Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

allen einzelnen Fällen beachtet und gehalten werden.
Und je verständiger und kräftiger diese disciplinarischen
Einrichtungen sind, desto leichter wird der Unterricht
von Statten gehen. Ja sein Zweck wird dann sicher
erreicht werden selbst bei unvollkommener oder fehler-
hafter Lehrmethode; wie davon Beispiele sind die
alten deutschen Schulen und die brittischen des gegen-
seitigen Unterrichts. Wiederum bei sehr vollkomm-
nem Lehrgeschick wird ohne disciplinarische Unterstü-
tzung der Lehrer doch nicht immer Lust und Ernst
in den Schülern erhalten können und dann selbst
wider seine Grundsätze
genöthigt sein die Milde
in Strenge, die Freiheit in Zwang zu verwandeln
um dem Muthwillen oder der Schlaffheit Trotz zu
bieten; ob er gleich das Recht dadurch verletzt und
die Gesinnung für dasselbe in sich und seinen Schü-
lern verwirrt; wie die traurigen Erfahrungen so vie-
ler jungen Lehrer beweisen.



Die bisher gewonnene Ueberzeugung wird bestä-
tigt, erhöht und erweitert werden, wenn wir noch
einmal nach dem Zweck der Schule fragen. Wir
können nämlich mit dem frühern Bescheid, daß sie
Lehranstalt sei, obgleich er richtig zu sein schien,
doch nicht ganz uns begnügen. Wir fragen: Warum
sind denn solche Anstalten? Warum verbringt das
Kind darin seine freundlichsten Lebensjahre und hat
seine erste Sorge und Mühe mit dem Lernen? Doch
nicht ohne einen andern Zweck geschieht das! Auch

allen einzelnen Faͤllen beachtet und gehalten werden.
Und je verſtaͤndiger und kraͤftiger dieſe diſciplinariſchen
Einrichtungen ſind, deſto leichter wird der Unterricht
von Statten gehen. Ja ſein Zweck wird dann ſicher
erreicht werden ſelbſt bei unvollkommener oder fehler-
hafter Lehrmethode; wie davon Beiſpiele ſind die
alten deutſchen Schulen und die brittiſchen des gegen-
ſeitigen Unterrichts. Wiederum bei ſehr vollkomm-
nem Lehrgeſchick wird ohne diſciplinariſche Unterſtuͤ-
tzung der Lehrer doch nicht immer Luſt und Ernſt
in den Schuͤlern erhalten koͤnnen und dann ſelbſt
wider ſeine Grundſaͤtze
genoͤthigt ſein die Milde
in Strenge, die Freiheit in Zwang zu verwandeln
um dem Muthwillen oder der Schlaffheit Trotz zu
bieten; ob er gleich das Recht dadurch verletzt und
die Geſinnung fuͤr daſſelbe in ſich und ſeinen Schuͤ-
lern verwirrt; wie die traurigen Erfahrungen ſo vie-
ler jungen Lehrer beweiſen.



Die bisher gewonnene Ueberzeugung wird beſtaͤ-
tigt, erhoͤht und erweitert werden, wenn wir noch
einmal nach dem Zweck der Schule fragen. Wir
koͤnnen naͤmlich mit dem fruͤhern Beſcheid, daß ſie
Lehranſtalt ſei, obgleich er richtig zu ſein ſchien,
doch nicht ganz uns begnuͤgen. Wir fragen: Warum
ſind denn ſolche Anſtalten? Warum verbringt das
Kind darin ſeine freundlichſten Lebensjahre und hat
ſeine erſte Sorge und Muͤhe mit dem Lernen? Doch
nicht ohne einen andern Zweck geſchieht das! Auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0019" n="11"/>
allen einzelnen Fa&#x0364;llen beachtet und gehalten werden.<lb/>
Und je ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger und kra&#x0364;ftiger die&#x017F;e di&#x017F;ciplinari&#x017F;chen<lb/>
Einrichtungen &#x017F;ind, de&#x017F;to leichter wird der Unterricht<lb/>
von Statten gehen. Ja &#x017F;ein Zweck wird dann &#x017F;icher<lb/>
erreicht werden &#x017F;elb&#x017F;t bei unvollkommener oder fehler-<lb/>
hafter Lehrmethode; wie davon Bei&#x017F;piele &#x017F;ind die<lb/>
alten deut&#x017F;chen Schulen und die britti&#x017F;chen des gegen-<lb/>
&#x017F;eitigen Unterrichts. Wiederum bei &#x017F;ehr vollkomm-<lb/>
nem Lehrge&#x017F;chick wird ohne di&#x017F;ciplinari&#x017F;che Unter&#x017F;tu&#x0364;-<lb/>
tzung der Lehrer doch nicht immer Lu&#x017F;t und Ern&#x017F;t<lb/>
in den Schu&#x0364;lern erhalten ko&#x0364;nnen und dann <hi rendition="#g">&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
wider &#x017F;eine Grund&#x017F;a&#x0364;tze</hi> geno&#x0364;thigt &#x017F;ein die Milde<lb/>
in Strenge, die Freiheit in Zwang zu verwandeln<lb/>
um dem Muthwillen oder der Schlaffheit Trotz zu<lb/>
bieten; ob er gleich das Recht dadurch verletzt und<lb/>
die Ge&#x017F;innung fu&#x0364;r da&#x017F;&#x017F;elbe in &#x017F;ich und &#x017F;einen Schu&#x0364;-<lb/>
lern verwirrt; wie die traurigen Erfahrungen &#x017F;o vie-<lb/>
ler jungen Lehrer bewei&#x017F;en.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Die bisher gewonnene Ueberzeugung wird be&#x017F;ta&#x0364;-<lb/>
tigt, erho&#x0364;ht und erweitert werden, wenn wir noch<lb/>
einmal nach dem Zweck der Schule fragen. Wir<lb/>
ko&#x0364;nnen na&#x0364;mlich mit dem fru&#x0364;hern Be&#x017F;cheid, daß &#x017F;ie<lb/>
Lehran&#x017F;talt &#x017F;ei, obgleich er richtig zu &#x017F;ein &#x017F;chien,<lb/>
doch nicht ganz uns begnu&#x0364;gen. Wir fragen: Warum<lb/>
&#x017F;ind denn &#x017F;olche An&#x017F;talten? Warum verbringt das<lb/>
Kind darin &#x017F;eine freundlich&#x017F;ten Lebensjahre und hat<lb/>
&#x017F;eine er&#x017F;te Sorge und Mu&#x0364;he mit dem Lernen? Doch<lb/>
nicht ohne einen andern Zweck ge&#x017F;chieht das! Auch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0019] allen einzelnen Faͤllen beachtet und gehalten werden. Und je verſtaͤndiger und kraͤftiger dieſe diſciplinariſchen Einrichtungen ſind, deſto leichter wird der Unterricht von Statten gehen. Ja ſein Zweck wird dann ſicher erreicht werden ſelbſt bei unvollkommener oder fehler- hafter Lehrmethode; wie davon Beiſpiele ſind die alten deutſchen Schulen und die brittiſchen des gegen- ſeitigen Unterrichts. Wiederum bei ſehr vollkomm- nem Lehrgeſchick wird ohne diſciplinariſche Unterſtuͤ- tzung der Lehrer doch nicht immer Luſt und Ernſt in den Schuͤlern erhalten koͤnnen und dann ſelbſt wider ſeine Grundſaͤtze genoͤthigt ſein die Milde in Strenge, die Freiheit in Zwang zu verwandeln um dem Muthwillen oder der Schlaffheit Trotz zu bieten; ob er gleich das Recht dadurch verletzt und die Geſinnung fuͤr daſſelbe in ſich und ſeinen Schuͤ- lern verwirrt; wie die traurigen Erfahrungen ſo vie- ler jungen Lehrer beweiſen. Die bisher gewonnene Ueberzeugung wird beſtaͤ- tigt, erhoͤht und erweitert werden, wenn wir noch einmal nach dem Zweck der Schule fragen. Wir koͤnnen naͤmlich mit dem fruͤhern Beſcheid, daß ſie Lehranſtalt ſei, obgleich er richtig zu ſein ſchien, doch nicht ganz uns begnuͤgen. Wir fragen: Warum ſind denn ſolche Anſtalten? Warum verbringt das Kind darin ſeine freundlichſten Lebensjahre und hat ſeine erſte Sorge und Muͤhe mit dem Lernen? Doch nicht ohne einen andern Zweck geſchieht das! Auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessert_schulzucht_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessert_schulzucht_1826/19
Zitationshilfe: Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessert_schulzucht_1826/19>, abgerufen am 03.12.2024.