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[Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 2. Leipzig, 1740.

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Fortgesetzter Versuch eines
aufzutragen und zu glätten. Ja ich glaube gar,
daß diese Kunst gäntzlich verlohren gegangen. Ver-
muthlich weil sie in neuern Zeiten nicht so gut mehr
bezahlt worden, als in den älteren. Und worzu
war es auch nöthig so viel Kosten darauf zu ver-
wenden, da man die Grossen theils gegossene, theils
in Holtz geschnittene Buchstaben erfunden hat?
Jnsgemein giebt man Peter Schöfern vor den
Erfinder an. Man wird ihm auch diese Ehre nicht
streitig machen können, indem er sich derselben in
seinen gedruckten Büchern zuerst bedienet hat. Heut
zu Tage hat man diese Anfangsbuchstaben derge-
stalt auszuziehren angefangen, daß sie den Augen
zur Belustigung allerdings dienen können. Man
läßt sie in Kupfer stechen, sie werden gegossen, und
auch in Holtz geschnitten. Die letztere Art ist ver-
schiedener Ursachen wegen die bequemste. Proben
davon trift man in den meisten allhier zu Leipzig
gedruckten Schrifften an. Auch bey uns, in ge-
genwärtigen Blättern, wird man einige sehen kön-
nen, so viel wir derselbigen haben anbringen können.

Anfeuchten, muß der Setzer die Schrifft, ingleichen
der Drucker die Ballen und den Deckel, wenn solche
zu hart. Dieses Wort wird aber auch als ein Spaß
einem Cornuten zugeeignet, wenn man zu ihm sa-
get: er soll anfeuchten und seinen neben ihn stehen-
den Gesellen eine Ehre erweisen, nach der Alten
ihren Vers

Weil man die Schrifften und Pappier alles wohl
feucht muß haben,
So pflegen auch mit Wein und Bier, die Gesel-
len sich zu laben.

Antiqvaschrift, heißt diejenige Art von Lateinischen

Schrif-

Fortgeſetzter Verſuch eines
aufzutragen und zu glaͤtten. Ja ich glaube gar,
daß dieſe Kunſt gaͤntzlich verlohren gegangen. Ver-
muthlich weil ſie in neuern Zeiten nicht ſo gut mehr
bezahlt worden, als in den aͤlteren. Und worzu
war es auch noͤthig ſo viel Koſten darauf zu ver-
wenden, da man die Groſſen theils gegoſſene, theils
in Holtz geſchnittene Buchſtaben erfunden hat?
Jnsgemein giebt man Peter Schoͤfern vor den
Erfinder an. Man wird ihm auch dieſe Ehre nicht
ſtreitig machen koͤnnen, indem er ſich derſelben in
ſeinen gedruckten Buͤchern zuerſt bedienet hat. Heut
zu Tage hat man dieſe Anfangsbuchſtaben derge-
ſtalt auszuziehren angefangen, daß ſie den Augen
zur Beluſtigung allerdings dienen koͤnnen. Man
laͤßt ſie in Kupfer ſtechen, ſie werden gegoſſen, und
auch in Holtz geſchnitten. Die letztere Art iſt ver-
ſchiedener Urſachen wegen die bequemſte. Proben
davon trift man in den meiſten allhier zu Leipzig
gedruckten Schrifften an. Auch bey uns, in ge-
genwaͤrtigen Blaͤttern, wird man einige ſehen koͤn-
nen, ſo viel wir derſelbigen haben anbringen koͤnnen.

Anfeuchten, muß der Setzer die Schrifft, ingleichen
der Drucker die Ballen und den Deckel, wenn ſolche
zu hart. Dieſes Wort wird aber auch als ein Spaß
einem Cornuten zugeeignet, wenn man zu ihm ſa-
get: er ſoll anfeuchten und ſeinen neben ihn ſtehen-
den Geſellen eine Ehre erweiſen, nach der Alten
ihren Vers

Weil man die Schrifften und Pappier alles wohl
feucht muß haben,
So pflegen auch mit Wein und Bier, die Geſel-
len ſich zu laben.

Antiqvaſchrift, heißt diejenige Art von Lateiniſchen

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[192/0278] Fortgeſetzter Verſuch eines aufzutragen und zu glaͤtten. Ja ich glaube gar, daß dieſe Kunſt gaͤntzlich verlohren gegangen. Ver- muthlich weil ſie in neuern Zeiten nicht ſo gut mehr bezahlt worden, als in den aͤlteren. Und worzu war es auch noͤthig ſo viel Koſten darauf zu ver- wenden, da man die Groſſen theils gegoſſene, theils in Holtz geſchnittene Buchſtaben erfunden hat? Jnsgemein giebt man Peter Schoͤfern vor den Erfinder an. Man wird ihm auch dieſe Ehre nicht ſtreitig machen koͤnnen, indem er ſich derſelben in ſeinen gedruckten Buͤchern zuerſt bedienet hat. Heut zu Tage hat man dieſe Anfangsbuchſtaben derge- ſtalt auszuziehren angefangen, daß ſie den Augen zur Beluſtigung allerdings dienen koͤnnen. Man laͤßt ſie in Kupfer ſtechen, ſie werden gegoſſen, und auch in Holtz geſchnitten. Die letztere Art iſt ver- ſchiedener Urſachen wegen die bequemſte. Proben davon trift man in den meiſten allhier zu Leipzig gedruckten Schrifften an. Auch bey uns, in ge- genwaͤrtigen Blaͤttern, wird man einige ſehen koͤn- nen, ſo viel wir derſelbigen haben anbringen koͤnnen. Anfeuchten, muß der Setzer die Schrifft, ingleichen der Drucker die Ballen und den Deckel, wenn ſolche zu hart. Dieſes Wort wird aber auch als ein Spaß einem Cornuten zugeeignet, wenn man zu ihm ſa- get: er ſoll anfeuchten und ſeinen neben ihn ſtehen- den Geſellen eine Ehre erweiſen, nach der Alten ihren Vers Weil man die Schrifften und Pappier alles wohl feucht muß haben, So pflegen auch mit Wein und Bier, die Geſel- len ſich zu laben. Antiqvaſchrift, heißt diejenige Art von Lateiniſchen Schrif-

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Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 2. Leipzig, 1740, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst02_1740/278>, abgerufen am 22.11.2024.