Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].108 Den Nachmittag brachten wir bey dem prince de Turenne in der Con-versation mit Monsieur de Ramsey zu, und bedanckten uns gegen diesen zuförderst vor die heute empfangenen Bücher und Manuscripta. Der Haupt- Discours war von der Englischen Historie, und gab er uns schöne Nachrichten von dem Unter=Hause, wie solches nehmlich erst nach Henrichs des VII Zeiten an dem Regiment mit Antheil zu haben und in seinen Stimmen decisiv zu seyn angefangen, da es vorher den ordentlichen titul, les pauvres communes, und etwa nur die Freyheit gehabt, dem König und denen Herren Supplicando remonstration zu thun, welches alles in der Historischen Suite zu erzehlen, hier zu weitläuffig fallen würde, ohnedies auch, wie Monsieur Ramsey versicherte, ehestens in einer eigenen Schrift von jemand soll ausgeführet werden. Daß bey der Geburt des Praetendenten die gehörigen For- malitaeten nicht beobachtet worden, schrieb er lediglich dem indiscreten Religions-Eifer der damaligen Königin und ihres Beicht=Vaters zu, welcher besorget, daß der neu gebohrne Printz würde nach dem ritu der Englischen Kirche müßen getauft werden, wenn bey der Geburt Lords zu gegen wären. Daß indeßen mit dieser Geburt es dennoch seine vollkommene Richtigkeit habe, solches bewiese er, über die sonst schon bekannten argumenta, noch mit diesem besondern Umstand, deßen Gewißheit er uns aufs theuerste versicherte, daß nehmlich König Wilhelm III einen expressen nach Sanct Germain geschicket, und seinem Schwieger-Vater offeriren laßen, den Printzen zu sich zu nehmen, und als seinen und seiner Gemahlin Cron-Erben zu erkennen, nur aber unter der Bedingung, ihn protestantisch erziehen zu dürffen. In Summa er declarirete, wie er nicht glaube, daß ietzo ein Mensch auf der Welt mehr an die vorgegebene Supposition eines Kindes glaube, die catholische Religion aber könne er vor keine rechtmäßige Ursach halten, um deren willen angebohrne Unterthanen dem Gehorsam ihres rechtmäßigen Herrn sich zu entziehen befugt wären. Zu seinem ge- druckten discours von denen Frey-Mäuern, darinn dasjenige, was schon unterm 3ten hujus referiret worden, weitläuffi- ger und accurater ausgeführet ist, machte er noch dieses mündliche Supplement, daß die Wieder Einführung König Carls des II auf den Englischen Thron zuerst in einer Ge- sellschaft derer Freymäurer concertiret worden, weil der bekannte Monck ein Mitglied derselben gewesen, und solchergestalt mit der wenigsten embrage sein geheimes project zum Zweck befördern können. Er sagte, daß er diese passage mit Fleiß ausgelaßen, um das institutum der 108 Den Nachmittag brachten wir bey dem prince de Turenne in der Con-versation mit Monsieur de Ramsey zu, und bedanckten uns gegen diesen zuförderst vor die heute empfangenen Bücher und Manuscripta. Der Haupt- Discours war von der Englischen Historie, und gab er uns schöne Nachrichten von dem Unter=Hause, wie solches nehmlich erst nach Henrichs des VII Zeiten an dem Regiment mit Antheil zu haben und in seinen Stimmen decisiv zu seyn angefangen, da es vorher den ordentlichen titul, les pauvres communes, und etwa nur die Freyheit gehabt, dem König und denen Herren Supplicando remonstration zu thun, welches alles in der Historischen Suite zu erzehlen, hier zu weitläuffig fallen würde, ohnedies auch, wie Monsieur Ramsey versicherte, ehestens in einer eigenen Schrift von jemand soll ausgeführet werden. Daß bey der Geburt des Praetendenten die gehörigen For- malitaeten nicht beobachtet worden, schrieb er lediglich dem indiscreten Religions-Eifer der damaligen Königin und ihres Beicht=Vaters zu, welcher besorget, daß der neu gebohrne Printz würde nach dem ritu der Englischen Kirche müßen getauft werden, wenn bey der Geburt Lords zu gegen wären. Daß indeßen mit dieser Geburt es dennoch seine vollkommene Richtigkeit habe, solches bewiese er, über die sonst schon bekannten argumenta, noch mit diesem besondern Umstand, deßen Gewißheit er uns aufs theuerste versicherte, daß nehmlich König Wilhelm III einen expressen nach Sanct Germain geschicket, und seinem Schwieger-Vater offeriren laßen, den Printzen zu sich zu nehmen, und als seinen und seiner Gemahlin Cron-Erben zu erkennen, nur aber unter der Bedingung, ihn protestantisch erziehen zu dürffen. In Summa er declarirete, wie er nicht glaube, daß ietzo ein Mensch auf der Welt mehr an die vorgegebene Supposition eines Kindes glaube, die catholische Religion aber könne er vor keine rechtmäßige Ursach halten, um deren willen angebohrne Unterthanen dem Gehorsam ihres rechtmäßigen Herrn sich zu entziehen befugt wären. Zu seinem ge- druckten discours von denen Frey-Mäuern, darinn dasjenige, was schon unterm 3ten hujus referiret worden, weitläuffi- ger und accurater ausgeführet ist, machte er noch dieses mündliche Supplement, daß die Wieder Einführung König Carls des II auf den Englischen Thron zuerst in einer Ge- sellschaft derer Freymäurer concertiret worden, weil der bekannte Monck ein Mitglied derselben gewesen, und solchergestalt mit der wenigsten embrage sein geheimes project zum Zweck befördern können. 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Discours war von der Englischen Historie, und gab er uns schöne Nachrichten
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Zeiten an dem Regiment mit Antheil zu haben und in seinen
Stimmen decisiv zu seyn angefangen, da es vorher den ordentl:n
titul, les pauvres communes, und etwa nur die Freyheit gehabt,
dem König und denen Herren Supplicando remonstration zu thun,
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weitläuffig fallen würde, ohnedies auch, wie Mr: Ramsey versicherte,
ehestens in einer eigenen Schrift von jemand soll ausgeführet
werden. Daß bey der Geburt des Praetendenten die gehörigen For-
malitaeten nicht beobachtet worden, schrieb er lediglich dem indiscreten
Religions-Eifer der damaligen Königin und ihres Beicht=Vaters zu,
welcher besorget, daß der neu gebohrne Printz würde nach dem
ritu der Englischen Kirche müßen getauft werden, wenn bey
der Geburt Lords zu gegen wären. Daß indeßen mit dieser
Geburt es dennoch seine vollkommene Richtigkeit habe, solches
bewiese er, über die sonst schon bekannten argumenta, noch
mit diesem besondern Umstand, deßen Gewißheit er uns
aufs theuerste versicherte, daß nehmlich König Wilhelm III einen
expressen nach St. Germain geschicket, und seinem Schwieger-Vater
offeriren laßen, den Printzen zu sich zu nehmen, und als seinen
und seiner Gemahlin Cron-Erben zu erkennen, nur aber
unter der Bedingung, ihn protestantisch erziehen zu dürffen.
In Summa er declarirete, wie er nicht glaube, daß ietzo ein
Mensch auf der Welt mehr an die vorgegebene Supposition
eines Kindes glaube, die catholische Religion aber könne er
vor keine rechtmäßige Ursach halten, um deren willen
angebohrne Unterthanen dem Gehorsam ihres rechtmäßigen
Herrn sich zu entziehen befugt wären. Zu seinem ge-
druckten discours von denen Frey-Mäuern, darinn dasjenige,
was schon unterm 3ten hujus referiret worden, weitläuffi-
ger und accurater ausgeführet ist, machte er noch dieses
mündliche Supplement, daß die Wieder Einführung König
Carls des II auf den Englischen Thron zuerst in einer Ge-
sellschaft derer Freymäurer concertiret worden, weil
der bekannte Monck ein Mitglied derselben gewesen, und
solchergestalt mit der wenigsten embrage sein geheimes
project zum Zweck befördern können. Er sagte, daß er
diese passage mit Fleiß ausgelaßen, um das institutum der
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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