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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Schnellwage.
Beispiel. Es sey die abzuwägende Last S + W = 1200 Lb, P = 50 Lb, das Ge-
wicht des Wagebalkens B = 30 Lb, y = 12 Zoll, die Tiefe der Aufhängslinie un-
ter der Achse, h = 1/4 Zoll und H + h = 1/2 Zoll, dann die Verschiebung e = 1
Linie = 1/12 Zoll, so erhalten wir den Ausschlag x = [Formel 1] = 0,15 Zoll.

Nehmen wir dagegen an, dass die Aufhängspunkte mit der Achse in einer Linie liegen, so
ist der Ausschlag x = [Formel 2] = 6 2/3 Zoll; die zweite Schnellwage ist demnach bei wei-
tem empfindlicher, als die erste, wie es der bedeutende Unterschied zwischen der Ab-
weichung des Senkels von der mittlern Linie in beiden Fällen darthut.

§. 185.

Die vierte Eigenschaft einer guten Schnellwage beruht darin, dass, wenn eine
kleine Verschiebung statt findet, sogleich eine Veränderung ihrer Stellung erfolgt. Sie
darf daher nicht träge seyn oder eine Reibung in den Achsen haben. Zur Verhütung
der Trägheit ist dasselbe zu beobachten, was wir §. 172 bei der Krämerwage ange-
führt haben.

§. 186.

Die Schnellwage wurde in ältern Zeiten im Handel sehr häufig gebraucht, hievon
ist es aber gegenwärtig abgekommen, indem die viel bequemere Krämerwage an ihre Stelle
getreten ist. Der häufigste Gebrauch, den man dermalen noch von der Schnellwage
macht, ist zum Abwägen schwerer Wägen, die mit Kaufmannswaaren, Heu,
Fig.
6.
Tab.
9.
Stroh u. dgl. beladen sind. Die Zeichnung einer solchen Wage enthält Fig. 6 bis 11. Sie
besteht aus einem eisernen, hinlänglich starken Wagebalken c f, über dessen Construction
bei der Schnellwage bereits das Nöthige angeführt wurde. Wenn das Wagegebäude nicht
so hergestellt ist, dass die Wägen durchfahren können, sondern dieselben ausserhalb dem
Gebäude zum Behufe des Abwägens anfahren müssen, wie es Fig. 6 angenommen ist, so
wird der Wagebalken vor der Vornahme einer jeden Abwägung zuerst aus dem Gebäude
herausgefahren. Um diess bewirken zu können, hängt derselbe mittelst der Kette e g und
der Stange d f an der eisernen Stange e d, welche mittelst der zwei Rollen in e und d auf
einer Holzbahn h i herausgefahren wird, indem man zu diesem Behufe das Seil a b, wel-
ches am hintern Ende der Stange bei e befestigt ist, in der Richtung von a gegen c an-
zieht. Oberhalb der Stange e d befindet sich in k ein Haken, welcher sich, wenn die
Stange herausgefahren wird, in das eiserne Gehänge l k von selbst einhängt. Nun wer-
den die 4 Ketten, welche an dem kürzern Wagebalkenarme der Schnellwage befestigt
Fig.
7.
sind, um die Achsen des Wagens geschlungen und hierauf der Hebebaum l n mittelst
der eisernen, unten gezähnten Stange n o aufgezogen. Diess geschieht, indem man
durch die Kurbel p (Fig. 7) die Schraube ohne Ende q r und dadurch das gezähnte Rad
r s sammt dem Getriebe t in Bewegung setzt. Wenn der Wagen so weit aufgezogen ist,
dass die Räder auf dem Boden nicht mehr aufstehen, so wird die Kette e g (Fig. 6) abge-
nommen, damit der Wagebalken ganz frei sey, und hierauf das Abwägen mit dem Lauf-
gewichte auf die bereits bekannte Art vorgenommen.

Schnellwage.
Beispiel. Es sey die abzuwägende Last S + W = 1200 ℔, P = 50 ℔, das Ge-
wicht des Wagebalkens B = 30 ℔, y = 12 Zoll, die Tiefe der Aufhängslinie un-
ter der Achse, h = ¼ Zoll und H + h = ½ Zoll, dann die Verschiebung e = 1
Linie = 1/12 Zoll, so erhalten wir den Ausschlag x = [Formel 1] = 0,15 Zoll.

Nehmen wir dagegen an, dass die Aufhängspunkte mit der Achse in einer Linie liegen, so
ist der Ausschlag x = [Formel 2] = 6⅔ Zoll; die zweite Schnellwage ist demnach bei wei-
tem empfindlicher, als die erste, wie es der bedeutende Unterschied zwischen der Ab-
weichung des Senkels von der mittlern Linie in beiden Fällen darthut.

§. 185.

Die vierte Eigenschaft einer guten Schnellwage beruht darin, dass, wenn eine
kleine Verschiebung statt findet, sogleich eine Veränderung ihrer Stellung erfolgt. Sie
darf daher nicht träge seyn oder eine Reibung in den Achsen haben. Zur Verhütung
der Trägheit ist dasselbe zu beobachten, was wir §. 172 bei der Krämerwage ange-
führt haben.

§. 186.

Die Schnellwage wurde in ältern Zeiten im Handel sehr häufig gebraucht, hievon
ist es aber gegenwärtig abgekommen, indem die viel bequemere Krämerwage an ihre Stelle
getreten ist. Der häufigste Gebrauch, den man dermalen noch von der Schnellwage
macht, ist zum Abwägen schwerer Wägen, die mit Kaufmannswaaren, Heu,
Fig.
6.
Tab.
9.
Stroh u. dgl. beladen sind. Die Zeichnung einer solchen Wage enthält Fig. 6 bis 11. Sie
besteht aus einem eisernen, hinlänglich starken Wagebalken c f, über dessen Construction
bei der Schnellwage bereits das Nöthige angeführt wurde. Wenn das Wagegebäude nicht
so hergestellt ist, dass die Wägen durchfahren können, sondern dieselben ausserhalb dem
Gebäude zum Behufe des Abwägens anfahren müssen, wie es Fig. 6 angenommen ist, so
wird der Wagebalken vor der Vornahme einer jeden Abwägung zuerst aus dem Gebäude
herausgefahren. Um diess bewirken zu können, hängt derselbe mittelst der Kette e g und
der Stange d f an der eisernen Stange e d, welche mittelst der zwei Rollen in e und d auf
einer Holzbahn h i herausgefahren wird, indem man zu diesem Behufe das Seil a b, wel-
ches am hintern Ende der Stange bei e befestigt ist, in der Richtung von a gegen c an-
zieht. Oberhalb der Stange e d befindet sich in k ein Haken, welcher sich, wenn die
Stange herausgefahren wird, in das eiserne Gehänge l k von selbst einhängt. Nun wer-
den die 4 Ketten, welche an dem kürzern Wagebalkenarme der Schnellwage befestigt
Fig.
7.
sind, um die Achsen des Wagens geschlungen und hierauf der Hebebaum l n mittelst
der eisernen, unten gezähnten Stange n o aufgezogen. Diess geschieht, indem man
durch die Kurbel p (Fig. 7) die Schraube ohne Ende q r und dadurch das gezähnte Rad
r s sammt dem Getriebe t in Bewegung setzt. Wenn der Wagen so weit aufgezogen ist,
dass die Räder auf dem Boden nicht mehr aufstehen, so wird die Kette e g (Fig. 6) abge-
nommen, damit der Wagebalken ganz frei sey, und hierauf das Abwägen mit dem Lauf-
gewichte auf die bereits bekannte Art vorgenommen.

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[192/0222] Schnellwage. Beispiel. Es sey die abzuwägende Last S + W = 1200 ℔, P = 50 ℔, das Ge- wicht des Wagebalkens B = 30 ℔, y = 12 Zoll, die Tiefe der Aufhängslinie un- ter der Achse, h = ¼ Zoll und H + h = ½ Zoll, dann die Verschiebung e = 1 Linie = 1/12 Zoll, so erhalten wir den Ausschlag x = [FORMEL] = 0,15 Zoll. Nehmen wir dagegen an, dass die Aufhängspunkte mit der Achse in einer Linie liegen, so ist der Ausschlag x = [FORMEL] = 6⅔ Zoll; die zweite Schnellwage ist demnach bei wei- tem empfindlicher, als die erste, wie es der bedeutende Unterschied zwischen der Ab- weichung des Senkels von der mittlern Linie in beiden Fällen darthut. §. 185. Die vierte Eigenschaft einer guten Schnellwage beruht darin, dass, wenn eine kleine Verschiebung statt findet, sogleich eine Veränderung ihrer Stellung erfolgt. Sie darf daher nicht träge seyn oder eine Reibung in den Achsen haben. Zur Verhütung der Trägheit ist dasselbe zu beobachten, was wir §. 172 bei der Krämerwage ange- führt haben. §. 186. Die Schnellwage wurde in ältern Zeiten im Handel sehr häufig gebraucht, hievon ist es aber gegenwärtig abgekommen, indem die viel bequemere Krämerwage an ihre Stelle getreten ist. Der häufigste Gebrauch, den man dermalen noch von der Schnellwage macht, ist zum Abwägen schwerer Wägen, die mit Kaufmannswaaren, Heu, Stroh u. dgl. beladen sind. Die Zeichnung einer solchen Wage enthält Fig. 6 bis 11. Sie besteht aus einem eisernen, hinlänglich starken Wagebalken c f, über dessen Construction bei der Schnellwage bereits das Nöthige angeführt wurde. Wenn das Wagegebäude nicht so hergestellt ist, dass die Wägen durchfahren können, sondern dieselben ausserhalb dem Gebäude zum Behufe des Abwägens anfahren müssen, wie es Fig. 6 angenommen ist, so wird der Wagebalken vor der Vornahme einer jeden Abwägung zuerst aus dem Gebäude herausgefahren. Um diess bewirken zu können, hängt derselbe mittelst der Kette e g und der Stange d f an der eisernen Stange e d, welche mittelst der zwei Rollen in e und d auf einer Holzbahn h i herausgefahren wird, indem man zu diesem Behufe das Seil a b, wel- ches am hintern Ende der Stange bei e befestigt ist, in der Richtung von a gegen c an- zieht. Oberhalb der Stange e d befindet sich in k ein Haken, welcher sich, wenn die Stange herausgefahren wird, in das eiserne Gehänge l k von selbst einhängt. Nun wer- den die 4 Ketten, welche an dem kürzern Wagebalkenarme der Schnellwage befestigt sind, um die Achsen des Wagens geschlungen und hierauf der Hebebaum l n mittelst der eisernen, unten gezähnten Stange n o aufgezogen. Diess geschieht, indem man durch die Kurbel p (Fig. 7) die Schraube ohne Ende q r und dadurch das gezähnte Rad r s sammt dem Getriebe t in Bewegung setzt. Wenn der Wagen so weit aufgezogen ist, dass die Räder auf dem Boden nicht mehr aufstehen, so wird die Kette e g (Fig. 6) abge- nommen, damit der Wagebalken ganz frei sey, und hierauf das Abwägen mit dem Lauf- gewichte auf die bereits bekannte Art vorgenommen. Fig. 6. Tab. 9. Fig. 7.

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/222>, abgerufen am 28.03.2024.