Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite
Hebladen.
A. Hebladen.
§. 153.

Unter allen mechanischen Werkzeugen ist der Hebel das einfachste; da man je-
doch, um eine grosse Last zu heben, den Hebelsarm von Seite der Last sehr klein machen
muss, demnach mit einem Hube keine bedeutende Höhe erreichen kann, so hat man Heb-
laden
oder solche Vorrichtungen erfunden, bei welchen nach jedem Hube die Last auf
der bewirkten Höhe erhalten, sodann der Unterstützungspunkt erhöht, ein neuer Hub
gemacht und auf solche Art der Zweck durch mehrere Hübe erreicht werden kann. Man
bedient sich der Hebladen, vorzüglich um schwere Lasten, als Baumstämme, Kanonen
u. dgl. auf Wägen aufzuladen, um Baumstöcke oder Pfähle auszureissen u. s. w.

Die einfachste Maschine dieser Art ist der Geisfuss, der eigentlich ein blosser He-Fig.
9.
Tab.
7.

bel ist, und bei dem Steinbrechen gebraucht wird. Man steckt nämlich den Fuss A C des-
selben in eine Spalte oder sichtbare Ablösung der Steine, und wenn mit einem Herabdrü-
cken desselben die Spalte nicht hoch genug geöffnet ist, so treibt man Keile daneben hin-
ein, gibt dem Hebel eine Unterlage, hebt zum zweitenmale u. s. w. bis der Stein von
allen Seiten so abgelöst ist, dass man ihn von seinem Lager abheben und weiter be-
arbeiten kann. Eine Berechnung hierüber haben wir bereits §. 65 (Fig. 18. Tab. 1) ange-
führt. Weil dieses Instrument, besonders der Fuss A C sehr viel leidet, so wird der Geis-
fuss gewöhnlich ganz von Eisen mit einer gestählten Spitze und am Ende bei A stärker
als bei der Handhabe B gemacht.

§. 154.

Um schwächere Pfähle auszuziehen, bedient man sich eines langen Hebels A B, derFig.
14.
Tab.
5.

bei A mit einem eisernen gut befestigten krummgebogenen Haken versehen ist, an
welchem der Pfahl mit einem Seile oder einer Kette befestigt wird. Man rückt nun eine
unten breite Unterlage C so nahe als möglich an den Pfahl, drückt den Hebel bei B her-
ab, und wenn der Pfahl etwas nachgegeben hat, erhöht man die Unterlage C und fährt
mit dem Heben so lange fort, als man es zum Ausheben des Pfahles nothwendig findet.
Die Berechnung dieser Maschine ist bereits bekannt.

§. 155.

Einer ähnlichen Vorrichtung bedient man sich bei dem Ausreissen der Baum-Fig.
8.
Tab.
7.

stöcke. Bei Stämmen, die keine Pfahlwurzel haben, gräbt man den Stock um, und
haut die schwächern Wurzeln ab; die stärkste wird auf einer grössern Entfernung,
als die übrigen, vom Stamme abgehauen, und auch mehr als der übrige Stock
untergraben. Hierauf steckt man einen langen, am Fusse mit einem umgeboge-
nen Eisen beschlagenen Hebebaum A C B unter diese Wurzel, einige Arbeitsleute
halten diesen Baum so hoch als möglich in die Höhe und legen bei C ein halb-
rundes Scheitholz als Unterlage des Hebels darunter. Sodann klettern einige Arbei-
ter N, O, P, Q auf den Baum, begeben sich bis an dessen äusserstes Ende, wo sie,
während sie sich mit den Knien am Baume halten, denselben durch ein gemeinschaftliches
Aufsitzen und Erheben in eine schwingende Bewegung bringen und diese so lange vergrös-

Gerstner's Mechanik. Band I. 21
Hebladen.
A. Hebladen.
§. 153.

Unter allen mechanischen Werkzeugen ist der Hebel das einfachste; da man je-
doch, um eine grosse Last zu heben, den Hebelsarm von Seite der Last sehr klein machen
muss, demnach mit einem Hube keine bedeutende Höhe erreichen kann, so hat man Heb-
laden
oder solche Vorrichtungen erfunden, bei welchen nach jedem Hube die Last auf
der bewirkten Höhe erhalten, sodann der Unterstützungspunkt erhöht, ein neuer Hub
gemacht und auf solche Art der Zweck durch mehrere Hübe erreicht werden kann. Man
bedient sich der Hebladen, vorzüglich um schwere Lasten, als Baumstämme, Kanonen
u. dgl. auf Wägen aufzuladen, um Baumstöcke oder Pfähle auszureissen u. s. w.

Die einfachste Maschine dieser Art ist der Geisfuss, der eigentlich ein blosser He-Fig.
9.
Tab.
7.

bel ist, und bei dem Steinbrechen gebraucht wird. Man steckt nämlich den Fuss A C des-
selben in eine Spalte oder sichtbare Ablösung der Steine, und wenn mit einem Herabdrü-
cken desselben die Spalte nicht hoch genug geöffnet ist, so treibt man Keile daneben hin-
ein, gibt dem Hebel eine Unterlage, hebt zum zweitenmale u. s. w. bis der Stein von
allen Seiten so abgelöst ist, dass man ihn von seinem Lager abheben und weiter be-
arbeiten kann. Eine Berechnung hierüber haben wir bereits §. 65 (Fig. 18. Tab. 1) ange-
führt. Weil dieses Instrument, besonders der Fuss A C sehr viel leidet, so wird der Geis-
fuss gewöhnlich ganz von Eisen mit einer gestählten Spitze und am Ende bei A stärker
als bei der Handhabe B gemacht.

§. 154.

Um schwächere Pfähle auszuziehen, bedient man sich eines langen Hebels A B, derFig.
14.
Tab.
5.

bei A mit einem eisernen gut befestigten krummgebogenen Haken versehen ist, an
welchem der Pfahl mit einem Seile oder einer Kette befestigt wird. Man rückt nun eine
unten breite Unterlage C so nahe als möglich an den Pfahl, drückt den Hebel bei B her-
ab, und wenn der Pfahl etwas nachgegeben hat, erhöht man die Unterlage C und fährt
mit dem Heben so lange fort, als man es zum Ausheben des Pfahles nothwendig findet.
Die Berechnung dieser Maschine ist bereits bekannt.

§. 155.

Einer ähnlichen Vorrichtung bedient man sich bei dem Ausreissen der Baum-Fig.
8.
Tab.
7.

stöcke. Bei Stämmen, die keine Pfahlwurzel haben, gräbt man den Stock um, und
haut die schwächern Wurzeln ab; die stärkste wird auf einer grössern Entfernung,
als die übrigen, vom Stamme abgehauen, und auch mehr als der übrige Stock
untergraben. Hierauf steckt man einen langen, am Fusse mit einem umgeboge-
nen Eisen beschlagenen Hebebaum A C B unter diese Wurzel, einige Arbeitsleute
halten diesen Baum so hoch als möglich in die Höhe und legen bei C ein halb-
rundes Scheitholz als Unterlage des Hebels darunter. Sodann klettern einige Arbei-
ter N, O, P, Q auf den Baum, begeben sich bis an dessen äusserstes Ende, wo sie,
während sie sich mit den Knien am Baume halten, denselben durch ein gemeinschaftliches
Aufsitzen und Erheben in eine schwingende Bewegung bringen und diese so lange vergrös-

Gerstner’s Mechanik. Band I. 21
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0191" n="161"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Hebladen</hi>.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>A. <hi rendition="#g">Hebladen</hi>.</head><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 153.</head><lb/>
              <p>Unter allen mechanischen Werkzeugen ist der <hi rendition="#g">Hebel</hi> das einfachste; da man je-<lb/>
doch, um eine grosse Last zu heben, den Hebelsarm von Seite der Last sehr klein machen<lb/>
muss, demnach mit einem Hube keine bedeutende Höhe erreichen kann, so hat man <hi rendition="#g">Heb-<lb/>
laden</hi> oder solche Vorrichtungen erfunden, bei welchen nach jedem Hube die Last auf<lb/>
der bewirkten Höhe erhalten, sodann der Unterstützungspunkt erhöht, ein neuer Hub<lb/>
gemacht und auf solche Art der Zweck durch mehrere Hübe erreicht werden kann. Man<lb/>
bedient sich der Hebladen, vorzüglich um schwere Lasten, als Baumstämme, Kanonen<lb/>
u. dgl. auf Wägen aufzuladen, um Baumstöcke oder Pfähle auszureissen u. s. w.</p><lb/>
              <p>Die einfachste Maschine dieser Art ist der <hi rendition="#g">Geisfuss</hi>, der eigentlich ein blosser He-<note place="right">Fig.<lb/>
9.<lb/>
Tab.<lb/>
7.</note><lb/>
bel ist, und bei dem Steinbrechen gebraucht wird. Man steckt nämlich den Fuss A C des-<lb/>
selben in eine Spalte oder sichtbare Ablösung der Steine, und wenn mit einem Herabdrü-<lb/>
cken desselben die Spalte nicht hoch genug geöffnet ist, so treibt man Keile daneben hin-<lb/>
ein, gibt dem Hebel eine Unterlage, hebt zum zweitenmale u. s. w. bis der Stein von<lb/>
allen Seiten so abgelöst ist, dass man ihn von seinem Lager abheben und weiter be-<lb/>
arbeiten kann. Eine Berechnung hierüber haben wir bereits §. 65 (Fig. 18. Tab. 1) ange-<lb/>
führt. Weil dieses Instrument, besonders der Fuss A C sehr viel leidet, so wird der Geis-<lb/>
fuss gewöhnlich ganz von Eisen mit einer gestählten Spitze und am Ende bei A stärker<lb/>
als bei der Handhabe B gemacht.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 154.</head><lb/>
              <p>Um schwächere Pfähle auszuziehen, bedient man sich eines langen Hebels A B, der<note place="right">Fig.<lb/>
14.<lb/>
Tab.<lb/>
5.</note><lb/>
bei A mit einem eisernen gut befestigten krummgebogenen Haken versehen ist, an<lb/>
welchem der Pfahl mit einem Seile oder einer Kette befestigt wird. Man rückt nun eine<lb/>
unten breite Unterlage C so nahe als möglich an den Pfahl, drückt den Hebel bei B her-<lb/>
ab, und wenn der Pfahl etwas nachgegeben hat, erhöht man die Unterlage C und fährt<lb/>
mit dem Heben so lange fort, als man es zum Ausheben des Pfahles nothwendig findet.<lb/>
Die Berechnung dieser Maschine ist bereits bekannt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 155.</head><lb/>
              <p>Einer ähnlichen Vorrichtung bedient man sich bei dem <hi rendition="#g">Ausreissen der Baum-</hi><note place="right">Fig.<lb/>
8.<lb/>
Tab.<lb/>
7.</note><lb/><hi rendition="#g">stöcke</hi>. Bei Stämmen, die keine Pfahlwurzel haben, gräbt man den Stock um, und<lb/>
haut die schwächern Wurzeln ab; die stärkste wird auf einer grössern Entfernung,<lb/>
als die übrigen, vom Stamme abgehauen, und auch mehr als der übrige Stock<lb/>
untergraben. Hierauf steckt man einen langen, am Fusse mit einem umgeboge-<lb/>
nen Eisen beschlagenen Hebebaum A C B unter diese Wurzel, einige Arbeitsleute<lb/>
halten diesen Baum so hoch als möglich in die Höhe und legen bei C ein halb-<lb/>
rundes Scheitholz als Unterlage des Hebels darunter. Sodann klettern einige Arbei-<lb/>
ter N, O, P, Q auf den Baum, begeben sich bis an dessen äusserstes Ende, wo sie,<lb/>
während sie sich mit den Knien am Baume halten, denselben durch ein gemeinschaftliches<lb/>
Aufsitzen und Erheben in eine schwingende Bewegung bringen und diese so lange vergrös-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Gerstner&#x2019;s Mechanik. Band I. 21</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0191] Hebladen. A. Hebladen. §. 153. Unter allen mechanischen Werkzeugen ist der Hebel das einfachste; da man je- doch, um eine grosse Last zu heben, den Hebelsarm von Seite der Last sehr klein machen muss, demnach mit einem Hube keine bedeutende Höhe erreichen kann, so hat man Heb- laden oder solche Vorrichtungen erfunden, bei welchen nach jedem Hube die Last auf der bewirkten Höhe erhalten, sodann der Unterstützungspunkt erhöht, ein neuer Hub gemacht und auf solche Art der Zweck durch mehrere Hübe erreicht werden kann. Man bedient sich der Hebladen, vorzüglich um schwere Lasten, als Baumstämme, Kanonen u. dgl. auf Wägen aufzuladen, um Baumstöcke oder Pfähle auszureissen u. s. w. Die einfachste Maschine dieser Art ist der Geisfuss, der eigentlich ein blosser He- bel ist, und bei dem Steinbrechen gebraucht wird. Man steckt nämlich den Fuss A C des- selben in eine Spalte oder sichtbare Ablösung der Steine, und wenn mit einem Herabdrü- cken desselben die Spalte nicht hoch genug geöffnet ist, so treibt man Keile daneben hin- ein, gibt dem Hebel eine Unterlage, hebt zum zweitenmale u. s. w. bis der Stein von allen Seiten so abgelöst ist, dass man ihn von seinem Lager abheben und weiter be- arbeiten kann. Eine Berechnung hierüber haben wir bereits §. 65 (Fig. 18. Tab. 1) ange- führt. Weil dieses Instrument, besonders der Fuss A C sehr viel leidet, so wird der Geis- fuss gewöhnlich ganz von Eisen mit einer gestählten Spitze und am Ende bei A stärker als bei der Handhabe B gemacht. Fig. 9. Tab. 7. §. 154. Um schwächere Pfähle auszuziehen, bedient man sich eines langen Hebels A B, der bei A mit einem eisernen gut befestigten krummgebogenen Haken versehen ist, an welchem der Pfahl mit einem Seile oder einer Kette befestigt wird. Man rückt nun eine unten breite Unterlage C so nahe als möglich an den Pfahl, drückt den Hebel bei B her- ab, und wenn der Pfahl etwas nachgegeben hat, erhöht man die Unterlage C und fährt mit dem Heben so lange fort, als man es zum Ausheben des Pfahles nothwendig findet. Die Berechnung dieser Maschine ist bereits bekannt. Fig. 14. Tab. 5. §. 155. Einer ähnlichen Vorrichtung bedient man sich bei dem Ausreissen der Baum- stöcke. Bei Stämmen, die keine Pfahlwurzel haben, gräbt man den Stock um, und haut die schwächern Wurzeln ab; die stärkste wird auf einer grössern Entfernung, als die übrigen, vom Stamme abgehauen, und auch mehr als der übrige Stock untergraben. Hierauf steckt man einen langen, am Fusse mit einem umgeboge- nen Eisen beschlagenen Hebebaum A C B unter diese Wurzel, einige Arbeitsleute halten diesen Baum so hoch als möglich in die Höhe und legen bei C ein halb- rundes Scheitholz als Unterlage des Hebels darunter. Sodann klettern einige Arbei- ter N, O, P, Q auf den Baum, begeben sich bis an dessen äusserstes Ende, wo sie, während sie sich mit den Knien am Baume halten, denselben durch ein gemeinschaftliches Aufsitzen und Erheben in eine schwingende Bewegung bringen und diese so lange vergrös- Fig. 8. Tab. 7. Gerstner’s Mechanik. Band I. 21

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/191
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/191>, abgerufen am 23.11.2024.