nen Grotten sich wölbt, und wie die Brombeer- Staude mit schwarzer Frucht um mich her kriecht, und wie der Hambutten-Strauch die rothen Bee- ren empor trägt, und wie die Apfelbäume voll Früchte stehn, von der kriechenden Reb' um- schlungen. O Chloe! diss alles ist mein! wer wünschet sich mehr? Aber ach! wenn du mich nicht liebest, dann umhüllt ein dichter Nebel die ganze Gegend. O Chloe, liebe mich! Hier wol- len wir dann ins weiche Gras uns lagern, wenn Ziegen an der felsichten Seite klettern, und die Schafe und die Rinder um uns her im hohen Grase watten; dann wollen wir über das weit ausgebreitete Thal hinsehn, ins glänzende Meer, wo die Tritonen hüpfen und wo Phöbus von sei- nem Wagen steigt, und singen, dass es weit um- her in den Felsen wiedertönt, dass Nymphen still stehn und horchen, und die Ziegenfüssigten Wald- Götter.
So sang Milon der Hirt auf dem Felsen, als
nen Grotten ſich wölbt, und wie die Brombeer- Staude mit ſchwarzer Frucht um mich her kriecht, und wie der Hambutten-Strauch die rothen Bee- ren empor trägt, und wie die Apfelbäume voll Früchte ſtehn, von der kriechenden Reb’ um- ſchlungen. O Chloe! diſs alles iſt mein! wer wünſchet ſich mehr? Aber ach! wenn du mich nicht liebeſt, dann umhüllt ein dichter Nebel die ganze Gegend. O Chloe, liebe mich! Hier wol- len wir dann ins weiche Gras uns lagern, wenn Ziegen an der felſichten Seite klettern, und die Schafe und die Rinder um uns her im hohen Graſe watten; dann wollen wir über das weit ausgebreitete Thal hinſehn, ins glänzende Meer, wo die Tritonen hüpfen und wo Phöbus von ſei- nem Wagen ſteigt, und ſingen, daſs es weit um- her in den Felſen wiedertönt, daſs Nymphen ſtill ſtehn und horchen, und die Ziegenfüſſigten Wald- Götter.
So ſang Milon der Hirt auf dem Felſen, als
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nen Grotten ſich wölbt, und wie die Brombeer-
Staude mit ſchwarzer Frucht um mich her kriecht,
und wie der Hambutten-Strauch die rothen Bee-
ren empor trägt, und wie die Apfelbäume voll
Früchte ſtehn, von der kriechenden Reb’ um-
ſchlungen. O Chloe! diſs alles iſt mein! wer
wünſchet ſich mehr? Aber ach! wenn du mich
nicht liebeſt, dann umhüllt ein dichter Nebel die
ganze Gegend. O Chloe, liebe mich! Hier wol-
len wir dann ins weiche Gras uns lagern, wenn
Ziegen an der felſichten Seite klettern, und die
Schafe und die Rinder um uns her im hohen
Graſe watten; dann wollen wir über das weit
ausgebreitete Thal hinſehn, ins glänzende Meer,
wo die Tritonen hüpfen und wo Phöbus von ſei-
nem Wagen ſteigt, und ſingen, daſs es weit um-
her in den Felſen wiedertönt, daſs Nymphen ſtill
ſtehn und horchen, und die Ziegenfüſſigten Wald-
Götter.
So ſang Milon der Hirt auf dem Felſen, als
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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/23>, abgerufen am 05.07.2024.
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