Bei den Mühlsteinen in Prag, welche 31 bis 32 N. Oe. Zoll im Durchmesser haben, wurden ähnliche Beobachtungen angestellt: Bei den Neumühlen, in der Mühle des Herrn Hlawsa fand man bei den ersten vier Gängen den Durchmesser der reibenden Fläche der Mühlsteine = 32 N. Oe. Zoll und im Mittel 252 Umläufe in 1 Minute. Hier- aus folgt die Geschwindigkeit der Mühlsteine an ihrem Umfange =
[Formel 1]
= 35,2 Fuss. In der Mühle des Herrn Wiskoczil am linken Moldau- ufer war der Durchmesser der reibenden Fläche der Mühlsteine = 31 Zoll und die An- zahl der Umläufe in 1 Minute im Mittel = 237,8, woraus nun wieder die Geschwindig- keit am Umfange =
[Formel 2]
= 32,2 Fuss folgt. Die Ursache dieser schnellern Bewegung der Mühlsteine liegt darin, dass das Getreide bei der hierortigen Mahlme- thode 5 bis 6 mal aufgeschüttet, hierbei die Steine weiter auseinander gestellt und das Getreide nicht viel angegriffen wird, folglich auch dieselbe Erhitzung wie bei einer nä- hern Stellung der Steine nicht zu befürchten ist.
Beispiel. Wir wollen nun annehmen, dass die für die Mühle gesetzlich bestimmte Fig. 9. Tab. 56.Höhe der Wehrschwelle oder des Wehrrückens über der Hauptschwelle des Mühlgerinnes 4 Fuss betrage. Daraus folgt die Geschwindigkeit des zufliessenden Wassers c =
[Formel 3]
= 15,748 Fuss, demnach ist die vortheilhafteste Geschwindigkeit der Rad- schaufeln v = 7,87 Fuss. Nach den angeführten Beobachtungen wird ein gutes Mehl nur in dem Falle erzeugt, wenn die Mühlsteine an dem Orte ihres grössten Angriffs eine Geschwindigkeit von 12 bis höchstens 15 Fuss (= C') besitzen. Setzen wir demnach den Halbmesser eines französischen Mühlsteines nach Belidor = 3 Fuss, so wird für die Zer- reibung des Getreides im Schwerpunkte nur der Halbmesser von 2 Fuss (= r') in Rech- nung zu nehmen seyn. Der Halbmesser des Wasserrades sey R = 9 Fuss; wird nun an die Welle dieses Wasserrades ein Kammrad gesetzt, dessen Halbmesser bis zum Angriffs- punkte wir y nennen wollen, so wird die Geschwindigkeit der Kämme = v ·
[Formel 4]
seyn.
Geschwindigkeit der Mühlsteine.
[Tabelle]
Bei den Mühlsteinen in Prag, welche 31 bis 32 N. Oe. Zoll im Durchmesser haben, wurden ähnliche Beobachtungen angestellt: Bei den Neumühlen, in der Mühle des Herrn Hlawsa fand man bei den ersten vier Gängen den Durchmesser der reibenden Fläche der Mühlsteine = 32 N. Oe. Zoll und im Mittel 252 Umläufe in 1 Minute. Hier- aus folgt die Geschwindigkeit der Mühlsteine an ihrem Umfange =
[Formel 1]
= 35,2 Fuss. In der Mühle des Herrn Wiskocžil am linken Moldau- ufer war der Durchmesser der reibenden Fläche der Mühlsteine = 31 Zoll und die An- zahl der Umläufe in 1 Minute im Mittel = 237,8, woraus nun wieder die Geschwindig- keit am Umfange =
[Formel 2]
= 32,2 Fuss folgt. Die Ursache dieser schnellern Bewegung der Mühlsteine liegt darin, dass das Getreide bei der hierortigen Mahlme- thode 5 bis 6 mal aufgeschüttet, hierbei die Steine weiter auseinander gestellt und das Getreide nicht viel angegriffen wird, folglich auch dieselbe Erhitzung wie bei einer nä- hern Stellung der Steine nicht zu befürchten ist.
Beispiel. Wir wollen nun annehmen, dass die für die Mühle gesetzlich bestimmte Fig. 9. Tab. 56.Höhe der Wehrschwelle oder des Wehrrückens über der Hauptschwelle des Mühlgerinnes 4 Fuss betrage. Daraus folgt die Geschwindigkeit des zufliessenden Wassers c =
[Formel 3]
= 15,748 Fuss, demnach ist die vortheilhafteste Geschwindigkeit der Rad- schaufeln v = 7,87 Fuss. Nach den angeführten Beobachtungen wird ein gutes Mehl nur in dem Falle erzeugt, wenn die Mühlsteine an dem Orte ihres grössten Angriffs eine Geschwindigkeit von 12 bis höchstens 15 Fuss (= C') besitzen. Setzen wir demnach den Halbmesser eines französischen Mühlsteines nach Belidor = 3 Fuss, so wird für die Zer- reibung des Getreides im Schwerpunkte nur der Halbmesser von 2 Fuss (= r') in Rech- nung zu nehmen seyn. Der Halbmesser des Wasserrades sey R = 9 Fuss; wird nun an die Welle dieses Wasserrades ein Kammrad gesetzt, dessen Halbmesser bis zum Angriffs- punkte wir y nennen wollen, so wird die Geschwindigkeit der Kämme = v ·
[Formel 4]
seyn.
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Geschwindigkeit der Mühlsteine.
Bei den Mühlsteinen in Prag, welche 31 bis 32 N. Oe. Zoll im Durchmesser haben,
wurden ähnliche Beobachtungen angestellt: Bei den Neumühlen, in der Mühle des
Herrn Hlawsa fand man bei den ersten vier Gängen den Durchmesser der reibenden
Fläche der Mühlsteine = 32 N. Oe. Zoll und im Mittel 252 Umläufe in 1 Minute. Hier-
aus folgt die Geschwindigkeit der Mühlsteine an ihrem Umfange
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ufer war der Durchmesser der reibenden Fläche der Mühlsteine = 31 Zoll und die An-
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keit am Umfange = [FORMEL] = 32,2 Fuss folgt. Die Ursache dieser schnellern
Bewegung der Mühlsteine liegt darin, dass das Getreide bei der hierortigen Mahlme-
thode 5 bis 6 mal aufgeschüttet, hierbei die Steine weiter auseinander gestellt und das
Getreide nicht viel angegriffen wird, folglich auch dieselbe Erhitzung wie bei einer nä-
hern Stellung der Steine nicht zu befürchten ist.
Beispiel. Wir wollen nun annehmen, dass die für die Mühle gesetzlich bestimmte
Höhe der Wehrschwelle oder des Wehrrückens über der Hauptschwelle des Mühlgerinnes
4 Fuss betrage. Daraus folgt die Geschwindigkeit des zufliessenden Wassers
c = [FORMEL] = 15,748 Fuss, demnach ist die vortheilhafteste Geschwindigkeit der Rad-
schaufeln v = 7,87 Fuss. Nach den angeführten Beobachtungen wird ein gutes Mehl
nur in dem Falle erzeugt, wenn die Mühlsteine an dem Orte ihres grössten Angriffs eine
Geschwindigkeit von 12 bis höchstens 15 Fuss (= C') besitzen. Setzen wir demnach den
Halbmesser eines französischen Mühlsteines nach Belidor = 3 Fuss, so wird für die Zer-
reibung des Getreides im Schwerpunkte nur der Halbmesser von 2 Fuss (= r') in Rech-
nung zu nehmen seyn. Der Halbmesser des Wasserrades sey R = 9 Fuss; wird nun an
die Welle dieses Wasserrades ein Kammrad gesetzt, dessen Halbmesser bis zum Angriffs-
punkte wir y nennen wollen, so wird die Geschwindigkeit der Kämme = v · [FORMEL] seyn.
Fig.
9.
Tab.
56.
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/378>, abgerufen am 18.12.2024.
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