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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Brückengewölbe nach der Kettenlinie.
§. 379.

Auf die meisten Gewölbe werden gewöhnlich noch andere Lasten gelegt,
wie es z. B. bei Brückengewölben der Fall ist. Wird nämlich über dieselben eine
horizontale Strasse geführt, und der Raum zwischen dem Gewölbe und der Strasse zum
Theil ausgemauert, zum Theil aber mit einem schweren Materiale ausgeschüttet, so hat
das Gewölbe nebst seiner eigenen Last noch die bis zur Oberfläche der Brücke reichende
Belastung zu tragen. In demselben Falle befinden sich auch die Gewölbe für Keller und
andere Gewölbe, auf welchen die darüber befindlichen Räume zur Bewohnung hergerichtet,
und gewöhnlich auch bis zur Horizontallinie angeschüttet werden.

Die genaue Rechnung für den Lehr- und Stützbogen eines Brückenge-Fig.
5.
Tab.
19.

wölbes folgt hier unter dem Texte *); bezeichnet nämlich M''' M'' M' M A .....

*) Wir wollen zuerst den Fall untersuchen, wenn die Wölbungslinie zugleichFig.
4.

die Stützlinie seyn soll; die Gleichung für die krumme Linie ergibt sich hiebei auf folgen-
de Art:
Es sey A B = h die Höhe des Gewölbes im Scheitel, die Abscisse B Q = y und die Ordinate
Q M = x, ferner m o = d y und M o = d x, endlich der Stellungswinkel M m o = v.
Das Element M m hat offenbar die Fläche [Formel 1] . d y zu stützen; da aber die Tangente
M m o = tang [Formel 2] der Fläche A B Q M proportional seyn muss, so wollen wir dieses für alle
Elemente beständige Verhältniss wie 1 : m2 annehmen; wir haben demnach
m2 . tang [Formel 3] .
Zur Auflösung dieser Gleichung erhalten wir durch Differenzirung m2 . d tang v = x . d y;
weil aber d y : d x = 1 : tang v, folglich [Formel 4] ist, so erhalten wir durch die Substitution
dieses Werthes m2 . tang v . d tang v = x . d x. Das Integral dieser Gleichung gibt
m2 . tang2 v = x2 + Const; weil aber im Scheitel die Ordinate x = h und tang v = 0 seyn muss,
so erhalten wir 0 = h2 + Const, folglich Const = -- h2 und daher m2 . tang2 [Formel 5] .
Aus dieser letzten Gleichung folgt weiter [Formel 6] , und wenn wir diese Gleichung mit
Rücksicht, dass im Scheitel x = h und y = 0 wird, integriren, so ist
y = m . nat. log. [Formel 7] . Setzen wir die Basis der natürlichen Logarithmen = e oder
nat. log . e = 1, so haben wir [Formel 8] . nat. log. e = nat. log. [Formel 9] . Durch Uibersetzung
dieser logarithmischen Gleiehung in eine Exponentialgleichung erhalten wir [Formel 10] ,
daraus folgt [Formel 11] . Diese Gleichung ist derjenigen, die wir oben für die
Kettenlinie
gefunden haben, vollkommen ähnlich.
Gerstners Mechanik. Band I. 54
Brückengewölbe nach der Kettenlinie.
§. 379.

Auf die meisten Gewölbe werden gewöhnlich noch andere Lasten gelegt,
wie es z. B. bei Brückengewölben der Fall ist. Wird nämlich über dieselben eine
horizontale Strasse geführt, und der Raum zwischen dem Gewölbe und der Strasse zum
Theil ausgemauert, zum Theil aber mit einem schweren Materiale ausgeschüttet, so hat
das Gewölbe nebst seiner eigenen Last noch die bis zur Oberfläche der Brücke reichende
Belastung zu tragen. In demselben Falle befinden sich auch die Gewölbe für Keller und
andere Gewölbe, auf welchen die darüber befindlichen Räume zur Bewohnung hergerichtet,
und gewöhnlich auch bis zur Horizontallinie angeschüttet werden.

Die genaue Rechnung für den Lehr- und Stützbogen eines Brückenge-Fig.
5.
Tab.
19.

wölbes folgt hier unter dem Texte *); bezeichnet nämlich M''' M'' M' M A .....

*) Wir wollen zuerst den Fall untersuchen, wenn die Wölbungslinie zugleichFig.
4.

die Stützlinie seyn soll; die Gleichung für die krumme Linie ergibt sich hiebei auf folgen-
de Art:
Es sey A B = h die Höhe des Gewölbes im Scheitel, die Abscisse B Q = y und die Ordinate
Q M = x, ferner m o = d y und M o = d x, endlich der Stellungswinkel M m o = v.
Das Element M m hat offenbar die Fläche [Formel 1] . d y zu stützen; da aber die Tangente
M m o = tang [Formel 2] der Fläche A B Q M proportional seyn muss, so wollen wir dieses für alle
Elemente beständige Verhältniss wie 1 : m2 annehmen; wir haben demnach
m2 . tang [Formel 3] .
Zur Auflösung dieser Gleichung erhalten wir durch Differenzirung m2 . d tang v = x . d y;
weil aber d y : d x = 1 : tang v, folglich [Formel 4] ist, so erhalten wir durch die Substitution
dieses Werthes m2 . tang v . d tang v = x . d x. Das Integral dieser Gleichung gibt
m2 . tang2 v = x2 + Const; weil aber im Scheitel die Ordinate x = h und tang v = 0 seyn muss,
so erhalten wir 0 = h2 + Const, folglich Const = — h2 und daher m2 . tang2 [Formel 5] .
Aus dieser letzten Gleichung folgt weiter [Formel 6] , und wenn wir diese Gleichung mit
Rücksicht, dass im Scheitel x = h und y = 0 wird, integriren, so ist
y = m . nat. log. [Formel 7] . Setzen wir die Basis der natürlichen Logarithmen = e oder
nat. log . e = 1, so haben wir [Formel 8] . nat. log. e = nat. log. [Formel 9] . Durch Uibersetzung
dieser logarithmischen Gleiehung in eine Exponentialgleichung erhalten wir [Formel 10] ,
daraus folgt [Formel 11] . Diese Gleichung ist derjenigen, die wir oben für die
Kettenlinie
gefunden haben, vollkommen ähnlich.
Gerstners Mechanik. Band I. 54
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[425/0455] Brückengewölbe nach der Kettenlinie. §. 379. Auf die meisten Gewölbe werden gewöhnlich noch andere Lasten gelegt, wie es z. B. bei Brückengewölben der Fall ist. Wird nämlich über dieselben eine horizontale Strasse geführt, und der Raum zwischen dem Gewölbe und der Strasse zum Theil ausgemauert, zum Theil aber mit einem schweren Materiale ausgeschüttet, so hat das Gewölbe nebst seiner eigenen Last noch die bis zur Oberfläche der Brücke reichende Belastung zu tragen. In demselben Falle befinden sich auch die Gewölbe für Keller und andere Gewölbe, auf welchen die darüber befindlichen Räume zur Bewohnung hergerichtet, und gewöhnlich auch bis zur Horizontallinie angeschüttet werden. Die genaue Rechnung für den Lehr- und Stützbogen eines Brückenge- wölbes folgt hier unter dem Texte *); bezeichnet nämlich M''' M'' M' M A ..... Fig. 5. Tab. 19. *) Wir wollen zuerst den Fall untersuchen, wenn die Wölbungslinie zugleich die Stützlinie seyn soll; die Gleichung für die krumme Linie ergibt sich hiebei auf folgen- de Art: Es sey A B = h die Höhe des Gewölbes im Scheitel, die Abscisse B Q = y und die Ordinate Q M = x, ferner m o = d y und M o = d x, endlich der Stellungswinkel M m o = v. Das Element M m hat offenbar die Fläche [FORMEL]. d y zu stützen; da aber die Tangente M m o = tang [FORMEL] der Fläche A B Q M proportional seyn muss, so wollen wir dieses für alle Elemente beständige Verhältniss wie 1 : m2 annehmen; wir haben demnach m2 . tang [FORMEL]. Zur Auflösung dieser Gleichung erhalten wir durch Differenzirung m2 . d tang v = x . d y; weil aber d y : d x = 1 : tang v, folglich [FORMEL] ist, so erhalten wir durch die Substitution dieses Werthes m2 . tang v . d tang v = x . d x. Das Integral dieser Gleichung gibt m2 . tang2 v = x2 + Const; weil aber im Scheitel die Ordinate x = h und tang v = 0 seyn muss, so erhalten wir 0 = h2 + Const, folglich Const = — h2 und daher m2 . tang2 [FORMEL]. Aus dieser letzten Gleichung folgt weiter [FORMEL], und wenn wir diese Gleichung mit Rücksicht, dass im Scheitel x = h und y = 0 wird, integriren, so ist y = m . nat. log. [FORMEL]. Setzen wir die Basis der natürlichen Logarithmen = e oder nat. log . e = 1, so haben wir [FORMEL] . nat. log. e = nat. log. [FORMEL]. Durch Uibersetzung dieser logarithmischen Gleiehung in eine Exponentialgleichung erhalten wir [FORMEL], daraus folgt [FORMEL]. Diese Gleichung ist derjenigen, die wir oben für die Kettenlinie gefunden haben, vollkommen ähnlich. Gerstners Mechanik. Band I. 54

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/455>, abgerufen am 22.11.2024.