Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].209 ausgegeben worden, verschloßen gewesen, wozu allein der Hof-meister den Schlüßel gehabt. Die Königliche Frau Mutter des Printzen habe zwar etliche mal an ihren Sohn geschrieben, sie wiße, daß er einen chien de Jesuite in seiner Suite habe, und vor dem solle er sich hüten; indeßen habe der Printz, der ange- wandten Mühe ohngeachtet, ihn doch nicht entdecken können. Als nun der Printz zu Bologna gewesen, und ihm der noch unverwesete Cörper der dortigen heiligen Catharina gezeiget worden, habe ihm dieses Wunder einen Eindruck gegeben, und er seine Leute gefraget, warum man in der lutherischen Kirche nicht auch dergleichen zeigen könne. Weil nun Niemand von der Suite darauf geantwortet, sondern man die Achseln gezuckt, so sey der vermeinte Secretarius als ein Mann von vielen lecture herbey geruffen worden, der dann alle andre in der catholischen Kirche vorhandene miracul von dieser espece her erzehlet, auf die eigentliche Frage des Printzen aber vor erst nur geantwortet: Le bien Dieu fait de miracles ou il vent. Hierdurch sey der erste Grund zur Uberzeugung bey den Printzen geleget worden, und Pater Kopper endlich von Zeit zu Zeit immer weiter gegangen, bis er den Zweck glücklich erreichet. Der Referent führete bey dieser Gelegenheit von sich selbst an, daß er, vor kurtzer Zeit dem Monsieur l' Abbe Calvin, wie sein Ausdruck war, eine gantze Familie entrißen habe. Je leur ai fait saire, sagte er, leur petite abjuration et leur confession. Aus der Frage, die an ihn geschahe, ob er die Neubekehrten auch auf die Constitution habe angeloben laßen? machte er eine badinerie, und redete überhaupt bey dem gantzen Gespärch bald [unleserliches Material]dans le ton de la bonne compagnie, bald als ein vor Liebe gegen die verirreten Schafe gantz durch- drungener theologus. Zum Abschied gab er uns noch den Rath, wenn wir nach Rom kämen, bey dem Pabst particular- audientz zu bitten, welche wir ohne alle Schw[unleserliches Material]ührigkeit er- langen und finden würden, daß derselbe charmant sey, und so frey auch von Religions-Sachen mit uns reden werde, als wir ietzo mit einander gesprochen. Mylord Peterboroux habe dergleichen gethan, und sey dadurch von vielen Vorurtheilen gegen die Römische Kirche befreyet worden. En meme temps, setzte er hinzu, le Saint Pere a l'esprit enjoue, et lache meme de Sailies. Um bey ihm desto angenehmer zu seyn, schlug er vor, deßelben ehemals in Druck gegangenes 209 ausgegeben worden, verschloßen gewesen, wozu allein der Hof-meister den Schlüßel gehabt. Die Königliche Frau Mutter des Printzen habe zwar etliche mal an ihren Sohn geschrieben, sie wiße, daß er einen chien de Jesuite in seiner Suite habe, und vor dem solle er sich hüten; indeßen habe der Printz, der ange- wandten Mühe ohngeachtet, ihn doch nicht entdecken können. Als nun der Printz zu Bologna gewesen, und ihm der noch unverwesete Cörper der dortigen heiligen Catharina gezeiget worden, habe ihm dieses Wunder einen Eindruck gegeben, und er seine Leute gefraget, warum man in der lutherischen Kirche nicht auch dergleichen zeigen könne. Weil nun Niemand von der Suite darauf geantwortet, sondern man die Achseln gezuckt, so sey der vermeinte Secretarius als ein Mann von vielen lecture herbey geruffen worden, der dann alle andre in der catholischen Kirche vorhandene miracul von dieser espece her erzehlet, auf die eigentliche Frage des Printzen aber vor erst nur geantwortet: Le bien Dieu fait de miracles ou il vent. Hierdurch sey der erste Grund zur Uberzeugung bey den Printzen geleget worden, und Pater Kopper endlich von Zeit zu Zeit immer weiter gegangen, bis er den Zweck glücklich erreichet. Der Referent führete bey dieser Gelegenheit von sich selbst an, daß er, vor kurtzer Zeit dem Monsieur l' Abbé Calvin, wie sein Ausdruck war, eine gantze Familie entrißen habe. Je leur ai fait saire, sagte er, leur petite abjuration et leur confession. Aus der Frage, die an ihn geschahe, ob er die Neubekehrten auch auf die Constitution habe angeloben laßen? machte er eine badinerie, und redete überhaupt bey dem gantzen Gespärch bald [unleserliches Material]dans le ton de la bonne compagnie, bald als ein vor Liebe gegen die verirreten Schafe gantz durch- drungener theologus. Zum Abschied gab er uns noch den Rath, wenn wir nach Rom kämen, bey dem Pabst particular- audientz zu bitten, welche wir ohne alle Schw[unleserliches Material]ührigkeit er- langen und finden würden, daß derselbe charmant sey, und so frey auch von Religions-Sachen mit uns reden werde, als wir ietzo mit einander gesprochen. Mylord Peterboroux habe dergleichen gethan, und sey dadurch von vielen Vorurtheilen gegen die Römische Kirche befreyet worden. En même temps, setzte er hinzu, le Saint Pere a l'esprit enjoué, et lache même de Sailies. 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209
ausgegeben worden, verschloßen gewesen, wozu allein der Hof-
meister den Schlüßel gehabt. Die Königl: Frau Mutter des Printzen
habe zwar etliche mal an ihren Sohn geschrieben, sie wiße,
daß er einen chien de Jesuite in seiner Suite habe, und vor
dem solle er sich hüten; indeßen habe der Printz, der ange-
wandten Mühe ohngeachtet, ihn doch nicht entdecken können.
Als nun der Printz zu Bologna gewesen, und ihm der
noch unverwesete Cörper der dortigen heil. Catharina gezeiget
worden, habe ihm dieses Wunder einen Eindruck gegeben, u.
er seine Leute gefraget, warum man in der lutherischen
Kirche nicht auch dergl: zeigen könne. Weil nun Niemand von
der Suite darauf geantwortet, sondern man die Achseln gezuckt,
so sey der vermeinte Secretarius als ein Mann von vielen
lecture herbey geruffen worden, der dann alle andre in
der catholischen Kirche vorhandene miracul von dieser espece
her erzehlet, auf die eigentliche Frage des Printzen aber vor
erst nur geantwortet: Le bien Dieu fait de miracles ou
il vent. Hierdurch sey der erste Grund zur Uberzeugung bey
den Printzen geleget worden, und P. Kopper endlich von Zeit
zu Zeit immer weiter gegangen, bis er den Zweck glücklich
erreichet. Der Referent führete bey dieser Gelegenheit von
sich selbst an, daß er, vor kurtzer Zeit dem Mr. l' Abbé Calvin,
wie sein Ausdruck war, eine gantze Familie entrißen
habe. Je leur ai fait saire, sagte er, leur petite abjuration
et leur confession. Aus der Frage, die an ihn geschahe, ob er die
Neubekehrten auch auf die Constitution habe angeloben laßen?
machte er eine badinerie, und redete überhaupt bey dem
gantzen Gespärch bald dans le ton de la bonne compagnie, bald
als ein vor Liebe gegen die verirreten Schafe gantz durch-
drungener theologus. Zum Abschied gab er uns noch den
Rath, wenn wir nach Rom kämen, bey dem Pabst particular-
audientz zu bitten, welche wir ohne alle Schwührigkeit er-
langen und finden würden, daß derselbe charmant
sey, und so frey auch von Religions-Sachen mit uns
reden werde, als wir ietzo mit einander gesprochen.
Mylord Peterboroux habe dergl. gethan, und sey dadurch
von vielen Vorurtheilen gegen die Röml: Kirche befreyet
worden. En même temps, setzte er hinzu, le St. Pere a l'esprit
enjoué, et lache même de Sailies. Um bey ihm desto angenehmer
zu seyn, schlug er vor, deßelben ehemals in Druck gegangenes
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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