[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.Tag! da meine Gebeine zu den deinen werden E
Tag! da meine Gebeine zu den deinen werden E
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0070" n="65"/> Tag! da meine Gebeine zu den deinen werden<lb/> hingelegt werden; vielleicht führt ihn die kom-<lb/> mende Nacht herbey! O! ich ſeh es mit Luſt, wie<lb/> mein grauer Bart ſchneeweiſs über meine Bruſt<lb/> herunter wallt; ein herrliches Merkmal der Güte<lb/> der Götter! Ja ſpiele mit dem weiſſen Haar auf<lb/> meiner Bruſt, du kleiner Zephir, der du mich<lb/> umhüpfeſt, er iſt es ſo werth, als das goldne Haar<lb/> des frohen Jünglings und die braunen Loken am<lb/> Naken des aufblühenden Mädchens. O dieſer<lb/> Tag ſoll mir ein Tag der Freude ſeyn! ich will<lb/> meine Kinder um mich her ſammeln, bis auf den<lb/> kleinen ſtammelnden Enkel, und will den Göttern<lb/> opfern; hier vor meiner Hütte ſey der Altar; ich<lb/> will mein kahles Haupt umkränzen, und mein<lb/> ſchwacher Arm ſoll die Leyer nehmen, und dann<lb/> wollen wir, ich und meine Kinder, um den Al-<lb/> tar her Loblieder ſingen; dann will ich Blumen<lb/> über meine Tafel ſtreuen, und unter frohen Ge-<lb/> ſprächen das Opferfleiſch eſſen. So ſprach Pale-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [65/0070]
Tag! da meine Gebeine zu den deinen werden
hingelegt werden; vielleicht führt ihn die kom-
mende Nacht herbey! O! ich ſeh es mit Luſt, wie
mein grauer Bart ſchneeweiſs über meine Bruſt
herunter wallt; ein herrliches Merkmal der Güte
der Götter! Ja ſpiele mit dem weiſſen Haar auf
meiner Bruſt, du kleiner Zephir, der du mich
umhüpfeſt, er iſt es ſo werth, als das goldne Haar
des frohen Jünglings und die braunen Loken am
Naken des aufblühenden Mädchens. O dieſer
Tag ſoll mir ein Tag der Freude ſeyn! ich will
meine Kinder um mich her ſammeln, bis auf den
kleinen ſtammelnden Enkel, und will den Göttern
opfern; hier vor meiner Hütte ſey der Altar; ich
will mein kahles Haupt umkränzen, und mein
ſchwacher Arm ſoll die Leyer nehmen, und dann
wollen wir, ich und meine Kinder, um den Al-
tar her Loblieder ſingen; dann will ich Blumen
über meine Tafel ſtreuen, und unter frohen Ge-
ſprächen das Opferfleiſch eſſen. So ſprach Pale-
E
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