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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Relative Festigkeit der Körper.
§. 307.

Der Ausdruck für das Tragungsvermögen eines Cylinders oder einer
Welle lässt sich auf eine elementare Weise nicht ableiten, und kann nur mittelst der
höheren Analysis gefunden werden *).

*) Es sey Fig. 12 ein ovaler Cylinder ohne Schwere, dessen Materie zugleich ausdehnbar und zusam-
Fig.
12, 13
und
14.
Tab.
15.
mendrückbar ist. Wird derselbe in A C befestigt, z. B. eingemauert, und in B mit einem Gewichte
Q belastet, so wird er dadurch gebogen. Hiebei werden nun, wie §. 287 gezeigt wurde, die
obern Massentheilchen ausgedehnt, die untern dagegen zusammengedrückt, und in irgend einer ho-
rizontalen Fläche f g h i, welche durch die Sehne m n des Querschnittes F E zugleich geht, bleiben
die Theilchen ganz ungeändert.
Nehmen wir an, dass die Cohaesionskraft und Repulsionskraft vollkommen gleich wirke, oder
dass die Ausdehnung und die Zusammendrückung der Theile, welche ein und dasselbe Gewicht bei
derselben Materie und gleicher Fläche zu bewirken im Stande ist, gleich viel betrage, wie es bei
kleinen Belastungen durch die Erfahrung bestätigt wird, so wird die Sehne mon (Fig. 13) in der
Mitte der Höhe E F liegen.
Dieses vorausgesetzt, wollen wir zuerst die Gleichung für die Spannung des horizontalen Flä-
chenelementes N M e c (Fig. 13) aufstellen, und setzen in diesem elyptischen Querschnitte die halbe
kleine Achse F o = b, die halbe grosse Achse n o = a, beschreiben ferner aus o mit der halben
kleinen Achse den Kreis F r E k und setzen den Winkel r o v = ph. Hiernach ist p o = b. Sin. ph und
p q = b. d ph. Cos ph; ferner v p = b. Cos ph und daher nach der bekannten Eigenschaft der Elypse
N p = [Formel 1] . b. Cos ph = a. Cos ph. Die Fläche des Elementes N M e c ist daher
= 2. N p q c = 2 a. Cos ph. b. d ph. Cos ph = 2 a. b. d ph. Cos2 ph, bei welcher die Ausdeh-
nung in allen Punkten gleich gross ist.
Die Fig. 14 zeigt einen Theil des vertikalen Längendurchschnittes durch die Achse des Cylin-
ders von einer beliebigen Länge o s = l, und zwar nachdem der Cylinder durch das angehängte Gewicht
gebogen wurde. Hierin ist o s der mittlere, keiner Längenänderung unterworfene Cohaesionsfaden,
der nach der Biegung des Balkens eine Curve bildet. Die beiden Geraden E o F und H s G sind winkel-
recht auf die unveränderte Linie o s, daher ursprünglich, nämlich vor der Biegung, parallel zu ein-
ander, nach derselben aber gegen C convergent. Die durch o zu H s G gezogene Parallele E'o F' zeigt
für die obere Körperhälfte die in dem Dreiecke F o F' begriffene Grösse der Ausdehnungen, und für
die untere Körperhälfte die in dem Dreiecke E' o E begriffene Grösse der Zusammendrückungen der
Massentheile für die Länge o s.
Stellen wir durch a = F F' die Ausdehnung auf die Länge o s = l in F auf der Entfernung
o F = b vor, so ist auf der Entfernung p o = b. Sin ph die Ausdehnung
p t = [Formel 2] . b. Sin ph = a. Sin ph, welche in dem betrachteten Elemente statt findet. Bezeichnet
nun K die Kraft, welche ein Längenelement von dem Querschnitte f und der Länge l um a auszu-
dehnen vermag, so wird für die Fläche 2 a. b. d ph. Cos2 ph und für die Ausdehnung a. Sin ph
offenbar die Kraft [Formel 3] . a. Sin ph erfordert, mit welcher auch dieses Ele-
ment der wirkenden Spannkraft widersteht. Bei der Biegung des Balkens hat diese Kraft von der
unbeweglichen Geraden m n (Fig. 13) die Entfernung p o = b. Sin ph, mithin das Moment
[Formel 4] . Sin ph. b. Sin ph = [Formel 5] . Sin2 ph. Cos2 ph, dessen In-
tegral [Formel 6] das Cohaesionsmoment für die Flä-
Relative Festigkeit der Körper.
§. 307.

Der Ausdruck für das Tragungsvermögen eines Cylinders oder einer
Welle lässt sich auf eine elementare Weise nicht ableiten, und kann nur mittelst der
höheren Analysis gefunden werden *).

*) Es sey Fig. 12 ein ovaler Cylinder ohne Schwere, dessen Materie zugleich ausdehnbar und zusam-
Fig.
12, 13
und
14.
Tab.
15.
mendrückbar ist. Wird derselbe in A C befestigt, z. B. eingemauert, und in B mit einem Gewichte
Q belastet, so wird er dadurch gebogen. Hiebei werden nun, wie §. 287 gezeigt wurde, die
obern Massentheilchen ausgedehnt, die untern dagegen zusammengedrückt, und in irgend einer ho-
rizontalen Fläche f g h i, welche durch die Sehne m n des Querschnittes F E zugleich geht, bleiben
die Theilchen ganz ungeändert.
Nehmen wir an, dass die Cohaesionskraft und Repulsionskraft vollkommen gleich wirke, oder
dass die Ausdehnung und die Zusammendrückung der Theile, welche ein und dasselbe Gewicht bei
derselben Materie und gleicher Fläche zu bewirken im Stande ist, gleich viel betrage, wie es bei
kleinen Belastungen durch die Erfahrung bestätigt wird, so wird die Sehne mon (Fig. 13) in der
Mitte der Höhe E F liegen.
Dieses vorausgesetzt, wollen wir zuerst die Gleichung für die Spannung des horizontalen Flä-
chenelementes N M e c (Fig. 13) aufstellen, und setzen in diesem elyptischen Querschnitte die halbe
kleine Achse F o = b, die halbe grosse Achse n o = a, beschreiben ferner aus o mit der halben
kleinen Achse den Kreis F r E k und setzen den Winkel r o v = φ. Hiernach ist p o = b. Sin. φ und
p q = b. d φ. Cos φ; ferner v p = b. Cos φ und daher nach der bekannten Eigenschaft der Elypse
N p = [Formel 1] . b. Cos φ = a. Cos φ. Die Fläche des Elementes N M e c ist daher
= 2. N p q c = 2 a. Cos φ. b. d φ. Cos φ = 2 a. b. d φ. Cos2 φ, bei welcher die Ausdeh-
nung in allen Punkten gleich gross ist.
Die Fig. 14 zeigt einen Theil des vertikalen Längendurchschnittes durch die Achse des Cylin-
ders von einer beliebigen Länge o s = λ, und zwar nachdem der Cylinder durch das angehängte Gewicht
gebogen wurde. Hierin ist o s der mittlere, keiner Längenänderung unterworfene Cohaesionsfaden,
der nach der Biegung des Balkens eine Curve bildet. Die beiden Geraden E o F und H s G sind winkel-
recht auf die unveränderte Linie o s, daher ursprünglich, nämlich vor der Biegung, parallel zu ein-
ander, nach derselben aber gegen C convergent. Die durch o zu H s G gezogene Parallele E'o F' zeigt
für die obere Körperhälfte die in dem Dreiecke F o F' begriffene Grösse der Ausdehnungen, und für
die untere Körperhälfte die in dem Dreiecke E' o E begriffene Grösse der Zusammendrückungen der
Massentheile für die Länge o s.
Stellen wir durch α = F F' die Ausdehnung auf die Länge o s = λ in F auf der Entfernung
o F = b vor, so ist auf der Entfernung p o = b. Sin φ die Ausdehnung
p t = [Formel 2] . b. Sin φ = α. Sin φ, welche in dem betrachteten Elemente statt findet. Bezeichnet
nun K die Kraft, welche ein Längenelement von dem Querschnitte f und der Länge λ um α auszu-
dehnen vermag, so wird für die Fläche 2 a. b. d φ. Cos2 φ und für die Ausdehnung α. Sin φ
offenbar die Kraft [Formel 3] . α. Sin φ erfordert, mit welcher auch dieses Ele-
ment der wirkenden Spannkraft widersteht. Bei der Biegung des Balkens hat diese Kraft von der
unbeweglichen Geraden m n (Fig. 13) die Entfernung p o = b. Sin φ, mithin das Moment
[Formel 4] . Sin φ. b. Sin φ = [Formel 5] . Sin2 φ. Cos2 φ, dessen In-
tegral [Formel 6] das Cohaesionsmoment für die Flä-
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[316/0346] Relative Festigkeit der Körper. §. 307. Der Ausdruck für das Tragungsvermögen eines Cylinders oder einer Welle lässt sich auf eine elementare Weise nicht ableiten, und kann nur mittelst der höheren Analysis gefunden werden *). *) Es sey Fig. 12 ein ovaler Cylinder ohne Schwere, dessen Materie zugleich ausdehnbar und zusam- mendrückbar ist. Wird derselbe in A C befestigt, z. B. eingemauert, und in B mit einem Gewichte Q belastet, so wird er dadurch gebogen. Hiebei werden nun, wie §. 287 gezeigt wurde, die obern Massentheilchen ausgedehnt, die untern dagegen zusammengedrückt, und in irgend einer ho- rizontalen Fläche f g h i, welche durch die Sehne m n des Querschnittes F E zugleich geht, bleiben die Theilchen ganz ungeändert. Nehmen wir an, dass die Cohaesionskraft und Repulsionskraft vollkommen gleich wirke, oder dass die Ausdehnung und die Zusammendrückung der Theile, welche ein und dasselbe Gewicht bei derselben Materie und gleicher Fläche zu bewirken im Stande ist, gleich viel betrage, wie es bei kleinen Belastungen durch die Erfahrung bestätigt wird, so wird die Sehne mon (Fig. 13) in der Mitte der Höhe E F liegen. Dieses vorausgesetzt, wollen wir zuerst die Gleichung für die Spannung des horizontalen Flä- chenelementes N M e c (Fig. 13) aufstellen, und setzen in diesem elyptischen Querschnitte die halbe kleine Achse F o = b, die halbe grosse Achse n o = a, beschreiben ferner aus o mit der halben kleinen Achse den Kreis F r E k und setzen den Winkel r o v = φ. Hiernach ist p o = b. Sin. φ und p q = b. d φ. Cos φ; ferner v p = b. Cos φ und daher nach der bekannten Eigenschaft der Elypse N p = [FORMEL]. b. Cos φ = a. Cos φ. Die Fläche des Elementes N M e c ist daher = 2. N p q c = 2 a. Cos φ. b. d φ. Cos φ = 2 a. b. d φ. Cos2 φ, bei welcher die Ausdeh- nung in allen Punkten gleich gross ist. Die Fig. 14 zeigt einen Theil des vertikalen Längendurchschnittes durch die Achse des Cylin- ders von einer beliebigen Länge o s = λ, und zwar nachdem der Cylinder durch das angehängte Gewicht gebogen wurde. Hierin ist o s der mittlere, keiner Längenänderung unterworfene Cohaesionsfaden, der nach der Biegung des Balkens eine Curve bildet. Die beiden Geraden E o F und H s G sind winkel- recht auf die unveränderte Linie o s, daher ursprünglich, nämlich vor der Biegung, parallel zu ein- ander, nach derselben aber gegen C convergent. Die durch o zu H s G gezogene Parallele E'o F' zeigt für die obere Körperhälfte die in dem Dreiecke F o F' begriffene Grösse der Ausdehnungen, und für die untere Körperhälfte die in dem Dreiecke E' o E begriffene Grösse der Zusammendrückungen der Massentheile für die Länge o s. Stellen wir durch α = F F' die Ausdehnung auf die Länge o s = λ in F auf der Entfernung o F = b vor, so ist auf der Entfernung p o = b. Sin φ die Ausdehnung p t = [FORMEL]. b. Sin φ = α. Sin φ, welche in dem betrachteten Elemente statt findet. Bezeichnet nun K die Kraft, welche ein Längenelement von dem Querschnitte f und der Länge λ um α auszu- dehnen vermag, so wird für die Fläche 2 a. b. d φ. Cos2 φ und für die Ausdehnung α. Sin φ offenbar die Kraft [FORMEL]. α. Sin φ erfordert, mit welcher auch dieses Ele- ment der wirkenden Spannkraft widersteht. Bei der Biegung des Balkens hat diese Kraft von der unbeweglichen Geraden m n (Fig. 13) die Entfernung p o = b. Sin φ, mithin das Moment [FORMEL]. Sin φ. b. Sin φ = [FORMEL]. Sin2 φ. Cos2 φ, dessen In- tegral [FORMEL] das Cohaesionsmoment für die Flä-

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/346>, abgerufen am 27.11.2024.