet, daß er schwartz und weiß vor keine Farben, sondern jenes vor den Fond hält, aus welchem, vermittelst des weißen, alle Farben generiret werden. Aus diesem Fond nun, welchen man schwartz nennet, wird durch das Mittel, welches man weiß nennet, nach seinem Systemate, die erste und universale Haupt-Farbe, nehmlich das Blaue gebohren, aus der blauen Farbe entstehet ferner die rothe, aus der rothen die gelbe, alle übrigen aber, aus der fernern Vermischung dieser ietztgedachten. Ohnerachtet nun solche Vermischung unendlich seyn kan, so versicherte der P. doch, daß es nicht mehr als 144 Farben gäbe, welche man eigentlich und distinct von einander unterscheiden könne. Was er vorhin von generation derer Haupt-Farben gesaget, erläuterte er mit einem Stück Eisen, welches, schwartz ins Feuer geleget, zuerst blau, sodann roth, ferner gelb, endlich aber weiß würde, so, daß blau, roth und gelb zwischen schwartz und weiß, als dem Fond und dem Mittel ihrer production, gleichsam eingeschloßen würde. Zuletzt wurden wir noch in ein großes Zimmer geführet, worinnen Knaben und halb erwachsene junge Leute an ihren Studier-Tischen saßen und fleißig waren. Es sind ihrer 12 an der Zahl, und werden sie auf des Königs Kosten in den Orientalischen Sprachen informiret, um bey denen Gesandschaften, als Interpreten oder auch als Consuls, gebraucht zu werden. Wie sie denn auch alle lange Türckische Röcke anhaben, um sich von Jugend auf an die Kleidung zu gewöhnen. Wir fragten den uns Herumführenden, nach dem Zustande ihrer Societaet

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/50>, abgerufen am 23.11.2024.