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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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aber auf den Nachmittag veranstaltete. Dieser disposition
zu Folge verfügten wir uns gegen 11 Uhr au Palais in
die Chambre de Parade des Königs, welche gleich allen übri-
gen Apartements, durch die man vorher passiren muß,
der ietzigen Trauer wegen schwartz bezogen ist. Der
eben im Dienst sich befindende Comte de la Roque, premier
Ecuyer und Mignon des Königs, war schon von allem in-
formiret, und rangirete uns an die Thür, durch welche
der König aus seiner Retirade nach der Capelle vorbey
passiren solte. Indeßen wurden wir an den prince
de Carignan
, welcher des in Paris verstorbenen Sohn
ist, und an den hiesigen Gouverneur Marquis de Tan
praesentiret, als welche nebst dem Neapolitanischen
Ambassadeur Marquis de Vieuville und dem Ungrischen
Ministre Graf Schulenburg, auch sehr vielen andern
Herrn, in eben diesem Zimmer gegenwärtig waren.
So bald der König heraus trat, redete er Illustrissimum gantz
gnädig also an: vous voyagez a present Monsieur le Comte
und nachdem er noch zwey Fragen hinzugefüget:
d' ou venez vous? und ou allez vous? auch die schul-
dige Antwort darauf erhalten, passirete er unter Vor-
tretung der meisten Anwesenden durch das Zimmer hin-
durch nach gedachter Capelle, wir aber wurden indeßen
durch einen Königlichen Cammer-Diener in denen zur Re-
tirade des Königs gehörigen und übrigen nicht schwartz
überzogenen Zimmern herumgeführet, und fanden
solche sowol in Ansehung der meublen und Gemahlde
als auch wegen derer eingelegten Fuß-Böden recht sehr magne-
fique. Sonderlich distinguiret sich ein Cabinet von
verguldeter und durch brochener boiserie, mit Spiegeln
unterlegt, und mit denen allerschönsten migniatur
Portraits ausgesetzet. In einer Gallerie siehet
man ein altes Original, worauf 2 Personen
abgeschildert sind, welche man hier durchgehends vor
Calvinum und Lutherum ausgiebet. Die Gestalt
des erstern giebt es aber, daß es ein Irthum, und
der vermeinte Lutherus, so viel wir haben urtheilen
können, Zwinglius sey. Nach der Rückkunft des
Königs aus der Meße, machten wir ihm in

aber auf den Nachmittag veranstaltete. Dieser disposition
zu Folge verfügten wir uns gegen 11 Uhr au Palais in
die Chambre de Parade des Königs, welche gleich allen übri-
gen Apartements, durch die man vorher passiren muß,
der ietzigen Trauer wegen schwartz bezogen ist. Der
eben im Dienst sich befindende Comte de la Roque, premier
Ecuyer und Mignon des Königs, war schon von allem in-
formiret, und rangirete uns an die Thür, durch welche
der König aus seiner Retirade nach der Capelle vorbey
passiren solte. Indeßen wurden wir an den prince
de Carignan
, welcher des in Paris verstorbenen Sohn
ist, und an den hiesigen Gouverneur Marquis de Tan
praesentiret, als welche nebst dem Neapolitanischen
Ambassadeur Marquis de Vieuville und dem Ungrischen
Ministre Graf Schulenburg, auch sehr vielen andern
Herrn, in eben diesem Zimmer gegenwärtig waren.
So bald der König heraus trat, redete er Illustrissimum gantz
gnädig also an: vous voyagez à present Monsieur le Comte
und nachdem er noch zwey Fragen hinzugefüget:
d' ou venez vous? und où allez vous? auch die schul-
dige Antwort darauf erhalten, passirete er unter Vor-
tretung der meisten Anwesenden durch das Zimmer hin-
durch nach gedachter Capelle, wir aber wurden indeßen
durch einen Königlichen Cammer-Diener in denen zur Re-
tirade des Königs gehörigen und übrigen nicht schwartz
überzogenen Zimmern herumgeführet, und fanden
solche sowol in Ansehung der meublen und Gemahlde
als auch wegen derer eingelegten Fuß-Böden recht sehr magne-
fique. Sonderlich distinguiret sich ein Cabinet von
verguldeter und durch brochener boiserie, mit Spiegeln
unterlegt, und mit denen allerschönsten migniatur
Portraits ausgesetzet. In einer Gallerie siehet
man ein altes Original, worauf 2 Personen
abgeschildert sind, welche man hier durchgehends vor
Calvinum und Lutherum ausgiebet. Die Gestalt
des erstern giebt es aber, daß es ein Irthum, und
der vermeinte Lutherus, so viel wir haben urtheilen
können, Zwinglius sey. Nach der Rückkunft des
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[0455] aber auf den Nachmittag veranstaltete. Dieser disposition zu Folge verfügten wir uns gegen 11 Uhr au Palais in die Chambre de Parade des Königs, welche gleich allen übri- gen Apartements, durch die man vorher passiren muß, der ietzigen Trauer wegen schwartz bezogen ist. Der eben im Dienst sich befindende Comte de la Roque, premier Ecuyer und Mignon des Königs, war schon von allem in- formiret, und rangirete uns an die Thür, durch welche der König aus seiner Retirade nach der Capelle vorbey passiren solte. Indeßen wurden wir an den prince de Carignan, welcher des in Paris verstorbenen Sohn ist, und an den hiesigen Gouverneur Marquis de Tan praesentiret, als welche nebst dem Neapolitanischen Ambassadeur Marquis de Vieuville und dem Ungrischen Ministre Graf Schulenburg, auch sehr vielen andern Herrn, in eben diesem Zimmer gegenwärtig waren. So bald der König heraus trat, redete er Illmum gantz gnädig also an: vous voyagez à present Mr. le Comte und nachdem er noch zwey Fragen hinzugefüget: d' ou venez vous? und où allez vous? auch die schul- dige Antwort darauf erhalten, passirete er unter Vor- tretung der meisten Anwesenden durch das Zimmer hin- durch nach gedachter Capelle, wir aber wurden indeßen durch einen königl: Cammer-Diener in denen zur Re- tirade des Königs gehörigen und übrigen nicht schwartz überzogenen Zimmern herumgeführet, und fanden solche sowol in Ansehung der meublen und Gemahlde als auch wegen derer eingelegten Fuß-Böden recht sehr magne- fique. Sonderlich distinguiret sich ein Cabinet von verguldeter und durch brochener boiserie, mit Spiegeln unterlegt, und mit denen allerschönsten migniatur Portraits ausgesetzet. In einer Gallerie siehet man ein altes Original, worauf 2 Personen abgeschildert sind, welche man hier durchgehends vor Calvinum und Lutherum ausgiebet. Die Gestalt des erstern giebt es aber, daß es ein Irthum, und der vermeinte Lutherus, so viel wir haben urtheilen können, Zwinglius sey. Nach der Rückkunft des Königs aus der Meße, machten wir ihm in

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/455>, abgerufen am 03.12.2024.