Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Deposition.


Cornutus.
Leget sein Bekänntniß ab, welches wir bereits
oben p. 166. angeführt, worauf ihm der Lehrmei-
ster
allerhand nützliche Lebensregeln vorschreibt,
entweder in Versen, oder in Prosa. Will man
eine Formel in Versen lesen, so kan man selbige bey
Risten l. c. p. 38. nachsehen. Man bedienet sich
aber solcher nicht allemahl mehr, weil sie etwas hart
klinget, sondern ein jeder Lehrmeister schreibt ihm
nach seiner Willkühr etliche vor, deren Jnnhalt
etwa also lauten mögte:

1. Die erste und vornehmste Regel ist: Die wah-
re Gottesfurcht sey der Grund und Zweck eures
gantzen Thuns und Lebens.
2. Was ihr wollet, daß euch andere thun sollen,
das thut ihr ihnen auch.
3. Die Ehre und das Aufnehmen der edlen Buch-
druckerkunst setzet niemals aus den Augen.
4. Um deßwillen befleißiget euch täglich in der Er-
känntniß und Wissenschaft dieser Kunst zuzu-
nehmen, und glaubet nicht, daß ihr es in eurem
Wissen schon so hoch gebracht habt, daß ihr
nichts mehr bedürfet.
5. Was ihr Gutes gelernet und erkannt habt, das
bringet hernach mit aller Treue und Aufrichtig-
keit zu Wercke.
6. Wisset, daß ihr eure Kunst nicht so wohl darum
gelernet habt, daß ihr dadurch nunmehr euer
Brodt verdienen könnet; sondern dazu seyd ihr
eigentlich darinne unterrichtet worden, daß ihr
GOtt und dem gemeinen Wesen damit dienen
sollet.
7. Wenn
Depoſition.


Cornutus.
Leget ſein Bekaͤnntniß ab, welches wir bereits
oben p. 166. angefuͤhrt, worauf ihm der Lehrmei-
ſter
allerhand nuͤtzliche Lebensregeln vorſchreibt,
entweder in Verſen, oder in Proſa. Will man
eine Formel in Verſen leſen, ſo kan man ſelbige bey
Riſten l. c. p. 38. nachſehen. Man bedienet ſich
aber ſolcher nicht allemahl mehr, weil ſie etwas hart
klinget, ſondern ein jeder Lehrmeiſter ſchreibt ihm
nach ſeiner Willkuͤhr etliche vor, deren Jnnhalt
etwa alſo lauten moͤgte:

1. Die erſte und vornehmſte Regel iſt: Die wah-
re Gottesfurcht ſey der Grund und Zweck eures
gantzen Thuns und Lebens.
2. Was ihr wollet, daß euch andere thun ſollen,
das thut ihr ihnen auch.
3. Die Ehre und das Aufnehmen der edlen Buch-
druckerkunſt ſetzet niemals aus den Augen.
4. Um deßwillen befleißiget euch taͤglich in der Er-
kaͤnntniß und Wiſſenſchaft dieſer Kunſt zuzu-
nehmen, und glaubet nicht, daß ihr es in eurem
Wiſſen ſchon ſo hoch gebracht habt, daß ihr
nichts mehr beduͤrfet.
5. Was ihr Gutes gelernet und erkannt habt, das
bringet hernach mit aller Treue und Aufrichtig-
keit zu Wercke.
6. Wiſſet, daß ihr eure Kunſt nicht ſo wohl darum
gelernet habt, daß ihr dadurch nunmehr euer
Brodt verdienen koͤnnet; ſondern dazu ſeyd ihr
eigentlich darinne unterrichtet worden, daß ihr
GOtt und dem gemeinen Weſen damit dienen
ſollet.
7. Wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0440" n="187"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Depo&#x017F;ition.</hi> </fw>
          <p><lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b"><hi rendition="#fr">Cornutus.</hi></hi></hi><lb/>
Leget &#x017F;ein Beka&#x0364;nntniß ab, welches wir bereits<lb/>
oben <hi rendition="#aq">p.</hi> 166. angefu&#x0364;hrt, worauf ihm der <hi rendition="#fr">Lehrmei-<lb/>
&#x017F;ter</hi> allerhand nu&#x0364;tzliche Lebensregeln vor&#x017F;chreibt,<lb/>
entweder in Ver&#x017F;en, oder in Pro&#x017F;a. Will man<lb/>
eine Formel in Ver&#x017F;en le&#x017F;en, &#x017F;o kan man &#x017F;elbige bey<lb/><hi rendition="#fr">Ri&#x017F;ten</hi> <hi rendition="#aq">l. c. p.</hi> 38. nach&#x017F;ehen. Man bedienet &#x017F;ich<lb/>
aber &#x017F;olcher nicht allemahl mehr, weil &#x017F;ie etwas hart<lb/>
klinget, &#x017F;ondern ein jeder Lehrmei&#x017F;ter &#x017F;chreibt ihm<lb/>
nach &#x017F;einer Willku&#x0364;hr etliche vor, deren Jnnhalt<lb/>
etwa al&#x017F;o lauten mo&#x0364;gte:</p><lb/>
          <list>
            <item>1. Die er&#x017F;te und vornehm&#x017F;te Regel i&#x017F;t: Die wah-<lb/>
re Gottesfurcht &#x017F;ey der Grund und Zweck eures<lb/>
gantzen Thuns und Lebens.</item><lb/>
            <item>2. Was ihr wollet, daß euch andere thun &#x017F;ollen,<lb/>
das thut ihr ihnen auch.</item><lb/>
            <item>3. Die Ehre und das Aufnehmen der edlen Buch-<lb/>
druckerkun&#x017F;t &#x017F;etzet niemals aus den Augen.</item><lb/>
            <item>4. Um deßwillen befleißiget euch ta&#x0364;glich in der Er-<lb/>
ka&#x0364;nntniß und Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft die&#x017F;er Kun&#x017F;t zuzu-<lb/>
nehmen, und glaubet nicht, daß ihr es in eurem<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chon &#x017F;o hoch gebracht habt, daß ihr<lb/>
nichts mehr bedu&#x0364;rfet.</item><lb/>
            <item>5. Was ihr Gutes gelernet und erkannt habt, das<lb/>
bringet hernach mit aller Treue und Aufrichtig-<lb/>
keit zu Wercke.</item><lb/>
            <item>6. Wi&#x017F;&#x017F;et, daß ihr eure Kun&#x017F;t nicht &#x017F;o wohl darum<lb/>
gelernet habt, daß ihr dadurch nunmehr euer<lb/>
Brodt verdienen ko&#x0364;nnet; &#x017F;ondern dazu &#x017F;eyd ihr<lb/>
eigentlich darinne unterrichtet worden, daß ihr<lb/>
GOtt und dem gemeinen We&#x017F;en damit dienen<lb/>
&#x017F;ollet.</item>
          </list><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">7. Wenn</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0440] Depoſition. Cornutus. Leget ſein Bekaͤnntniß ab, welches wir bereits oben p. 166. angefuͤhrt, worauf ihm der Lehrmei- ſter allerhand nuͤtzliche Lebensregeln vorſchreibt, entweder in Verſen, oder in Proſa. Will man eine Formel in Verſen leſen, ſo kan man ſelbige bey Riſten l. c. p. 38. nachſehen. Man bedienet ſich aber ſolcher nicht allemahl mehr, weil ſie etwas hart klinget, ſondern ein jeder Lehrmeiſter ſchreibt ihm nach ſeiner Willkuͤhr etliche vor, deren Jnnhalt etwa alſo lauten moͤgte: 1. Die erſte und vornehmſte Regel iſt: Die wah- re Gottesfurcht ſey der Grund und Zweck eures gantzen Thuns und Lebens. 2. Was ihr wollet, daß euch andere thun ſollen, das thut ihr ihnen auch. 3. Die Ehre und das Aufnehmen der edlen Buch- druckerkunſt ſetzet niemals aus den Augen. 4. Um deßwillen befleißiget euch taͤglich in der Er- kaͤnntniß und Wiſſenſchaft dieſer Kunſt zuzu- nehmen, und glaubet nicht, daß ihr es in eurem Wiſſen ſchon ſo hoch gebracht habt, daß ihr nichts mehr beduͤrfet. 5. Was ihr Gutes gelernet und erkannt habt, das bringet hernach mit aller Treue und Aufrichtig- keit zu Wercke. 6. Wiſſet, daß ihr eure Kunſt nicht ſo wohl darum gelernet habt, daß ihr dadurch nunmehr euer Brodt verdienen koͤnnet; ſondern dazu ſeyd ihr eigentlich darinne unterrichtet worden, daß ihr GOtt und dem gemeinen Weſen damit dienen ſollet. 7. Wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/440
Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/440>, abgerufen am 20.05.2024.