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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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217
dieses Weges auf einem monument zu lesen ist:

Carolus Emmanuel II Sabaudiae Dux, Pedem. Princeps, Cypri Rex,
publica felicitate parta, singulorum commodis intentus,
breviorem Securioremque viam regiam, a natura occlu-
sam, Romanis intentatam, ceteris desporatam, dejectis
scopulorum repagulis, aquata montium iniquitate,
quae cervicibus imminebant praecipitia pedibus substernens,
aeternis populorum commerciis patefecit anno MDCLXX.

Unser Nacht-Quartier war zu Chambery, der Haupt-Stadt in
Savoyen, welche mit Bergen rund umgeben ist, und deswegen
von denen muthwilligen Frantzosen durch eine allesion auf
den Nahmen le pot de Chambre de Savoye genennet wird. Sie
ist klein und hat weiter keine Befestigung, als bloße Mauren,
wird aber von der noblesse des Landes, weil zumal das Parle-
ment oder höchste Gericht von Savoyen sich hier befindet, starck
bewohnet.

Den 12 September

Speiseten wir Mittags auf dem Dorf Planoise, und zwar auf
dem Schloß des Comte de Maujois, welches er nach seidem Tode
seines Vaters zum Gast-Hofe gemacht hat, ohnerachtet es
gantz bequem und logeable, obzwar nicht prächtig erbauet ist.
Nachmittags passireten wir dichte bey der ehemals bekanten,
ietzt aber absolut ruinirten Festung Montmelian über die
Isere auf einer halb steinern, und halb höltzernen Brücke.
Der Fluß hat fast das gantze Thal mit Sand überschwemmet,
und sich viele krumme Neben-Wege gemacht. Das Nachtlager
wurde in dem Städtgen Aiguebelle genommen.

Den 13 September

Fütterten wir Mittags auf dem Dorf la Chambre, passireten
Nachmittags Saint Jean de Morienne eine Bischöfliche nach hiesiger
Landes-Art schlecht aussehende Residentz, und schlieffen Abends
zu Saint Michel einem Flecken. Bey gedachtem Saint Jean de Morienne
sahen wir noch die traurigen Merckmahle des vor zwey Mo-
nathen hier gewesenen erschrecklichen Regen= und Hagel-
Wetters, welches von denen hohen Gebürgen herunter einen
solchen Waßer-Guß verursachet, daß der Strohm sich einen
Manns tieffen alveum in die Erde gemacht, und ein
groß Stück des Thals mit Steinen und Sand überschwemmet hat.

Den 14. September

Sahen wir ein abermaliges Inconveniens dieses gebürgigten
Landes, da nehmlich vermuthlich von einer Art des Erd-Bebens
ein Felsen herunter in den Fluß l'Harpe gefallen, folglich

217
dieses Weges auf einem monument zu lesen ist:

Carolus Emmanuel II Sabaudiae Dux, Pedem. Princeps, Cypri Rex,
publica felicitate parta, singulorum commodis intentus,
breviorem Securioremque viam regiam, a natura occlu-
sam, Romanis intentatam, ceteris desporatam, dejectis
scopulorum repagulis, aquata montium iniquitate,
quae cervicibus imminebant praecipitia pedibus substernens,
aeternis populorum commerciis patefecit anno MDCLXX.

Unser Nacht-Quartier war zu Chambery, der Haupt-Stadt in
Savoyen, welche mit Bergen rund umgeben ist, und deswegen
von denen muthwilligen Frantzosen durch eine allesion auf
den Nahmen le pot de Chambre de Savoye genennet wird. Sie
ist klein und hat weiter keine Befestigung, als bloße Mauren,
wird aber von der noblesse des Landes, weil zumal das Parle-
ment oder höchste Gericht von Savoyen sich hier befindet, starck
bewohnet.

Den 12 September

Speiseten wir Mittags auf dem Dorf Planoise, und zwar auf
dem Schloß des Comte de Maujois, welches er nach seidem Tode
seines Vaters zum Gast-Hofe gemacht hat, ohnerachtet es
gantz bequem und logeable, obzwar nicht prächtig erbauet ist.
Nachmittags passireten wir dichte bey der ehemals bekanten,
ietzt aber absolut ruinirten Festung Montmelian über die
Isere auf einer halb steinern, und halb höltzernen Brücke.
Der Fluß hat fast das gantze Thal mit Sand überschwemmet,
und sich viele krumme Neben-Wege gemacht. Das Nachtlager
wurde in dem Städtgen Aiguebelle genommen.

Den 13 September

Fütterten wir Mittags auf dem Dorf la Chambre, passireten
Nachmittags Saint Jean de Morienne eine Bischöfliche nach hiesiger
Landes-Art schlecht aussehende Residentz, und schlieffen Abends
zu Saint Michel einem Flecken. Bey gedachtem Saint Jean de Morienne
sahen wir noch die traurigen Merckmahle des vor zwey Mo-
nathen hier gewesenen erschrecklichen Regen= und Hagel-
Wetters, welches von denen hohen Gebürgen herunter einen
solchen Waßer-Guß verursachet, daß der Strohm sich einen
Manns tieffen alveum in die Erde gemacht, und ein
groß Stück des Thals mit Steinen und Sand überschwemmet hat.

Den 14. September

Sahen wir ein abermaliges Inconveniens dieses gebürgigten
Landes, da nehmlich vermuthlich von einer Art des Erd-Bebens
ein Felsen herunter in den Fluß l'Harpe gefallen, folglich

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[0448] 217 dieses Weges auf einem monument zu lesen ist: Carolus Emmanuel II Sabaudiae Dux, Pedem. Princeps, Cypri Rex, publica felicitate parta, singulorum commodis intentus, breviorem Securioremque viam regiam, a natura occlu- sam, Romanis intentatam, ceteris desporatam, dejectis scopulorum repagulis, aquata montium iniquitate, quae cervicibus imminebant praecipitia pedibus substernens, aeternis populorum commerciis patefecit ao MDCLXX. Unser Nacht-Quartier war zu Chambery, der Haupt-Stadt in Savoyen, welche mit Bergen rund umgeben ist, und deswegen von denen muthwilligen Frantzosen durch eine allesion auf den Nahmen le pot de Chambre de Savoye genennet wird. Sie ist klein und hat weiter keine Befestigung, als bloße Mauren, wird aber von der noblesse des Landes, weil zumal das Parle- ment oder höchste Gericht von Savoyen sich hier befindet, starck bewohnet. Den 12 Se: Speiseten wir Mittags auf dem Dorf Planoise, und zwar auf dem Schloß des Comte de Maujois, welches er nach dem Tode seines Vaters zum Gast-Hofe gemacht hat, ohnerachtet es gantz bequem und logeable, obzwar nicht prächtig erbauet ist. Nachmittags passireten wir dichte bey der ehemals bekanten, ietzt aber absolut ruinirten Festung Montmelian über die Isere auf einer halb steinern, und halb höltzernen Brücke. Der Fluß hat fast das gantze Thal mit Sand überschwemmet, und sich viele krumme Neben-Wege gemacht. Das Nachtlager wurde in dem Städtgen Aiguebelle genommen. Den 13 Se: Fütterten wir Mittags auf dem Dorf la Chambre, passireten Nachmittags St. Jean de Morienne eine Bischöfliche nach hiesiger Landes-Art schlecht aussehende Residentz, und schlieffen Abends zu St. Michel einem Flecken. Bey gedachtem St. Jean de Morienne sahen wir noch die traurigen Merckmahle des vor zwey Mo- nathen hier gewesenen erschrecklichen Regen= und Hagel- Wetters, welches von denen hohen Gebürgen herunter einen solchen Waßer-Guß verursachet, daß der Strohm sich einen Manns tieffen alveum in die Erde gemacht, und ein groß Stück des Thals mit Steinen und Sand überschwemmet hat. Den 14. Sept: Sahen wir ein abermaliges Inconveniens dieses gebürgigten Landes, da nehmlich vermuthlich von einer Art des Erd-Bebens ein Felsen herunter in den Fluß l'Harpe gefallen, folglich

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/448>, abgerufen am 27.11.2024.