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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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3.) Hießen wir den prince de Turenne, welcher gestern von
Navarra retourniret, in seinem Quartier willkommen, fanden
ihn aber an einem Fluße incommodiret, und nachdem wir wegen
der Kranckheit seiner Tante der Duchesse de la Tremouille ihm
condoliret, wurde die Abrede genommen, uns des Krancken Hauses
sorgfältigst zu enthalten, um von seiner Gesellschaft, da
er die Blattern noch zu fürchten hat, nicht ausgeschloßen
zu werden. Das meiste Entretien war dismal vom Reiten
und Carousel, sodann auch von einer zu Navarre ange-
legten Schneide-Mühle, als welche hier in Franckreich, wo
die Bretter mit Menschen Händen geschnitten werden,
nicht üblich ist, und davon der Printz eine sehr accurate
Beschreibung zu machen wuste. Der gantze Cours dieses Tages wurde
mit einer Prommenade aux Tuileries geendiget, woselbst
der Graf Knuth mit seinem Hofmeister uns Gesellschaft
leisteten, und wir theils von ietzigen Zeit-Läuften,
theils von unsern beyderseitigen Reisen vieles discouri-
reten.

Den 28 April.

Früh besuchte Illustrissimum der Herr von Zech, und erhielt, auf sein Verlangen,
nicht nur ein attestat, daß er 6 Monath hier gewesen, um sich
deßen bey seinem Naumburgischen canonicat zu bedienen, sondern
auch eine Recommendation an den Herrn Graf Calenberg nach Brüßel. Nach-
mittags besahen wir die höchstsehenswürdigen automates oder
sich selbst bewegenden machinen des Monsieur Vaucraisson, nehmlich
1) Fluteur, 2) le tamburin und 3) die freßende und digerirende Endte
Alle 3 Machinen sind in natürlicher Größe, und stehen auf star-
cken postementern, in welchen die Räder und alle übrige mechanischen
Anstalten, wodurch sie in Bewegung gesetzet werden, verborgen
liegen.

1.) Der Fluteur ist bereits vor etlichen Jahren erfunden und zu
sehen gewesen, nachhero aber in Engelland herum geführet worden,
und nun wieder hier ankommen. Er ist auf eine theatralische Art
angezogen, und sitzet auf seinem postement mit dem Kopf und
Ober-Leibe etwas vorwärts gebeuget, wie diejenigen zu thun
pflegen, welche die Flute traveshiere mit einer Emsigkeit blasen.
Alle Finger liegen auf denen Löchern der Flöte, und sind nicht nur,
gleich denen übrigen Theilen der Hände, mit einem Fleisch-farbigen
Leder überzogen, damit sie sich in denen Gelencken ohne Hinderung
bewegen können, sondern scheinen auch forne unter denen Ballen
noch mit etwas weichem, unterlegt zu seyn, damit sie die Löcher
der Flöte recht accurat und feste zuschließen können. Die Ober-Lippe

3.) Hießen wir den prince de Turenne, welcher gestern von
Navarra retourniret, in seinem Quartier willkommen, fanden
ihn aber an einem Fluße incommodiret, und nachdem wir wegen
der Kranckheit seiner Tante der Duchesse de la Tremouille ihm
condoliret, wurde die Abrede genommen, uns des Krancken Hauses
sorgfältigst zu enthalten, um von seiner Gesellschaft, da
er die Blattern noch zu fürchten hat, nicht ausgeschloßen
zu werden. Das meiste Entretien war dismal vom Reiten
und Carousel, sodann auch von einer zu Navarre ange-
legten Schneide-Mühle, als welche hier in Franckreich, wo
die Bretter mit Menschen Händen geschnitten werden,
nicht üblich ist, und davon der Printz eine sehr accurate
Beschreibung zu machen wuste. Der gantze Cours dieses Tages wurde
mit einer Prommenade aux Tuileries geendiget, woselbst
der Graf Knuth mit seinem Hofmeister uns Gesellschaft
leisteten, und wir theils von ietzigen Zeit-Läuften,
theils von unsern beyderseitigen Reisen vieles discouri-
reten.

Den 28 April.

Früh besuchte Illustrissimum der Herr von Zech, und erhielt, auf sein Verlangen,
nicht nur ein attestat, daß er 6 Monath hier gewesen, um sich
deßen bey seinem Naumburgischen canonicat zu bedienen, sondern
auch eine Recommendation an den Herrn Graf Calenberg nach Brüßel. Nach-
mittags besahen wir die höchstsehenswürdigen automates oder
sich selbst bewegenden machinen des Monsieur Vaucraisson, nehmlich
1) Fluteur, 2) le tamburin und 3) die freßende und digerirende Endte
Alle 3 Machinen sind in natürlicher Größe, und stehen auf star-
cken postementern, in welchen die Räder und alle übrige mechanischen
Anstalten, wodurch sie in Bewegung gesetzet werden, verborgen
liegen.

1.) Der Fluteur ist bereits vor etlichen Jahren erfunden und zu
sehen gewesen, nachhero aber in Engelland herum geführet worden,
und nun wieder hier ankommen. Er ist auf eine theatralische Art
angezogen, und sitzet auf seinem postement mit dem Kopf und
Ober-Leibe etwas vorwärts gebeuget, wie diejenigen zu thun
pflegen, welche die Flute traveshiere mit einer Emsigkeit blasen.
Alle Finger liegen auf denen Löchern der Flöte, und sind nicht nur,
gleich denen übrigen Theilen der Hände, mit einem Fleisch-farbigen
Leder überzogen, damit sie sich in denen Gelencken ohne Hinderung
bewegen können, sondern scheinen auch forne unter denen Ballen
noch mit etwas weichem, unterlegt zu seyn, damit sie die Löcher
der Flöte recht accurat und feste zuschließen können. Die Ober-Lippe

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/281>, abgerufen am 21.11.2024.