Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 2. Leipzig, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Kurtzgefaßte Nachricht,
Exulat officio deses; aerugine marcet,
et patitur ferri vincula si liber est.
Ast hinc liber erit, quem Musis mancipat autor,
ni perimat captum semper anhela sitis.
Nam madidus labor est, vario sudore parandus.
Torcular siccum, quam gemit! audin'omen.

Der stumme Dollmetsch schweigt, ins düstre Fach
gelegt:
Und in der schwartzen Form kan er so trefflich reden:
Den, wenn er ohne Dienst, der Rost gleich will er-
tödten,
Und dessen Freyheit man in Eisen-Bande schlägt.
So wird ein freyes Buch den Musen eingeweyht,
Wenn nicht der Durst den angefesselten verletzet.
Die Arbeit ist gar feucht, und will wol seyn genetzet.
Wie girrt die trockne Preß! Hörst du, was es be-
deut?

Dieses ist eine Beschreibung des Schrifft-Kastens
in der Endterischen Officin. Ein Buchstabe der nicht
gebrauchet wird, heisset mutus interpres, ein stum-
mer Dollmetsch, welcher in atrato tramite mit Hülfe
des Winkelhackens in Zeile gesetzet, vel vinculo fer-
reo,
und in die Form geschlossen, redet: wenn viele
solche Buchstaben zusammen gesetzet werden, so wird
ein Buch daraus; es sey denn, daß die Buchstaben,
wo das Papier nicht angefeuchtet worden, nicht leser-
lich heraus kommen. Dahero in Druckereyen das
Sprüchwort üblich ist:

Wenn die Geselln nicht täglich netzn,
So können sie noch druckn noch setzn.

Die jetzo noch in größtem Flohr stehende Endterische
Officin stammet von diesem Endter her, und hat selbige,
nach dessen Tod von A. 1660. biß 1674. geführet

Chri-
Kurtzgefaßte Nachricht,
Exulat officio deſes; aerugine marcet,
et patitur ferri vincula ſi liber eſt.
Aſt hinc liber erit, quem Muſis mancipat autor,
ni perimat captum ſemper anhela ſitis.
Nam madidus labor eſt, vario ſudore parandus.
Torcular ſiccum, quam gemit! audin’omen.

Der ſtumme Dollmetſch ſchweigt, ins duͤſtre Fach
gelegt:
Und in der ſchwartzen Form kan er ſo trefflich reden:
Den, wenn er ohne Dienſt, der Roſt gleich will er-
toͤdten,
Und deſſen Freyheit man in Eiſen-Bande ſchlaͤgt.
So wird ein freyes Buch den Muſen eingeweyht,
Wenn nicht der Durſt den angefeſſelten verletzet.
Die Arbeit iſt gar feucht, und will wol ſeyn genetzet.
Wie girrt die trockne Preß! Hoͤrſt du, was es be-
deut?

Dieſes iſt eine Beſchreibung des Schrifft-Kaſtens
in der Endteriſchen Officin. Ein Buchſtabe der nicht
gebrauchet wird, heiſſet mutus interpres, ein ſtum-
mer Dollmetſch, welcher in atrato tramite mit Huͤlfe
des Winkelhackens in Zeile geſetzet, vel vinculo fer-
reo,
und in die Form geſchloſſen, redet: wenn viele
ſolche Buchſtaben zuſammen geſetzet werden, ſo wird
ein Buch daraus; es ſey denn, daß die Buchſtaben,
wo das Papier nicht angefeuchtet worden, nicht leſer-
lich heraus kommen. Dahero in Druckereyen das
Spruͤchwort uͤblich iſt:

Wenn die Geſelln nicht taͤglich netzn,
So koͤnnen ſie noch druckn noch ſetzn.

Die jetzo noch in groͤßtem Flohr ſtehende Endteriſche
Officin ſtammet von dieſem Endter her, und hat ſelbige,
nach deſſen Tod von A. 1660. biß 1674. gefuͤhret

Chri-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <cit>
            <quote>
              <pb facs="#f0146" n="94"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Kurtzgefaßte Nachricht,</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#aq">Exulat officio de&#x017F;es; aerugine marcet,<lb/><hi rendition="#et">et patitur ferri vincula &#x017F;i liber e&#x017F;t.</hi><lb/>
A&#x017F;t hinc liber erit, quem Mu&#x017F;is mancipat autor,<lb/><hi rendition="#et">ni perimat captum &#x017F;emper anhela &#x017F;itis.</hi><lb/>
Nam madidus labor e&#x017F;t, vario &#x017F;udore parandus.<lb/><hi rendition="#et">Torcular &#x017F;iccum, quam gemit! audin&#x2019;omen.</hi></hi><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Der &#x017F;tumme Dollmet&#x017F;ch &#x017F;chweigt, ins du&#x0364;&#x017F;tre Fach</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gelegt:</hi> </l><lb/>
                <l>Und in der &#x017F;chwartzen Form kan er &#x017F;o trefflich reden:</l><lb/>
                <l>Den, wenn er ohne Dien&#x017F;t, der Ro&#x017F;t gleich will er-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">to&#x0364;dten,</hi> </l><lb/>
                <l>Und de&#x017F;&#x017F;en Freyheit man in Ei&#x017F;en-Bande &#x017F;chla&#x0364;gt.</l><lb/>
                <l>So wird ein freyes Buch den Mu&#x017F;en eingeweyht,</l><lb/>
                <l>Wenn nicht der Dur&#x017F;t den angefe&#x017F;&#x017F;elten verletzet.</l><lb/>
                <l>Die Arbeit i&#x017F;t gar feucht, und will wol &#x017F;eyn genetzet.</l><lb/>
                <l>Wie girrt die trockne Preß! Ho&#x0364;r&#x017F;t du, was es be-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">deut?</hi> </l>
              </lg>
            </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Die&#x017F;es i&#x017F;t eine Be&#x017F;chreibung des Schrifft-Ka&#x017F;tens<lb/>
in der Endteri&#x017F;chen Officin. Ein Buch&#x017F;tabe der nicht<lb/>
gebrauchet wird, hei&#x017F;&#x017F;et <hi rendition="#aq">mutus interpres,</hi> ein &#x017F;tum-<lb/>
mer Dollmet&#x017F;ch, welcher in <hi rendition="#aq">atrato tramite</hi> mit Hu&#x0364;lfe<lb/>
des Winkelhackens in Zeile ge&#x017F;etzet, <hi rendition="#aq">vel vinculo fer-<lb/>
reo,</hi> und in die Form ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, redet: wenn viele<lb/>
&#x017F;olche Buch&#x017F;taben zu&#x017F;ammen ge&#x017F;etzet werden, &#x017F;o wird<lb/>
ein Buch daraus; es &#x017F;ey denn, daß die Buch&#x017F;taben,<lb/>
wo das Papier nicht angefeuchtet worden, nicht le&#x017F;er-<lb/>
lich heraus kommen. Dahero in Druckereyen das<lb/>
Spru&#x0364;chwort u&#x0364;blich i&#x017F;t:</p><lb/>
          <cit>
            <quote>
              <lg type="poem">
                <l> <hi rendition="#fr">Wenn die Ge&#x017F;elln nicht ta&#x0364;glich netzn,</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#fr">So ko&#x0364;nnen &#x017F;ie noch druckn noch &#x017F;etzn.</hi> </l>
              </lg>
            </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Die jetzo noch in gro&#x0364;ßtem Flohr &#x017F;tehende Endteri&#x017F;che<lb/>
Officin &#x017F;tammet von die&#x017F;em Endter her, und hat &#x017F;elbige,<lb/>
nach de&#x017F;&#x017F;en Tod von A. 1660. biß 1674. gefu&#x0364;hret<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Chri-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0146] Kurtzgefaßte Nachricht, Exulat officio deſes; aerugine marcet, et patitur ferri vincula ſi liber eſt. Aſt hinc liber erit, quem Muſis mancipat autor, ni perimat captum ſemper anhela ſitis. Nam madidus labor eſt, vario ſudore parandus. Torcular ſiccum, quam gemit! audin’omen. Der ſtumme Dollmetſch ſchweigt, ins duͤſtre Fach gelegt: Und in der ſchwartzen Form kan er ſo trefflich reden: Den, wenn er ohne Dienſt, der Roſt gleich will er- toͤdten, Und deſſen Freyheit man in Eiſen-Bande ſchlaͤgt. So wird ein freyes Buch den Muſen eingeweyht, Wenn nicht der Durſt den angefeſſelten verletzet. Die Arbeit iſt gar feucht, und will wol ſeyn genetzet. Wie girrt die trockne Preß! Hoͤrſt du, was es be- deut? Dieſes iſt eine Beſchreibung des Schrifft-Kaſtens in der Endteriſchen Officin. Ein Buchſtabe der nicht gebrauchet wird, heiſſet mutus interpres, ein ſtum- mer Dollmetſch, welcher in atrato tramite mit Huͤlfe des Winkelhackens in Zeile geſetzet, vel vinculo fer- reo, und in die Form geſchloſſen, redet: wenn viele ſolche Buchſtaben zuſammen geſetzet werden, ſo wird ein Buch daraus; es ſey denn, daß die Buchſtaben, wo das Papier nicht angefeuchtet worden, nicht leſer- lich heraus kommen. Dahero in Druckereyen das Spruͤchwort uͤblich iſt: Wenn die Geſelln nicht taͤglich netzn, So koͤnnen ſie noch druckn noch ſetzn. Die jetzo noch in groͤßtem Flohr ſtehende Endteriſche Officin ſtammet von dieſem Endter her, und hat ſelbige, nach deſſen Tod von A. 1660. biß 1674. gefuͤhret Chri-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst02_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst02_1740/146
Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 2. Leipzig, 1740, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst02_1740/146>, abgerufen am 19.05.2024.