1tens. Dass die Wärme, nicht etwa unbedeutende, sondern sehr beträchtliche Aen- derungen in der Bewegung des Wassers verursache. Die unten beigesetzten Zeiten des Ausflusses beweisen diess auf eine vorzügliche Art. -- Da bei einem jeden der ange- führten Versuche I bis VIII, die Röhre, das Gefäss, Wasser und die Höhen des Was- serstandes, folglich alle äussere Ursachen, die auf die Bewegung des Wassers einen Einfluss haben, die nämlichen sind, so folgt offenbar, dass der Widerstand, welcher dem fliessenden Wasser begegnet, nicht allein in äussern Ursachen, sondern auch in der Flüssigkeit des Wassers selbst zu suchen sey.
2tens. Dass die Aenderungen, welche die Wärme in der Geschwindigkeit des Wassers hervorbringt, grösser sind bei Röhren von einem kleinen, und kleiner bei einem grössern Durchmesser; ferner dass sie grösser sind bei kleinern Geschwindigkei- ten, und kleiner bei grösseren. Das erste ergibt sich aus der Vergleichung einer Ta- belle mit der andern; das zweite sehen wir auf jeder Seite in den untersten Ver- suchen bei kleinen Wasserstandshöhen, wo die Verhältnisse der Geschwindigkeiten von einem Wärmegrad zum andern gewöhnlich grösser sind als bei grössern Wasser- standshöhen.
3tens. Der Einfluss der Wärme ist am grössten in der Nähe des Gefrierpunktes. Diess sehen wir vorzüglich aus der Tabelle Nr. III und IV, wo die Abnahme der Geschwin- digkeit des Wassers vom 4ten Thermometergrade zum 1ten, oder durch 3 Grade weit grösser ist, als durch 5 und 10 Grade bei höheren Temperaturen. Auch ist sehr sicht- bar, dass dieser Einfluss überhaupt nicht im Verhältniss der Wärme zu- und abneh- men, sondern sein Maximum habe, welches sowohl von der Geschwindigkeit des Was- sers, als auch von der Grösse des Durchmessers der Röhren abhängt.
4tens. Die Formel von du Buat (Seite 176 in der Note) gilt, wenn sie bei den angeführten Versuchen angewendet wird, für keinen bestimmten Wärmegrad. Gewöhn- lich gibt sie die grösseren Geschwindigkeiten zu klein, und die kleinen zu gross. -- Diejenigen Versuche von Couplet, welche du Buat mit seiner empirischen Formel nicht übereinstimmend und desswegen verdächtig gefunden hat, dürften demnach doch ihre Richtigkeit und den Grund ihrer Abweichung nur in der Formel des du Buat haben. Bei unserer Ableitung haben sich nämlich Seite 189 die Versuche von Couplet mit 5 zölligen Röhren als übereinstimmend mit den Versuchen von du Buat und Bossut gezeigt.
5tens. Die Wärme allein ist aus dem Grunde, weil sie die Flüssigkeit vermehrt, schon hinreichend den Kreislauf des Blutes und der Säfte zu beschleunigen. Der Puls schlägt geschwinder unter heissen Himmelsstrichen als unter kalten. Bei Röhren von sehr geringem Durchmesser, als z. B. diejenigen sind, wodurch die Arterien mit den Venen kommuniziren, macht die Wärme noch weit grössere Aenderungen, als sie in unseren Versuchen vorkommen.
6tens. Eben so sehen wir, warum die Vegetazion in warmen Sommertagen besser von Statten gehe, als im Herbst und Winter. Der zweite Theil der Folgerung unter
Versuche mit Rücksicht auf die Wärme.
§. 137.
Aus den vorhergehenden Versuchen ist zu ersehen:
1tens. Dass die Wärme, nicht etwa unbedeutende, sondern sehr beträchtliche Aen- derungen in der Bewegung des Wassers verursache. Die unten beigesetzten Zeiten des Ausflusses beweisen diess auf eine vorzügliche Art. — Da bei einem jeden der ange- führten Versuche I bis VIII, die Röhre, das Gefäss, Wasser und die Höhen des Was- serstandes, folglich alle äussere Ursachen, die auf die Bewegung des Wassers einen Einfluss haben, die nämlichen sind, so folgt offenbar, dass der Widerstand, welcher dem fliessenden Wasser begegnet, nicht allein in äussern Ursachen, sondern auch in der Flüssigkeit des Wassers selbst zu suchen sey.
2tens. Dass die Aenderungen, welche die Wärme in der Geschwindigkeit des Wassers hervorbringt, grösser sind bei Röhren von einem kleinen, und kleiner bei einem grössern Durchmesser; ferner dass sie grösser sind bei kleinern Geschwindigkei- ten, und kleiner bei grösseren. Das erste ergibt sich aus der Vergleichung einer Ta- belle mit der andern; das zweite sehen wir auf jeder Seite in den untersten Ver- suchen bei kleinen Wasserstandshöhen, wo die Verhältnisse der Geschwindigkeiten von einem Wärmegrad zum andern gewöhnlich grösser sind als bei grössern Wasser- standshöhen.
3tens. Der Einfluss der Wärme ist am grössten in der Nähe des Gefrierpunktes. Diess sehen wir vorzüglich aus der Tabelle Nr. III und IV, wo die Abnahme der Geschwin- digkeit des Wassers vom 4ten Thermometergrade zum 1ten, oder durch 3 Grade weit grösser ist, als durch 5 und 10 Grade bei höheren Temperaturen. Auch ist sehr sicht- bar, dass dieser Einfluss überhaupt nicht im Verhältniss der Wärme zu- und abneh- men, sondern sein Maximum habe, welches sowohl von der Geschwindigkeit des Was- sers, als auch von der Grösse des Durchmessers der Röhren abhängt.
4tens. Die Formel von du Buat (Seite 176 in der Note) gilt, wenn sie bei den angeführten Versuchen angewendet wird, für keinen bestimmten Wärmegrad. Gewöhn- lich gibt sie die grösseren Geschwindigkeiten zu klein, und die kleinen zu gross. — Diejenigen Versuche von Couplet, welche du Buat mit seiner empirischen Formel nicht übereinstimmend und desswegen verdächtig gefunden hat, dürften demnach doch ihre Richtigkeit und den Grund ihrer Abweichung nur in der Formel des du Buat haben. Bei unserer Ableitung haben sich nämlich Seite 189 die Versuche von Couplet mit 5 zölligen Röhren als übereinstimmend mit den Versuchen von du Buat und Bossut gezeigt.
5tens. Die Wärme allein ist aus dem Grunde, weil sie die Flüssigkeit vermehrt, schon hinreichend den Kreislauf des Blutes und der Säfte zu beschleunigen. Der Puls schlägt geschwinder unter heissen Himmelsstrichen als unter kalten. Bei Röhren von sehr geringem Durchmesser, als z. B. diejenigen sind, wodurch die Arterien mit den Venen kommuniziren, macht die Wärme noch weit grössere Aenderungen, als sie in unseren Versuchen vorkommen.
6tens. Eben so sehen wir, warum die Vegetazion in warmen Sommertagen besser von Statten gehe, als im Herbst und Winter. Der zweite Theil der Folgerung unter
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[199/0217]
Versuche mit Rücksicht auf die Wärme.
§. 137.
Aus den vorhergehenden Versuchen ist zu ersehen:
1tens. Dass die Wärme, nicht etwa unbedeutende, sondern sehr beträchtliche Aen-
derungen in der Bewegung des Wassers verursache. Die unten beigesetzten Zeiten des
Ausflusses beweisen diess auf eine vorzügliche Art. — Da bei einem jeden der ange-
führten Versuche I bis VIII, die Röhre, das Gefäss, Wasser und die Höhen des Was-
serstandes, folglich alle äussere Ursachen, die auf die Bewegung des Wassers einen
Einfluss haben, die nämlichen sind, so folgt offenbar, dass der Widerstand, welcher
dem fliessenden Wasser begegnet, nicht allein in äussern Ursachen, sondern auch in
der Flüssigkeit des Wassers selbst zu suchen sey.
2tens. Dass die Aenderungen, welche die Wärme in der Geschwindigkeit des
Wassers hervorbringt, grösser sind bei Röhren von einem kleinen, und kleiner bei
einem grössern Durchmesser; ferner dass sie grösser sind bei kleinern Geschwindigkei-
ten, und kleiner bei grösseren. Das erste ergibt sich aus der Vergleichung einer Ta-
belle mit der andern; das zweite sehen wir auf jeder Seite in den untersten Ver-
suchen bei kleinen Wasserstandshöhen, wo die Verhältnisse der Geschwindigkeiten von
einem Wärmegrad zum andern gewöhnlich grösser sind als bei grössern Wasser-
standshöhen.
3tens. Der Einfluss der Wärme ist am grössten in der Nähe des Gefrierpunktes.
Diess sehen wir vorzüglich aus der Tabelle Nr. III und IV, wo die Abnahme der Geschwin-
digkeit des Wassers vom 4ten Thermometergrade zum 1ten, oder durch 3 Grade weit
grösser ist, als durch 5 und 10 Grade bei höheren Temperaturen. Auch ist sehr sicht-
bar, dass dieser Einfluss überhaupt nicht im Verhältniss der Wärme zu- und abneh-
men, sondern sein Maximum habe, welches sowohl von der Geschwindigkeit des Was-
sers, als auch von der Grösse des Durchmessers der Röhren abhängt.
4tens. Die Formel von du Buat (Seite 176 in der Note) gilt, wenn sie bei den
angeführten Versuchen angewendet wird, für keinen bestimmten Wärmegrad. Gewöhn-
lich gibt sie die grösseren Geschwindigkeiten zu klein, und die kleinen zu gross. —
Diejenigen Versuche von Couplet, welche du Buat mit seiner empirischen Formel
nicht übereinstimmend und desswegen verdächtig gefunden hat, dürften demnach doch
ihre Richtigkeit und den Grund ihrer Abweichung nur in der Formel des du Buat
haben. Bei unserer Ableitung haben sich nämlich Seite 189 die Versuche von Couplet
mit 5 zölligen Röhren als übereinstimmend mit den Versuchen von du Buat und Bossut
gezeigt.
5tens. Die Wärme allein ist aus dem Grunde, weil sie die Flüssigkeit vermehrt,
schon hinreichend den Kreislauf des Blutes und der Säfte zu beschleunigen. Der
Puls schlägt geschwinder unter heissen Himmelsstrichen als unter kalten. Bei Röhren
von sehr geringem Durchmesser, als z. B. diejenigen sind, wodurch die Arterien mit
den Venen kommuniziren, macht die Wärme noch weit grössere Aenderungen, als sie
in unseren Versuchen vorkommen.
6tens. Eben so sehen wir, warum die Vegetazion in warmen Sommertagen besser
von Statten gehe, als im Herbst und Winter. Der zweite Theil der Folgerung unter
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/217>, abgerufen am 18.12.2024.
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