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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Widerstand der Reibung.
V. Kapitel.
Widerstände der Reibung, Unbiegsamkeit
der Seile und ihr Einfluss auf den Effekt
der Maschinen
.
§. 436.

Bei allen bisherigen Rechnungen haben wir angenommen, dass die Körper, welche
sich auf oder mit einander bewegen, vollkommen glatt seyen, dass sonach bei dieser
Bewegung kein neuer Widerstand eintritt, und die bewegten Körper bloss den Grund-
sätzen des statischen Gleichgewichtes folgen. Wir haben auf gleiche Weise angenom-
men, dass die Taue oder Seile, welche wir bei Maschinen verwenden, vollkommen
biegsam seyen, demnach auch keinen besondern Widerstand verursachen, wenn sie
z. B. um eine Rolle gewunden werden. Beide Voraussetzungen können jedoch für eine
genaue Berechnung der Wirkung der Maschinen nicht angenommen werden; indem
alle Körper, selbst wenn sie noch so glatt sind, bei ihrer Bewegung auf einander
einen Widerstand verursachen, und auch alle Seile einen grössern oder geringern Grad
von Unbiegsamkeit besitzen, zu deren Ueberwältigung ebenfalls eine Kraft erfordert
wird.

Werden zwei Körper auf einander gelegt, und der eine auf dem andern fortge-
schoben, so wird der Widerstand, welcher sich bei dieser Bewegung äussert, der Rei-
bungswiderstand
oder die Reibung genannt. Alle Körper, sie mögen noch so
glatt seyn, zeigen mit bewaffnetem Auge betrachtet, immer noch kleine hervorstehende
Theile und ähnliche Vertiefungen. Werden die Flächen zweier Körper über einander
fortgeschoben, so legen sich die Erhöhungen des einen in die Vertiefungen des an-
dern, und die Bewegung kann nicht anders vor sich gehen, als wenn diese Theile
entweder abgebrochen und die Oberflächen abgeglättet werden, oder wenn die Körper
darüber, als über eben so viele schiefe Flächen hinweg gehen. Dass der Widerstand,
welcher auf diese Art entsteht, in manchen Fällen sehr bedeutend werden könne, leuch-
tet von selbst ein; da es aber keine Maschine gibt, bei welcher dieser Widerstand nicht
einträte, bei manchen Maschinen aber, z. B. bei Schleif- und Polirwerken die Arbeit
in der Ueberwältigung der Reibung besteht, so ergibt sich, wie nothwendig es sey,
diesen Widerstand und die Gesetze, nach welchen sich die Reibung in den verschie-
denen Fällen äussert, genau kennen zu lernen.

Die Wichtigkeit dieser Kenntniss war die Veranlassung, dass man sich schon in äl-
tern Zeiten mit Aufsuchung der Reibungsgesetze beschäftigte, allein die gefundenen Re-
sulsate waren nur im Kleinen richtig, im Grossen aber sehr abweichend. So hat Muss-
chenbrock
gefunden, dass der Widerstand der Reibung im Durchschnitte dem 3ten Theile
des wechselseitigen Druckes der reibenden Körper gleichkommt; allein die Erfahrung

Gerstners Mechanik. Band I. 62
Widerstand der Reibung.
V. Kapitel.
Widerstände der Reibung, Unbiegsamkeit
der Seile und ihr Einfluss auf den Effekt
der Maschinen
.
§. 436.

Bei allen bisherigen Rechnungen haben wir angenommen, dass die Körper, welche
sich auf oder mit einander bewegen, vollkommen glatt seyen, dass sonach bei dieser
Bewegung kein neuer Widerstand eintritt, und die bewegten Körper bloss den Grund-
sätzen des statischen Gleichgewichtes folgen. Wir haben auf gleiche Weise angenom-
men, dass die Taue oder Seile, welche wir bei Maschinen verwenden, vollkommen
biegsam seyen, demnach auch keinen besondern Widerstand verursachen, wenn sie
z. B. um eine Rolle gewunden werden. Beide Voraussetzungen können jedoch für eine
genaue Berechnung der Wirkung der Maschinen nicht angenommen werden; indem
alle Körper, selbst wenn sie noch so glatt sind, bei ihrer Bewegung auf einander
einen Widerstand verursachen, und auch alle Seile einen grössern oder geringern Grad
von Unbiegsamkeit besitzen, zu deren Ueberwältigung ebenfalls eine Kraft erfordert
wird.

Werden zwei Körper auf einander gelegt, und der eine auf dem andern fortge-
schoben, so wird der Widerstand, welcher sich bei dieser Bewegung äussert, der Rei-
bungswiderstand
oder die Reibung genannt. Alle Körper, sie mögen noch so
glatt seyn, zeigen mit bewaffnetem Auge betrachtet, immer noch kleine hervorstehende
Theile und ähnliche Vertiefungen. Werden die Flächen zweier Körper über einander
fortgeschoben, so legen sich die Erhöhungen des einen in die Vertiefungen des an-
dern, und die Bewegung kann nicht anders vor sich gehen, als wenn diese Theile
entweder abgebrochen und die Oberflächen abgeglättet werden, oder wenn die Körper
darüber, als über eben so viele schiefe Flächen hinweg gehen. Dass der Widerstand,
welcher auf diese Art entsteht, in manchen Fällen sehr bedeutend werden könne, leuch-
tet von selbst ein; da es aber keine Maschine gibt, bei welcher dieser Widerstand nicht
einträte, bei manchen Maschinen aber, z. B. bei Schleif- und Polirwerken die Arbeit
in der Ueberwältigung der Reibung besteht, so ergibt sich, wie nothwendig es sey,
diesen Widerstand und die Gesetze, nach welchen sich die Reibung in den verschie-
denen Fällen äussert, genau kennen zu lernen.

Die Wichtigkeit dieser Kenntniss war die Veranlassung, dass man sich schon in äl-
tern Zeiten mit Aufsuchung der Reibungsgesetze beschäftigte, allein die gefundenen Re-
sulsate waren nur im Kleinen richtig, im Grossen aber sehr abweichend. So hat Muss-
chenbrock
gefunden, dass der Widerstand der Reibung im Durchschnitte dem 3ten Theile
des wechselseitigen Druckes der reibenden Körper gleichkommt; allein die Erfahrung

Gerstners Mechanik. Band I. 62
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[489/0521] Widerstand der Reibung. V. Kapitel. Widerstände der Reibung, Unbiegsamkeit der Seile und ihr Einfluss auf den Effekt der Maschinen. §. 436. Bei allen bisherigen Rechnungen haben wir angenommen, dass die Körper, welche sich auf oder mit einander bewegen, vollkommen glatt seyen, dass sonach bei dieser Bewegung kein neuer Widerstand eintritt, und die bewegten Körper bloss den Grund- sätzen des statischen Gleichgewichtes folgen. Wir haben auf gleiche Weise angenom- men, dass die Taue oder Seile, welche wir bei Maschinen verwenden, vollkommen biegsam seyen, demnach auch keinen besondern Widerstand verursachen, wenn sie z. B. um eine Rolle gewunden werden. Beide Voraussetzungen können jedoch für eine genaue Berechnung der Wirkung der Maschinen nicht angenommen werden; indem alle Körper, selbst wenn sie noch so glatt sind, bei ihrer Bewegung auf einander einen Widerstand verursachen, und auch alle Seile einen grössern oder geringern Grad von Unbiegsamkeit besitzen, zu deren Ueberwältigung ebenfalls eine Kraft erfordert wird. Werden zwei Körper auf einander gelegt, und der eine auf dem andern fortge- schoben, so wird der Widerstand, welcher sich bei dieser Bewegung äussert, der Rei- bungswiderstand oder die Reibung genannt. Alle Körper, sie mögen noch so glatt seyn, zeigen mit bewaffnetem Auge betrachtet, immer noch kleine hervorstehende Theile und ähnliche Vertiefungen. Werden die Flächen zweier Körper über einander fortgeschoben, so legen sich die Erhöhungen des einen in die Vertiefungen des an- dern, und die Bewegung kann nicht anders vor sich gehen, als wenn diese Theile entweder abgebrochen und die Oberflächen abgeglättet werden, oder wenn die Körper darüber, als über eben so viele schiefe Flächen hinweg gehen. Dass der Widerstand, welcher auf diese Art entsteht, in manchen Fällen sehr bedeutend werden könne, leuch- tet von selbst ein; da es aber keine Maschine gibt, bei welcher dieser Widerstand nicht einträte, bei manchen Maschinen aber, z. B. bei Schleif- und Polirwerken die Arbeit in der Ueberwältigung der Reibung besteht, so ergibt sich, wie nothwendig es sey, diesen Widerstand und die Gesetze, nach welchen sich die Reibung in den verschie- denen Fällen äussert, genau kennen zu lernen. Die Wichtigkeit dieser Kenntniss war die Veranlassung, dass man sich schon in äl- tern Zeiten mit Aufsuchung der Reibungsgesetze beschäftigte, allein die gefundenen Re- sulsate waren nur im Kleinen richtig, im Grossen aber sehr abweichend. So hat Muss- chenbrock gefunden, dass der Widerstand der Reibung im Durchschnitte dem 3ten Theile des wechselseitigen Druckes der reibenden Körper gleichkommt; allein die Erfahrung Gerstners Mechanik. Band I. 62

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/521>, abgerufen am 24.11.2024.