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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Nummer 29
Den 23 April.

Nach dem heutigen Ewangelio zeigete der hnische Prediger den Unterschied
zwischen der Freude derer Welt-Kinder und der Freude derer Kinder Gottes.
Die Beschaffenheit der ersten wurde im ersten, und die Beschaffenheit
der letztern im andern Theil abgehandelt. Weil man aber diesmal
nahe am Fenster sitzen muste, so war, wegen des beständigen vorbey-
fahrens derer Carossen, wenig zusammenhangendes zu vernehmen.
Der Dänische Graf Knutt, welcher mit seinem Hofmeister Neander
gestern von Geneve hier ankommen, und auch in der Kirche war, er-
neuerte die mit Illustrissimo ehemals in Göttingen gehabte Bekanntschaft.
Nachdem wir mit dem Dänischen Minstre, auch Herrn von Böhmer und
Herr von Werneck uns noch eine Weile von der zwischen denen Preußen
und Oesterreichern in Schlesien vorgefallenen scharffen action unter-
redet, fanden wir bey der retour in unser Quartier eine
schriftliche Invitation zu der auf heute über 8 Tage nachmittags
um 2 Uhr angesetzten revue generale des gardes francoises,
welche besagt[unleserliches Material]der Comte de Chabannes commandiret, und hiernächst
zum dine-Soupe bey eben demselben auf eben diesen Tag Abends
um 5 Uhr. Dine-Soupe heist, wenn die Mittags- und Abendmahl-
zeit in eins geschmoltzen wird. Auch empfingen wir einen
Brief von Monsieur de Menin, darinn wir, weil er morgen das
Palais nicht selbst besuchen könnte, an den Parlements-Rath Monsieur
Cadeau
gewiesen wurden, der uns Plätze verschaffen würde,
wenn wir die morgende Fortsetzung derer plaidoyes in der
Moralischen Sache anhören wolten. Nachmittags fuhren wir
zum Comte de Chabannes, um uns vor seine attention
zu bedancken, zur Madame de Montbrun, zum Abbe de Ferrus,
zur Duchesse de la Tremouille, zum Graf Knuth, fanden aber
Madame Montbrun nicht sprechbar, und die übrigen nicht zu Haus,
begaben uns also zu Monsieur de Milsonneau, bey dem wir seine Haus-
wirthin
, eines reichen Banquiers Frau, nebst ihrer Tochter
fanden, welche sich mit Durchgehung des in Kupfer gestochenen
Florentinischen Antiquitaeten-Cabinets amusirten, wie dem
besagte Tochter eine Kennerin solcher Sachen, und in der Zeichung
sehr starck ist. Wir unterhielten uns mit ihm auf gleiche
weise, und besahen die kostbaresten Wercke seiner vortreflichen
bibliothec, welche sich auf alle Wißenschaften extendiret. Biblio-
theca Patrum maxima
, Collectio conciliorum Regia, Thesauri anti-
quitatum Gronov. et Graev. Muratorii Scriptores rerum Italicarum
,
Corpus Historiae Byzantinae, Rymeri Acta Anglicana, Hortus Malabonicus,

129
Nummer 29
Den 23 April.

Nach dem heutigen Ewangelio zeigete der hnische Prediger den Unterschied
zwischen der Freude derer Welt-Kinder und der Freude derer Kinder Gottes.
Die Beschaffenheit der ersten wurde im ersten, und die Beschaffenheit
der letztern im andern Theil abgehandelt. Weil man aber diesmal
nahe am Fenster sitzen muste, so war, wegen des beständigen vorbey-
fahrens derer Carossen, wenig zusammenhangendes zu vernehmen.
Der Dänische Graf Knutt, welcher mit seinem Hofmeister Neander
gestern von Geneve hier ankommen, und auch in der Kirche war, er-
neuerte die mit Illustrissimo ehemals in Göttingen gehabte Bekanntschaft.
Nachdem wir mit dem Dänischen Minstre, auch Herrn von Böhmer und
Herr von Werneck uns noch eine Weile von der zwischen denen Preußen
und Oesterreichern in Schlesien vorgefallenen scharffen action unter-
redet, fanden wir bey der retour in unser Quartier eine
schriftliche Invitation zu der auf heute über 8 Tage nachmittags
um 2 Uhr angesetzten revue generale des gardes françoises,
welche besagt[unleserliches Material]der Comte de Chabannes commandiret, und hiernächst
zum diné-Soupé bey eben demselben auf eben diesen Tag Abends
um 5 Uhr. Diné-Soupé heist, wenn die Mittags- und Abendmahl-
zeit in eins geschmoltzen wird. Auch empfingen wir einen
Brief von Monsieur de Menin, darinn wir, weil er morgen das
Palais nicht selbst besuchen könnte, an den Parlements-Rath Monsieur
Cadeau
gewiesen wurden, der uns Plätze verschaffen würde,
wenn wir die morgende Fortsetzung derer plaidoyés in der
Moralischen Sache anhören wolten. Nachmittags fuhren wir
zum Comte de Chabannes, um uns vor seine attention
zu bedancken, zur Madame de Montbrun, zum Abbé de Ferrus,
zur Duchesse de la Tremouille, zum Graf Knuth, fanden aber
Madame Montbrun nicht sprechbar, und die übrigen nicht zu Haus,
begaben uns also zu Monsieur de Milsonneau, bey dem wir seine Haus-
wirthin
, eines reichen Banquiers Frau, nebst ihrer Tochter
fanden, welche sich mit Durchgehung des in Kupfer gestochenen
Florentinischen Antiquitaeten-Cabinets amusirten, wie dem
besagte Tochter eine Kennerin solcher Sachen, und in der Zeichung
sehr starck ist. Wir unterhielten uns mit ihm auf gleiche
weise, und besahen die kostbaresten Wercke seiner vortreflichen
bibliothec, welche sich auf alle Wißenschaften extendiret. Biblio-
theca Patrum maxima
, Collectio conciliorum Regia, Thesauri anti-
quitatum Gronov. et Graev. Muratorii Scriptores rerum Italicarum
,
Corpus Historiae Byzantinae, Rymeri Acta Anglicana, Hortus Malabonicus,

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[0272] 129 No 29 Den 23 April. Nach dem heutigen Ewangelio zeigete der Dänische Prediger den Unterschied zwischen der Freude derer Welt-Kinder u. der Freude derer Kinder Gottes. Die Beschaffenheit der ersten wurde im ersten, und die Beschaffenheit der letztern im andern Theil abgehandelt. Weil man aber diesmal nahe am Fenster sitzen muste, so war, wegen des beständigen vorbey- fahrens derer Carossen, wenig zusammenhangendes zu vernehmen. Der Dänische Graf Knutt, welcher mit seinem Hofmeister Neander gestern von Geneve hier ankommen, und auch in der Kirche war, er- neuerte die mit Illmo ehemals in Göttingen gehabte Bekanntschaft. Nachdem wir mit dem Dänischen Minstre, auch Hl: v. Böhmer und H. v. Werneck uns noch eine Weile von der zwischen denen Preußen und Oesterreichern in Schlesien vorgefallenen scharffen action unter- redet, fanden wir bey der retour in unser Quartier eine schriftliche Invitation zu der auf heute über 8 Tage nachmittags um 2 Uhr angesetzten revue generale des gardes françoises, welche der Comte de Chabannes commandiret, und hiernächst zum diné-Soupé bey eben demselben auf eben diesen Tag Abends um 5 Uhr. Diné-Soupé heist, wenn die Mittags- und Abendmahl- zeit in eins geschmoltzen wird. Auch empfingen wir einen Brief von Mr. de Menin, darinn wir, weil er morgen das Palais nicht selbst besuchen könnte, an den Parlements-Rath Mr. Cadeau gewiesen wurden, der uns Plätze verschaffen würde, wenn wir die morgende Fortsetzung derer plaidoyés in der Moralischen Sache anhören wolten. Nachmittags fuhren wir zum Comte de Chabannes, um uns vor seine attention zu bedancken, zur Madame de Montbrun, zum Abbé de Ferrus, zur Duchesse de la Tremouille, zum Graf Knuth, fanden aber Mad: Montbrun nicht sprechbar, und die übrigen nicht zu Haus, begaben uns also zu Mr. de Milsonneau, bey dem wir seine Haus- wirthin, eines reichen Banquiers Frau, nebst ihrer Tochter fanden, welche sich mit Durchgehung des in Kupfer gestochenen Florentinischen Antiquitaeten-Cabinets amusirten, wie dem besagte Tochter eine Kennerin solcher Sachen, und in der Zeichung sehr starck ist. Wir unterhielten uns mit ihm auf gleiche weise, und besahen die kostbaresten Wercke seiner vortreflichen bibliothec, welche sich auf alle Wißenschaften extendiret. Biblio- theca Patrum maxima, Collectio conciliorum Regia, Thesauri anti- quitatum Gronov. et Graev. Muratorii Scriptores rerum Italicarum, Corpus Historiae Byzantinae, Rymeri Acta Anglicana, Hortus Malabonicus,

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/272>, abgerufen am 14.08.2024.