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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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und ihn absteigen laßen wollen, sonst aber sehr aufgereimt viel
discourirete. Zum Exempel daß er von unserm Hotel nach der Duchesse d'Estre[unleserliches Material]
gefahren, um sie in ihrer tödtlichen Kranckheit zu besuchen, sie aber
in großer perplexcitaet darüber gefunden, daß sie gerne neue
große Spiegel-Fenster noch in ihr apartement haben wolle, gleich
wol aber nicht versichert sey, ob diese depense mit gutem Ge-
wißen geschehen könne. Eben diese Ungewißheit habe sie wegen
ihres Schmucks und anderer Kostbarkeiten geäußert, indem sie einestheils
davor gehalten, daß alle diese Dinge den Armen zum Besten in
Geld verwandelt werden müsten, anderntheils aber sich doch auch noch doch
nicht resolviren konne, und also in dieser Ungewißheit eine Patien-
tin vorgestellet, welche mehr am Gemüt als am Leibe kranck sey.

Den 25 Februar

Besuchten wir früh den Marquis de Montbrun, um von seiner Ge-
mahlin
Befinden Nachricht zu haben, und wurden von ihm nachmittags
zum Duc de Bouillon bestellet, dahin wir uns denn auch zu ge-
setzter Zeit begaben, und weil man noch bey Tische saß, uns
gleichfals mit nieder setzten. Die Gesellschaft bestund außer
dem Duc und dem Marquis de Montbrun, in dem Duc de Valentinois
deßen andern Sohne dem Comte de Matignon, dem prince de Guise
und einem Abbe. Der Duc de Bouillon war seiner Gewohnheit
nach ungemein freundlich, und erzehlete discoursive, daß er einen
Zug schöne Pohlnische Pferde in Olau stehen gehabt, welche der König
von Preußen
weggenommen und dem General Kleist geschencket
habe zwar um deren Restitution auch so gar durch den frantzösischen
Gesandten in Berlin
anhalten laßen, aber eine sehr brusque
Antwort bekommen, wie denn auch seine übrigen in Olau gehabten
meubles alle Preiß gegeben worden. Uber welches alles denn [unleserliches Material]
zwar nicht zur avantage des Königs weitläuffig raisoniret
wurde. Nach aufgehobener Tafel praesentirte uns der Marquis de
Montbrun
an den Duc de Valentinois und prince de Guise, wel-
cher letztere Illustrissimum embrassirte und ziemlich vernehmlich teutsch
zu sprechen wuste, der Duc de Valentinois aber invitirte uns so
fort sehr freundlich auf morgen zu sich zum Mittags-Eßen.
Die Duchesse de Tremouille fand sich auch ein, und wurde die Zeit theils
mit Schöpfung frischer Luft auf dem nach der Seine zugehenden
großen Balcon, theils mit allerhand Gesprächen und Besichtigungen
einiger Mahlereyen zugebracht. Wie denn auch der Marquis de Mont-
brun
en achon de grace wegen seiner beym Leben erhaltenen
Gemahlin von dem Balcon herunter reichlich Allmosen unter die
Armen austheilete. Abends bey unsrer Retour ins Quartier
fanden wir eine Charte, besage davon 1) der Printz von Schwartz-
burg
zum Abschiednehmen bey uns gewesen, und wir 2) von denen
Printzen von Heßen auf morgen zum Mittags-Eßen
eingeladen worden.

und ihn absteigen laßen wollen, sonst aber sehr aufgereimt viel
discourirete. Zum Exempel daß er von unserm Hotel nach der Duchesse d’Estre[unleserliches Material]
gefahren, um sie in ihrer tödtlichen Kranckheit zu besuchen, sie aber
in großer perplexcitaet darüber gefunden, daß sie gerne neue
große Spiegel-Fenster noch in ihr apartement haben wolle, gleich
wol aber nicht versichert sey, ob diese depense mit gutem Ge-
wißen geschehen könne.  Eben diese Ungewißheit habe sie wegen
ihres Schmucks und anderer Kostbarkeiten geäußert, indem sie einestheils
davor gehalten, daß alle diese Dinge den Armen zum Besten in
Geld verwandelt werden müsten, anderntheils aber sich doch auch noch doch
nicht resolviren konne, und also in dieser Ungewißheit eine Patien-
tin vorgestellet, welche mehr am Gemüt als am Leibe kranck sey.

Den 25 Februar

Besuchten wir früh den Marquis de Montbrun, um von seiner Ge-
mahlin
Befinden Nachricht zu haben, und wurden von ihm nachmittags
zum Duc de Bouillon bestellet, dahin wir uns denn auch zu ge-
setzter Zeit begaben, und weil man noch bey Tische saß, uns
gleichfals mit nieder setzten. Die Gesellschaft bestund außer
dem Duc und dem Marquis de Montbrun, in dem Duc de Valentinois
deßen andern Sohne dem Comte de Matignon, dem prince de Guise
und einem Abbé. Der Duc de Bouillon war seiner Gewohnheit
nach ungemein freundlich, und erzehlete discoursive, daß er einen
Zug schöne Pohlnische Pferde in Olau stehen gehabt, welche der König
von Preußen
weggenommen und dem General Kleist geschencket
habe zwar um deren Restitution auch so gar durch den frantzösischen
Gesandten in Berlin
anhalten laßen, aber eine sehr brusque
Antwort bekommen, wie denn auch seine übrigen in Olau gehabten
meubles alle Preiß gegeben worden. Uber welches alles denn [unleserliches Material]
zwar nicht zur avantage des Königs weitläuffig raisoniret
wurde. Nach aufgehobener Tafel praesentirte uns der Marquis de
Montbrun
an den Duc de Valentinois und prince de Guise, wel-
cher letztere Illustrissimum embrassirte und ziemlich vernehmlich teutsch
zu sprechen wuste, der Duc de Valentinois aber invitirte uns so
fort sehr freundlich auf morgen zu sich zum Mittags-Eßen.
Die Duchesse de Tremouille fand sich auch ein, und wurde die Zeit theils
mit Schöpfung frischer Luft auf dem nach der Seine zugehenden
großen Balcon, theils mit allerhand Gesprächen und Besichtigungen
einiger Mahlereyen zugebracht. Wie denn auch der Marquis de Mont-
brun
en achon de grace wegen seiner beym Leben erhaltenen
Gemahlin von dem Balcon herunter reichlich Allmosen unter die
Armen austheilete. Abends bey unsrer Retour ins Quartier
fanden wir eine Charte, besage davon 1) der Printz von Schwartz-
burg
zum Abschiednehmen bey uns gewesen, und wir 2) von denen
Printzen von Heßen auf morgen zum Mittags-Eßen
eingeladen worden.

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[0183] u. ihn absteigen laßen wollen, sonst aber sehr aufgereimt viel discourirete. Z.E. daß er von unserm Hotel nach der Duchesse d’Estre_ gefahren, um sie in ihrer tödtlichen Kranckheit zu besuchen, sie aber in großer perplexcitaet darüber gefunden, daß sie gerne neue große Spiegel-Fenster noch in ihr apartement haben wolle, gleich wol aber nicht versichert sey, ob diese depense mit gutem Ge- wißen geschehen könne.  Eben diese Ungewißheit habe sie wegen ihres Schmucks u. anderer Kostbarkeiten geäußert, indem sie einestheils davor gehalten, daß alle diese Dinge den Armen zum Besten in Geld verwandelt werden müsten, anderntheils aber sich doch auch doch nicht resolviren konne, u. also in dieser Ungewißheit eine Patien- tin vorgestellet, welche mehr am Gemüt als am Leibe kranck sey. Den 25 Febr. Besuchten wir früh den Marquis de Montbrun, um von seiner Ge- mahlin Befinden Nachricht zu haben, u. wurden von ihm nachmittags zum Duc de Bouillon bestellet, dahin wir uns denn auch zu ge- setzter Zeit begaben, u. weil man noch bey Tische saß, uns gleichfals mit nieder setzten. Die Gesellschaft bestund außer dem Duc u. dem Marquis de Montbrun, in dem Duc de Valentinois deßen andern Sohne dem Comte de Matignon, dem prince de Guise u. einem Abbé. Der Duc de Bouillon war seiner Gewohnheit nach ungemein freundlich, u erzehlete discoursive, daß er einen Zug schöne Pohlnil: Pferde in Olau stehen gehabt, welche der König von Preußen weggenommen u. dem General Kleist geschencket habe zwar um deren Restitution auch so gar durch den frantzöl: Gesandten in Berlin anhalten laßen, aber eine sehr brusque Antwort bekommen, wie denn auch seine übrigen in Olau gehabten meubles alle Preiß gegeben worden. Uber welches alles denn _ zwar nicht zur avantage des Königs weitläuffig raisoniret wurde. Nach aufgehobener Tafel praesentirte uns der Marquis de Montbrun an den Duc de Valentinois u. prince de Guise, wel- cher letztere Illmum embrassirte und ziemlich vernehmlich teutsch zu sprechen wuste, der Duc de Valentinois aber invitirte uns so fort sehr freundlich auf morgen zu sich zum Mittags-Eßen. Die Duchesse de Tremouille fand sich auch ein, u. wurde die Zeit theils mit Schöpfung frischer Luft auf dem nach der Seine zugehenden großen Balcon, theils mit allerhand Gesprächen u. Besichtigungen einiger Mahlereyen zugebracht. Wie denn auch der Marquis de Mont- brun en achon de grace wegen seiner beym Leben erhaltenen Gemahlin von dem Balcon herunter reichlich Allmosen unter die Armen austheilete. Abends bey unsrer Retour ins Quartier fanden wir eine Charte, besage davon 1) der Printz von Schwartz- burg zum Abschiednehmen bey uns gewesen, u. wir 2) von denen Printzen von Heßen auf morgen zum Mittags-Eßen eingeladen worden.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/183>, abgerufen am 21.11.2024.