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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Dumheit der Nachkommen aber, gleich der übrigen Mauer überweißet.
Es erzehlte ein uns begleitender Canonicus den Wir gestern bey den=
Intendanten können lernen, daß er selbst in seiner Jugend in die
ser Kirche einen großen Tauffstein gesehen, welcher zum Eintauchen
des gantzen Cörpers eingerichtet, und ein besonderer Verschlag herum
gemacht gewesen. Der damalige Bischoff aber habe aus großer
ignorantz dieses Stück vor ein heydnisches monument gehalten, und
es weg schaffen laßen. 4.) Das Palais, und der daranstoßende,
dicke runde Thurm Chateau de Maubergeon genannt, welche beyde
piecen zwar auch von einigen vor Römisch ausgegeben worden; die
offenbahren Merckmale der Gothischen architectur aber zeigen
das Gegenthail, und sind über dies in dem großen Vorsaal des Palais
3 uhralte Camine zu sehen, daran das französische Wapen 3 mal
in Stein gehauen, und iedwedes Schild über und über mit Lilien ange-
füllet ist, woraus denn folget, daß dieses ein Gebäude derer fran
zösischen Könige und noch vor Carl dem VIten errichtet sey, weil dieser
zu erst die Anzahl derer Lilien des französischen Wapens auf 3 ein-
geschräncket hat. Sollten die Camine neuer, als das Gebäude seyn, so
ist am wahrscheinlichsten, dass die Grafen von Poitou welche hier ihre re-
sidenz gehabt, solches ausgeführet.

5.) La Cathedrale ein Stupende großes Gebäude a la Gothique, da-
rin aber nichts merckwürdiges.

6.) Eine von dem Intendanten vor zwey Jahren angelegte Seiden=
Würmer Anstalt, um die rohe Seide zu denen französischen manu-
facturen selbst hinlänglich zu zeugen, und keines fremden Zuschuße
nöthig zu haben. Es sind zwey häuser dazu destinieret, in denen so wir
gesehen, rechnete man die Anzahl der Würmer auf 100000, und verhofft
dies Jahr von ihnen 60 Momme Seide zu gewinnen.

Dumheit der Nachkommen aber, gleich der übrigen Mauer überweißet.
Es erzehlte ein uns begleitender Canonicus den Wir gestern bey den=
Intendanten können lernen, daß er selbst in seiner Jugend in die
ser Kirche einen großen Tauffstein gesehen, welcher zum Eintauchen
des gantzen Cörpers eingerichtet, und ein besonderer Verschlag herum
gemacht gewesen. Der damalige Bischoff aber habe aus großer
ignorantz dieses Stück vor ein heydnisches monument gehalten, und
es weg schaffen laßen. 4.) Das Palais, und der daranstoßende,
dicke runde Thurm Chateau de Maubergeon genannt, welche beyde
piecen zwar auch von einigen vor Römisch ausgegeben worden; die
offenbahren Merckmale der Gothischen architectur aber zeigen
das Gegenthail, und sind über dies in dem großen Vorsaal des Palais
3 uhralte Camine zu sehen, daran das französische Wapen 3 mal
in Stein gehauen, und iedwedes Schild über und über mit Lilien ange-
füllet ist, woraus denn folget, daß dieses ein Gebäude derer fran
zösischen Könige und noch vor Carl dem VIten errichtet sey, weil dieser
zu erst die Anzahl derer Lilien des französischen Wapens auf 3 ein-
geschräncket hat. Sollten die Camine neuer, als das Gebäude seyn, so
ist am wahrscheinlichsten, dass die Grafen von Poitou welche hier ihre re-
sidenz gehabt, solches ausgeführet.

5.) La Cathedrale ein Stupende großes Gebäude à la Gothique, da-
rin aber nichts merckwürdiges.

6.) Eine von dem Intendanten vor zwey Jahren angelegte Seiden=
Würmer Anstalt, um die rohe Seide zu denen französischen manu-
facturen selbst hinlänglich zu zeugen, und keines fremden Zuschuße
nöthig zu haben. Es sind zwey häuser dazu destinieret, in denen so wir
gesehen, rechnete man die Anzahl der Würmer auf 100000, und verhofft
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[0363] Dumheit der Nachkommen aber, gleich der übrigen Mauer überweißet. Es erzehlte ein uns begleitender Canonicus den Wir gestern bey den= Intendanten können lernen, daß er selbst in seiner Jugend in die ser Kirche einen großen Tauffstein gesehen, welcher zum Eintauchen des gantzen Cörpers eingerichtet, und ein besonderer Verschlag herum gemacht gewesen. Der damalige Bischoff aber habe aus großer ignorantz dieses Stück vor ein heydnisches monument gehalten, und es weg schaffen laßen. 4.) Das Palais, und der daranstoßende, dicke runde Thurm Chateau de Maubergeon genannt, welche beyde piecen zwar auch von einigen vor Römisch ausgegeben worden; die offenbahren Merckmale der Gothischen architectur aber zeigen das Gegenthail, und sind über dies in dem großen Vorsaal des Palais 3 uhralte Camine zu sehen, daran das französische Wapen 3 mal in Stein gehauen, und iedwedes Schild über und über mit Lilien ange- füllet ist, woraus denn folget, daß dieses ein Gebäude derer fran zösischen Könige und noch vor Carl dem VIten errichtet sey, weil dieser zu erst die Anzahl derer Lilien des französischen Wapens auf 3 ein- geschräncket hat. Sollten die Camine neuer, als das Gebäude seyn, so ist am wahrscheinlichsten, dass die Grafen von Poitou welche hier ihre re- sidenz gehabt, solches ausgeführet. 5.) La Cathedrale ein Stupende großes Gebäude à la Gothique, da- rin aber nichts merckwürdiges. 6.) Eine von dem Intendanten vor zwey Jahren angelegte Seiden= Würmer Anstalt, um die rohe Seide zu denen französischen manu- facturen selbst hinlänglich zu zeugen, und keines fremden Zuschuße nöthig zu haben. Es sind zwey häuser dazu destinieret, in denen so wir gesehen, rechnete man die Anzahl der Würmer auf 100000, und verhofft dies Jahr von ihnen 60 Ll. Seide zu gewinnen.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/363>, abgerufen am 03.12.2024.