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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Geschichte der Frachtwägen.
60 Fuss langen marmorenen Säulen, welche die stärksten Räder und Wägen eingedrückt
haben würden, das Mittel wählte, dass er die runden Säulenschäfte von beiden Seiten in
der Mitte anbohren, mit Achsen versehen, und durch vorgespannte Zugthiere auf dieselbe
Art fortwälzen liess, welche noch gegenwärtig bei unsern Garten- und Feldwalzen im
Gebrauche ist. Andere Denkmale des Alterthums, welche nicht rund waren, und desshalb
sich nicht stürzen oder wälzen liessen, wurden auf Gerüste gebracht, und auf untergeleg-
ten Walzen eben so fortgeführt, wie noch zu unsern Zeiten der grosse Felsen, den die
Kaiserinn Katharina zum Monumente Peter des Grossen bestimmt hatte, nach Petersburg
geschafft worden ist. Da hiezu der Boden vorläufig geebnet und zur Beseitigung von
Eindrücken mit starkem Zimmerholze belegt, dann die hintersten ausgelaufenen Walzen
wieder vorwärts getragen, und wenn die Last gross ist, auch noch Pfähle vorgeschlagen
werden müssen, um Erdwinden und Flaschenzüge daran zu befestigen, so fällt die Lang-
samkeit eines solchen Fuhrwerkes von selbst in die Augen.

Zur Vermeidung des Aufenthaltes, der vom Auslaufen und Vorwärtstragen der Walzen
entsteht, verfiel Jemand in dem unbekannten Alterthume auf den sinnreichen Gedanken,
von den Walzen nur Scheiben oder kurze runde Klötze abzuschneiden, selbe in der Mitte
zu durchbohren, und an feste runde Hölzer oder Achsen zu stecken, damit auf diese
Weise die Scheiben oder kurzen Walzen mit dem Gerüste, worauf die Last liegt, zugleich
fortgebracht werden. Man machte wohl bald die Erfahrung, dass man leichter fährt,
wenn diese Scheiben gross und leicht sind, und diess hatte nunmehr die Bauart der
Wagenräder mit Naben, Speichen und Radfelgen, die mit eisernen Schienen zusammen-
gebunden wurden, zur Folge; hiedurch wurden nun unsere Wagenräder grösser, leichter
und auch dauerhafter, als die ehemaligen Scheiben, deren sich noch die Türken nach
der letzten Belagerung Wiens zur Fortführung ihrer Kanonen bedient haben sollen.

Die übrige Einrichtung der Frachtwägen, nämlich die Leitern mit ihren Verbindun-
gen und Stützen, um dazwischen zu laden und die Gepäcke zu verwahren, die Stange
oder Deichsel sammt Wage oder Widerhalt, um der Fahrt die gehörige Richtung zu
geben, beide Zugpferde mit gleicher Arbeit zu belegen und den Wagen bergab anhalten
zu können, die Verbindung des Vorder- und Hintergestelles mit einer einfachen Stange
(Ruthe oder Langwiede) um den vier Rädern auf ungleichem Boden das gleiche Aufsitzen
zu verschaffen, der Reihnagel, um ausweichen und umkehren zu können u. dgl. gehören
eigentlich zur praktischen Ausfertigung, zur Regierung und Bedienung des Wagens und
kommen daher bei der gegenwärtigen Theorie in keine Rechnung.

§. 530.

Der Vortheil der Wägen besteht daher darin, dass der Boden oder die Erde die
Last trägt und die vorgespannten Thiere bloss die Widerstände zu überwältigen haben.
Diese Widerstände oder Hindernisse sind folgende:

1tens Durch die Achsen, welche an dem Gestelle des Wagens befestigt sind, wird
die Reibung nicht so, wie durch die ehemaligen Walzen behoben, sondern
eigentlich nur von dem Erdboden oder von der Peripherie der Räder an die
Peripherie ihrer Achsen übersetzt. Es wird nämlich die innere oder hohle
Seite der Nabe des Rades an der auswärtigen Seite der Achse noch eben so
fortgeschoben und gerieben, wie es bei der Schleife auf dem Erdboden der Fall

Geschichte der Frachtwägen.
60 Fuss langen marmorenen Säulen, welche die stärksten Räder und Wägen eingedrückt
haben würden, das Mittel wählte, dass er die runden Säulenschäfte von beiden Seiten in
der Mitte anbohren, mit Achsen versehen, und durch vorgespannte Zugthiere auf dieselbe
Art fortwälzen liess, welche noch gegenwärtig bei unsern Garten- und Feldwalzen im
Gebrauche ist. Andere Denkmale des Alterthums, welche nicht rund waren, und desshalb
sich nicht stürzen oder wälzen liessen, wurden auf Gerüste gebracht, und auf untergeleg-
ten Walzen eben so fortgeführt, wie noch zu unsern Zeiten der grosse Felsen, den die
Kaiserinn Katharina zum Monumente Peter des Grossen bestimmt hatte, nach Petersburg
geschafft worden ist. Da hiezu der Boden vorläufig geebnet und zur Beseitigung von
Eindrücken mit starkem Zimmerholze belegt, dann die hintersten ausgelaufenen Walzen
wieder vorwärts getragen, und wenn die Last gross ist, auch noch Pfähle vorgeschlagen
werden müssen, um Erdwinden und Flaschenzüge daran zu befestigen, so fällt die Lang-
samkeit eines solchen Fuhrwerkes von selbst in die Augen.

Zur Vermeidung des Aufenthaltes, der vom Auslaufen und Vorwärtstragen der Walzen
entsteht, verfiel Jemand in dem unbekannten Alterthume auf den sinnreichen Gedanken,
von den Walzen nur Scheiben oder kurze runde Klötze abzuschneiden, selbe in der Mitte
zu durchbohren, und an feste runde Hölzer oder Achsen zu stecken, damit auf diese
Weise die Scheiben oder kurzen Walzen mit dem Gerüste, worauf die Last liegt, zugleich
fortgebracht werden. Man machte wohl bald die Erfahrung, dass man leichter fährt,
wenn diese Scheiben gross und leicht sind, und diess hatte nunmehr die Bauart der
Wagenräder mit Naben, Speichen und Radfelgen, die mit eisernen Schienen zusammen-
gebunden wurden, zur Folge; hiedurch wurden nun unsere Wagenräder grösser, leichter
und auch dauerhafter, als die ehemaligen Scheiben, deren sich noch die Türken nach
der letzten Belagerung Wiens zur Fortführung ihrer Kanonen bedient haben sollen.

Die übrige Einrichtung der Frachtwägen, nämlich die Leitern mit ihren Verbindun-
gen und Stützen, um dazwischen zu laden und die Gepäcke zu verwahren, die Stange
oder Deichsel sammt Wage oder Widerhalt, um der Fahrt die gehörige Richtung zu
geben, beide Zugpferde mit gleicher Arbeit zu belegen und den Wagen bergab anhalten
zu können, die Verbindung des Vorder- und Hintergestelles mit einer einfachen Stange
(Ruthe oder Langwiede) um den vier Rädern auf ungleichem Boden das gleiche Aufsitzen
zu verschaffen, der Reihnagel, um ausweichen und umkehren zu können u. dgl. gehören
eigentlich zur praktischen Ausfertigung, zur Regierung und Bedienung des Wagens und
kommen daher bei der gegenwärtigen Theorie in keine Rechnung.

§. 530.

Der Vortheil der Wägen besteht daher darin, dass der Boden oder die Erde die
Last trägt und die vorgespannten Thiere bloss die Widerstände zu überwältigen haben.
Diese Widerstände oder Hindernisse sind folgende:

1tens Durch die Achsen, welche an dem Gestelle des Wagens befestigt sind, wird
die Reibung nicht so, wie durch die ehemaligen Walzen behoben, sondern
eigentlich nur von dem Erdboden oder von der Peripherie der Räder an die
Peripherie ihrer Achsen übersetzt. Es wird nämlich die innere oder hohle
Seite der Nabe des Rades an der auswärtigen Seite der Achse noch eben so
fortgeschoben und gerieben, wie es bei der Schleife auf dem Erdboden der Fall
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[572/0604] Geschichte der Frachtwägen. 60 Fuss langen marmorenen Säulen, welche die stärksten Räder und Wägen eingedrückt haben würden, das Mittel wählte, dass er die runden Säulenschäfte von beiden Seiten in der Mitte anbohren, mit Achsen versehen, und durch vorgespannte Zugthiere auf dieselbe Art fortwälzen liess, welche noch gegenwärtig bei unsern Garten- und Feldwalzen im Gebrauche ist. Andere Denkmale des Alterthums, welche nicht rund waren, und desshalb sich nicht stürzen oder wälzen liessen, wurden auf Gerüste gebracht, und auf untergeleg- ten Walzen eben so fortgeführt, wie noch zu unsern Zeiten der grosse Felsen, den die Kaiserinn Katharina zum Monumente Peter des Grossen bestimmt hatte, nach Petersburg geschafft worden ist. Da hiezu der Boden vorläufig geebnet und zur Beseitigung von Eindrücken mit starkem Zimmerholze belegt, dann die hintersten ausgelaufenen Walzen wieder vorwärts getragen, und wenn die Last gross ist, auch noch Pfähle vorgeschlagen werden müssen, um Erdwinden und Flaschenzüge daran zu befestigen, so fällt die Lang- samkeit eines solchen Fuhrwerkes von selbst in die Augen. Zur Vermeidung des Aufenthaltes, der vom Auslaufen und Vorwärtstragen der Walzen entsteht, verfiel Jemand in dem unbekannten Alterthume auf den sinnreichen Gedanken, von den Walzen nur Scheiben oder kurze runde Klötze abzuschneiden, selbe in der Mitte zu durchbohren, und an feste runde Hölzer oder Achsen zu stecken, damit auf diese Weise die Scheiben oder kurzen Walzen mit dem Gerüste, worauf die Last liegt, zugleich fortgebracht werden. Man machte wohl bald die Erfahrung, dass man leichter fährt, wenn diese Scheiben gross und leicht sind, und diess hatte nunmehr die Bauart der Wagenräder mit Naben, Speichen und Radfelgen, die mit eisernen Schienen zusammen- gebunden wurden, zur Folge; hiedurch wurden nun unsere Wagenräder grösser, leichter und auch dauerhafter, als die ehemaligen Scheiben, deren sich noch die Türken nach der letzten Belagerung Wiens zur Fortführung ihrer Kanonen bedient haben sollen. Die übrige Einrichtung der Frachtwägen, nämlich die Leitern mit ihren Verbindun- gen und Stützen, um dazwischen zu laden und die Gepäcke zu verwahren, die Stange oder Deichsel sammt Wage oder Widerhalt, um der Fahrt die gehörige Richtung zu geben, beide Zugpferde mit gleicher Arbeit zu belegen und den Wagen bergab anhalten zu können, die Verbindung des Vorder- und Hintergestelles mit einer einfachen Stange (Ruthe oder Langwiede) um den vier Rädern auf ungleichem Boden das gleiche Aufsitzen zu verschaffen, der Reihnagel, um ausweichen und umkehren zu können u. dgl. gehören eigentlich zur praktischen Ausfertigung, zur Regierung und Bedienung des Wagens und kommen daher bei der gegenwärtigen Theorie in keine Rechnung. §. 530. Der Vortheil der Wägen besteht daher darin, dass der Boden oder die Erde die Last trägt und die vorgespannten Thiere bloss die Widerstände zu überwältigen haben. Diese Widerstände oder Hindernisse sind folgende: 1tens Durch die Achsen, welche an dem Gestelle des Wagens befestigt sind, wird die Reibung nicht so, wie durch die ehemaligen Walzen behoben, sondern eigentlich nur von dem Erdboden oder von der Peripherie der Räder an die Peripherie ihrer Achsen übersetzt. Es wird nämlich die innere oder hohle Seite der Nabe des Rades an der auswärtigen Seite der Achse noch eben so fortgeschoben und gerieben, wie es bei der Schleife auf dem Erdboden der Fall

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/604>, abgerufen am 23.11.2024.