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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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99
Nummer 24
Den 19 Martii

Bey dem heutigen Stück aus der Passions-Historie wurde gehandelt von der Anklage
Christi vor denen Heyden, und dabey betrachtet 1) Christi Beschuldigung 2) Christi
Unschuld und 3) die solcher Unschuld ohnerachtet dennoch erfolgte Verurtheilung.
Weil heute nach dem catholischen Calender der Tag Joseph, und mithin
der Nahmens-Tag des Abbe de Ferrus war, gestern aber Illustrissimi Geburts-
Tag gewesen, so schlugen wir die Invitation des Dähnischen Ministr[unleserliches Material]es
zur Mittags-Mahlzeit ab, und holeten gedachten Monsieur de Ferrus in un-
sern Wagen, um das Mittagsmahl mit uns einzunehmen, worüber
er sich sehr vergnügt bezeugte, und die Zeit reciproce mit sehr vielen
guten Wünschen hingebracht wurde, unter welchen auf seiner Seite
auch dieser mit war, daß er nur noch so lange leben mögte, um
den XXIIIten Herrn hier zu sehen. Wenn dieses geschehen, so habe er
auf der Welt weiter nichts zu thun, als mit Simeon zu sprechen:
domine, nunc dimittis perge, perge Gegen Abend fuhren wir in das schon
ehemals beschriebene Concert spirituel, woselbst auch die Gräfin
Tessin, Mademoiselle de Spar, der Comte Clermont, Vicomte de
Polignac
und andre Bekannte sich befanden, und der lateinische
Psalmen-Gesang sowol, als die Instrumental-Music sehr schön
und harmonieus war. Im Hinfahren nach diesem Concert wurden
wir eines großen Auflaufs von dem Volck gewahr, und erfuhren
daß ein Uhrmacher von einem andern Künstler auf der Straße
erstochen worden.

Den 20 Martii

Nachdem wir einen Spatzier-Gang aux Tuilleries gethan, auch
bey Monsieur Oudry eingesprochen, und bey dem Königlichen Uhrmacher
Baillon wegen einer repetir-Uhr uns etwas verweilet, gaben
wir der Marquise de Montbrun Visite, welche wir mit ihrer
Mutter gantz allein antrafen. Die letztere war über unsre
Bekanntschaften mit dem Monsieur Rollin, Abbe d'Asfeld und andern
Personen von dieser Sorte sehr vergnügt, und musten wir
ihr ein und anders, so wir etwan von ihnen profitirt, er-
zehlen. Sie referirten uns dagegen beyderseits die Ruptur der
Bouillonischen Heirath mit dem prince de Monaco folgendermaßen:
Als vor etlichen Tagen die Familie bey der Duchesse de la Tremouille
von beyden Seiten zusammen gewesen, und der Comte d'Evreux, der
Braut Groß-Oncle, darauf gedrungen, daß der prince de Monaco
seiner biserige Maitresse die verwittibte Madame de Nery abando-
niren möchte, habe der Printz sich deßen geweigert, und als sein
Herr Vater der Duc de Valentinois ihm auf das beweglichste unter an-
dern mit diesen Worten zugepsrochen: mon fils, pouvez vous
balancer un moment entre Mademoiselle de Bouillon et Madame
de Nery? Demselben gantz kaltsinnig geantwortet habe: un moment?

99
Nummer 24
Den 19 Martii

Bey dem heutigen Stück aus der Passions-Historie wurde gehandelt von der Anklage
Christi vor denen Heyden, und dabey betrachtet 1) Christi Beschuldigung 2) Christi
Unschuld und 3) die solcher Unschuld ohnerachtet dennoch erfolgte Verurtheilung.
Weil heute nach dem catholischen Calender der Tag Joseph, und mithin
der Nahmens-Tag des Abbé de Ferrus war, gestern aber Illustrissimi Geburts-
Tag gewesen, so schlugen wir die Invitation des Dähnischen Ministr[unleserliches Material]es
zur Mittags-Mahlzeit ab, und holeten gedachten Monsieur de Ferrus in un-
sern Wagen, um das Mittagsmahl mit uns einzunehmen, worüber
er sich sehr vergnügt bezeugte, und die Zeit reciproce mit sehr vielen
guten Wünschen hingebracht wurde, unter welchen auf seiner Seite
auch dieser mit war, daß er nur noch so lange leben mögte, um
den XXIIIten Herrn hier zu sehen. Wenn dieses geschehen, so habe er
auf der Welt weiter nichts zu thun, als mit Simeon zu sprechen:
domine, nunc dimittis perge, perge Gegen Abend fuhren wir in das schon
ehemals beschriebene Concert spirituel, woselbst auch die Gräfin
Tessin, Mademoiselle de Spar, der Comte Clermont, Vicomte de
Polignac
und andre Bekannte sich befanden, und der lateinische
Psalmen-Gesang sowol, als die Instrumental-Music sehr schön
und harmonieus war. Im Hinfahren nach diesem Concert wurden
wir eines großen Auflaufs von dem Volck gewahr, und erfuhren
daß ein Uhrmacher von einem andern Künstler auf der Straße
erstochen worden.

Den 20 Martii

Nachdem wir einen Spatzier-Gang aux Tuilleries gethan, auch
bey Monsieur Oudry eingesprochen, und bey dem Königlichen Uhrmacher
Baillon wegen einer repetir-Uhr uns etwas verweilet, gaben
wir der Marquise de Montbrun Visite, welche wir mit ihrer
Mutter gantz allein antrafen. Die letztere war über unsre
Bekanntschaften mit dem Monsieur Rollin, Abbé d’Asfeld und andern
Personen von dieser Sorte sehr vergnügt, und musten wir
ihr ein und anders, so wir etwan von ihnen profitirt, er-
zehlen. Sie referirten uns dagegen beyderseits die Ruptur der
Bouillonischen Heirath mit dem prince de Monaco folgendermaßen:
Als vor etlichen Tagen die Familie bey der Duchesse de la Tremouille
von beyden Seiten zusammen gewesen, und der Comte d'Evreux, der
Braut Groß-Oncle, darauf gedrungen, daß der prince de Monaco
seiner biserige Maitresse die verwittibte Madame de Nery abando-
niren möchte, habe der Printz sich deßen geweigert, und als sein
Herr Vater der Duc de Valentinois ihm auf das beweglichste unter an-
dern mit diesen Worten zugepsrochen: mon fils, pouvez vous
balancer un moment entre Mademoiselle de Bouillon et Madame
de Nery? Demselben gantz kaltsinnig geantwortet habe: un moment?

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[0212] 99 No 24 Den 19 Mart. Bey dem heutigen Stück aus der Passions-Historie wurde gehandelt von der Anklage Christi vor denen Heyden, und dabey betrachtet 1) Christi Beschuldigung 2) Christi Unschuld und 3) die solcher Unschuld ohnerachtet dennoch erfolgte Verurtheilung. Weil heute nach dem catholischen Calender der Tag Joseph, und mithin der Nahmens-Tag des Abbé de Ferrus war, gestern aber Illmi Geburts- Tag gewesen, so schlugen wir die Invitation des Dähnischen Ministres zur Mittags-Mahlzeit ab, und holeten gedachten Mr: de Ferrus in un- sern Wagen, um das Mittagsmahl mit uns einzunehmen, worüber er sich sehr vergnügt bezeugte, und die Zeit reciproce mit sehr vielen guten Wünschen hingebracht wurde, unter welchen auf seiner Seite auch dieser mit war, daß er nur noch so lange leben mögte, um den XXIIIten Herrn hier zu sehen. Wenn dieses geschehen, so habe er auf der Welt weiter nichts zu thun, als mit Simeon zu sprechen: domine, nunc dimittis pp Gegen Abend fuhren wir in das schon ehemals beschriebene Concert spirituel, woselbst auch die Gräfin Tessin, Mademoiselle de Spar, der Comte Clermont, Vicomte de Polignac und andre Bekannte sich befanden, und der lateinische Psalmen-Gesang sowol, als die Instrumental-Music sehr schön und harmonieus war. Im Hinfahren nach diesem Concert wurden wir eines großen Auflaufs von dem Volck gewahr, und erfuhren daß ein Uhrmacher von einem andern Künstler auf der Straße erstochen worden. Den 20 Mart: Nachdem wir einen Spatzier-Gang aux Tuilleries gethan, auch bey Mr. Oudry eingesprochen, und bey dem Königl: Uhrmacher Baillon wegen einer repetir-Uhr uns etwas verweilet, gaben wir der Marquise de Montbrun Visite, welche wir mit ihrer Mutter gantz allein antrafen. Die letztere war über unsre Bekanntschaften mit dem Mr. Rollin, Abbé d’Asfeld und andern Personen von dieser Sorte sehr vergnügt, und musten wir ihr ein und anders, so wir etwan von ihnen profitirt, er- zehlen. Sie referirten uns dagegen beyderseits die Ruptur der Bouillonischen Heirath mit dem prince de Monaco folgendermaßen: Als vor etlichen Tagen die Familie bey der Duchesse de la Tremouille von beyden Seiten zusammen gewesen, und der Comte d'Evreux, der Braut Groß-Oncle, darauf gedrungen, daß der prince de Monaco seiner biserige Maitresse die verwittibte Madame de Nery abando- niren möchte, habe der Printz sich deßen geweigert, und als sein Hl: Vater der Duc de Valentinois ihm auf das beweglichste unter an- dern mit diesen Worten zugepsrochen: mon fils, pouvez vous balancer un moment entre Mademoiselle de Bouillon et Madame de Nery? Demselben gantz kaltsinnig geantwortet : un moment?

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/212>, abgerufen am 14.08.2024.