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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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inaugural oration gehalten, dem Cardinal die Aufwartung, und
bedanckten sich, daß er ietzgedachte Rede mit anhören wollen. Ihro
Eminentz waren gegen dieselben sehr freundlich, lobten die schöne
Latinitaet solcher Rede, und die parrhesie und gute Aussprache des
Redners, entretenireten sie auch auf eine Art, die ihnen noth-
wendig sehr gefallen muste. Zum Exempel von denen meriten ihres
vor ohngefähr 80 Jahren verstorbenen, und nachher canonisirten
Ordens-Bruders Francisci Regis, aus deßen Canonisations-Process
von schon gedachter Ihrer Eminentz folgende 3 Wunder erzehlet
wurden: 1) Es habe dieser Heilige einen in letzten Zügen
liegenden Waßersüchtigen besuchet. Weil nun der Patient
eine starcke Familie gehabt, welche um das Bette herum ge-
standen, und Gott um deßen Erhaltung gebeten, so habe Pater Regis
seine bereits aufgeschlagene prieres pour les agonisans wieder
in den Sack gestecket, und sein Gebet mit dem ihrigen vereiniget.
Worauf denn also fort der Patient im Bette an zu ruffen ge-
fangen : je fonds; je fonds, und man mit Verwunderung wahr-
genommen, daß das Waßer aller Orten von ihm gelauffen,
wie er denn auch völlig beym Leben blieben, und völlig wie-
der gesund worden. 2) Etliche junge Leute, die er in der
Schule gezüchtiget, hätten ein Complot gemachet, sich dieser
wegen an ihm zu rächen, davon er unmöglich das geringste
wißen können, weil sie gleich nach geendeter Schule sich
deswegen auf einer gewißen Gallerie im Collegio mit ein-
ander beredet, ihren Vorsatz auch so fort bey der Gelegenheit ins
Werck richten wollen, da besagter Pater täglich nach vollbrachter
Schul-Arbeit in die Stadt zu gehen, und allerhand Liebes-Wercke
aus zu üben pflegen. Es sey aber derselbe von ohngefähr durch
obgemeldete Gallerie passiret, und habe zu denen jungen Leuten
sehr liebreich gesaget: mes enfans, Dieu ne veut pas, que vous
me saffiez du mal. Je vous ai chatie pour vötre bien, worauf
sie denn über der miraculeusen Entdeckung ihrer geheimen
Absicht gewaltig erschrocken, ihm zu Fuß gefallen, den bösen
Anschlag freymütig bekannt, und um Vergebung gebeten. Der
Cardinal setzte hinzu, daß einer von diesen damaligen
jungen Leuten, als er selbst noch sehr jung, jener aber schon
ein alter Mann gewesen, es ihm erzehlet habe. 3.) Als in
Toulouse große Hungers-Noth gewesen, sey Pater Regis in
denen Häusern derer bemittelten Einwohner, item in denen
Klöstern fleißig herum gegangen, um vor die Armen Brodt
und Getreyde auszubitten. Als er nun unter andern in einem
Nonnen-Kloster dergleichen gethan, die Superiorin deßelben auch,

inaugural oration gehalten, dem Cardinal die Aufwartung, und
bedanckten sich, daß er ietzgedachte Rede mit anhören wollen. Ihro
Eminentz waren gegen dieselben sehr freundlich, lobten die schöne
Latinitaet solcher Rede, und die parrhesie und gute Aussprache des
Redners, entretenireten sie auch auf eine Art, die ihnen noth-
wendig sehr gefallen muste. Zum Exempel von denen meriten ihres
vor ohngefähr 80 Jahren verstorbenen, und nachher canonisirten
Ordens-Bruders Francisci Regis, aus deßen Canonisations-Process
von schon gedachter Ihrer Eminentz folgende 3 Wunder erzehlet
wurden: 1) Es habe dieser Heilige einen in letzten Zügen
liegenden Waßersüchtigen besuchet. Weil nun der Patient
eine starcke Familie gehabt, welche um das Bette herum ge-
standen, und Gott um deßen Erhaltung gebeten, so habe Pater Regis
seine bereits aufgeschlagene priéres pour les agonisans wieder
in den Sack gestecket, und sein Gebet mit dem ihrigen vereiniget.
Worauf denn also fort der Patient im Bette an zu ruffen ge-
fangen : je fonds; je fonds, und man mit Verwunderung wahr-
genommen, daß das Waßer aller Orten von ihm gelauffen,
wie er denn auch völlig beym Leben blieben, und völlig wie-
der gesund worden. 2) Etliche junge Leute, die er in der
Schule gezüchtiget, hätten ein Complot gemachet, sich dieser
wegen an ihm zu rächen, davon er unmöglich das geringste
wißen können, weil sie gleich nach geendeter Schule sich
deswegen auf einer gewißen Gallerie im Collegio mit ein-
ander beredet, ihren Vorsatz auch so fort bey der Gelegenheit ins
Werck richten wollen, da besagter Pater täglich nach vollbrachter
Schul-Arbeit in die Stadt zu gehen, und allerhand Liebes-Wercke
aus zu üben pflegen. Es sey aber derselbe von ohngefähr durch
obgemeldete Gallerie passiret, und habe zu denen jungen Leuten
sehr liebreich gesaget: mes enfans, Dieu ne veut pas, que vous
me saffiez du mal. Je vous ai chatié pour vötre bien, worauf
sie denn über der miraculeusen Entdeckung ihrer geheimen
Absicht gewaltig erschrocken, ihm zu Fuß gefallen, den bösen
Anschlag freymütig bekannt, und um Vergebung gebeten. Der
Cardinal setzte hinzu, daß einer von diesen damaligen
jungen Leuten, als er selbst noch sehr jung, jener aber schon
ein alter Mann gewesen, es ihm erzehlet habe. 3.) Als in
Toulouse große Hungers-Noth gewesen, sey Pater Regis in
denen Häusern derer bemittelten Einwohner, item in denen
Klöstern fleißig herum gegangen, um vor die Armen Brodt
und Getreyde auszubitten. Als er nun unter andern in einem
Nonnen-Kloster dergleichen gethan, die Superiorin deßelben auch,

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[0291] inaugural oration gehalten, dem Cardinal die Aufwartung, und bedanckten sich, daß er ietzgedachte Rede mit anhören wollen. Ihro Eminentz waren gegen dieselben sehr freundlich, lobten die schöne Latinitaet solcher Rede, und die parrhesie u. gute Aussprache des Redners, entretenireten sie auch auf eine Art, die ihnen noth- wendig sehr gefallen muste. Z.E. von denen meriten ihres vor ohngefähr 80 Jahren verstorbenen, u. nachher canonisirten Ordens-Bruders Francisci Regis, aus deßen Canonisations-Process von schon gedachter Ihrer Eminentz folgende 3 Wunder erzehlet wurden: 1) Es habe dieser Heilige einen in letzten Zügen liegenden Waßersüchtigen besuchet. Weil nun der Patient eine starcke Familie gehabt, welche um das Bette herum ge- standen, u. Gott um deßen Erhaltung gebeten, so habe P. Regis seine bereits aufgeschlagene priéres pour les agonisans wieder in den Sack gestecket, u. sein Gebet mit dem ihrigen vereiniget. Worauf denn also fort der Patient im Bette an zu ruffen ge- fangen : je fonds; je fonds, u. man mit Verwunderung wahr- genommen, daß das Waßer aller Orten von ihm gelauffen, wie er denn auch beym Leben blieben, u. völlig wie- der gesund worden. 2) Etliche junge Leute, die er in der Schule gezüchtiget, hätten ein Complot gemachet, sich dieser wegen an ihm zu rächen, davon er unmögl: das geringste wißen können, weil sie gleich nach geendeter Schule sich deswegen auf einer gewißen Gallerie im Collegio mit ein- ander beredet, ihren Vorsatz auch so fort bey der Gelegenheit ins Werck richten wollen, da besagter Pater tägl: nach vollbrachter Schul-Arbeit in die Stadt zu gehen, und allerhand Liebes-Wercke aus zu üben pflegen. Es sey aber derselbe von ohngefähr durch obgemeldete Gallerie passiret, u. habe zu denen jungen Leuten sehr liebreich gesaget: mes enfans, Dieu ne veut pas, que vous me saffiez du mal. Je vous ai chatié pour vötre bien, worauf sie denn über der miraculeusen Entdeckung ihrer geheimen Absicht gewaltig erschrocken, ihm zu Fuß gefallen, den bösen Anschlag freymütig bekannt, u. um Vergebung gebeten. Der Cardinal setzte hinzu, daß einer von diesen damaligen jungen Leuten, als er selbst noch sehr jung, jener aber schon ein alter Mann gewesen, es ihm erzehlet habe. 3.) Als in Toulouse große Hungers-Noth gewesen, sey P. Regis in denen Häusern derer bemittelten Einwohner, item in denen Klöstern fleißig herum gegangen, um vor die Armen Brodt u. Getreyde auszubitten. Als er nun unter andern in einem Nonnen-Kloster dergl: gethan, die Superiorin deßelben auch,

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/291>, abgerufen am 21.11.2024.