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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Tretrad.
schine bedeutend, (wovon später umständlich gesprochen werden wird); endlich kom-
men bei den Treträdern die Arbeiter nicht selten in Gefahr, wenn sie aus Versehen, oder
wenn die Last abgeladen werden soll, beim Herablassen derselben zu weit zurücktreten;
die Last bekommt nämlich in diesem Falle das Uibergewicht, treibt das Rad mit be-
schleunigter Bewegung zurück, die Arbeiter stürzen um, werden im Rade herumge-
schleudert und nicht selten bedeutend beschädigt.

Zur Vermeidung solcher Unglücksfälle bringt man an den Treträdern verschiedene Vor-
richtungen (Mechanismen) an, deren Erklärung wir umständlicher erst in der Folge ab-
handeln werden, und hier nur im allgemeinen andeuten wollen; nämlich:

a) Es wird ein Sperrrad mit einem Sperrkegel von aussen angebracht, um das Tretrad
zu verhindern, eine entgegengesetzte Bewegung anzunehmen.
b) Man bringt an vier mit einander verbundenen Hebeln Schwungkolben an, welche
bei beschleunigter Bewegung Widerhacken oder Sperrhebel einfallen lassen und
das Tretrad feststellen.
c) Man bringt ein einfaches oder doppeltes Premsrad (Premsbalken) an, wodurch die
Bewegung des Tretrades angehalten und schnell in Ruhe gebracht wird.
d) Man legt um die Welle des Tretrades schwebende eiserne Ringe, woran die Ar-
beiter bei dem Zurückgehen oder Herablassen der Last sich halten, und gegen
das Umstürzen sicher stellen u. s. w.

Aus diesen Gründen ersieht man, warum Treträder, die man sonst bei Kranichen
zum Aufziehen der Waaren aus Schiffen, bei Bretmühlen zum Aufziehen der Baumstäm-
me, bei Getreidemühlen zum Aufziehen der Getreidesäcke in die höhern Stockwerke oder
auch zum Getreidemahlen selbst und bei mehrern ähnlichen Maschinen verwandte, gegen-
wärtig nur noch selten gebraucht werden.

§. 134.
Fig.
9.
Tab.
2.

Unter den Treträdern ist das schiefstehende (Fig. 9) oder die sogenannte Tret-
scheibe
das zweckmässigste, indem es die Arbeiter unglücklichen Zufällen weit weni-
ger aussetzt und daher mehr im Gebrauche ist. Auch hat es vor den Tret- oder
Laufrädern den Vortheil, dass der Arbeiter durch seine grössere Entfernung vom Mittel-
punkte der Welle seinen Hebelsarm E D vergrössern, folglich sein statisches Moment
vermehren und einer grössern Last das Gleichgewicht halten könne; so wie derselbe im
Gegentheile durch eine Annäherung zu dem Mittelpunkte sein statisches Moment verklei-
nern kann. In einem jeden dieser Fälle kann sich der Arbeiter mit seiner mittlern
Geschwindigkeit bewegen, und dadurch den grössten Effekt bewirken. Die Berechnung
derselben ist jener gleich, welche wir §. 132 bei dem Tretrade aufgestellt haben.

Es befinde sich nämlich Fig. 14 das Gewicht (M) des Arbeiters in D, so wirkt die-
Fig.
14.
Tab.
4.
ses nach der Richtung der Schwere in der Linie D p mit einer Kraft (= M) senkrecht
herab. Diese Kraft bildet mit der Fläche der Tretscheibe einen Winkel p D C und muss
daher in zwei Theile zerlegt werden, welches geschieht, wenn wir die Linie D r win-
kelrecht auf die Tretscheibe und die Linie D q in der Fläche der Tretscheibe nach der
Richtung, in welcher sich der Arbeiter bewegt, ziehen. Wird ferner p q parallel zu
r D und r p parallel zu D q gezogen, so wird die Kraft M = D p nach dem bekannten

Tretrad.
schine bedeutend, (wovon später umständlich gesprochen werden wird); endlich kom-
men bei den Treträdern die Arbeiter nicht selten in Gefahr, wenn sie aus Versehen, oder
wenn die Last abgeladen werden soll, beim Herablassen derselben zu weit zurücktreten;
die Last bekommt nämlich in diesem Falle das Uibergewicht, treibt das Rad mit be-
schleunigter Bewegung zurück, die Arbeiter stürzen um, werden im Rade herumge-
schleudert und nicht selten bedeutend beschädigt.

Zur Vermeidung solcher Unglücksfälle bringt man an den Treträdern verschiedene Vor-
richtungen (Mechanismen) an, deren Erklärung wir umständlicher erst in der Folge ab-
handeln werden, und hier nur im allgemeinen andeuten wollen; nämlich:

a) Es wird ein Sperrrad mit einem Sperrkegel von aussen angebracht, um das Tretrad
zu verhindern, eine entgegengesetzte Bewegung anzunehmen.
b) Man bringt an vier mit einander verbundenen Hebeln Schwungkolben an, welche
bei beschleunigter Bewegung Widerhacken oder Sperrhebel einfallen lassen und
das Tretrad feststellen.
c) Man bringt ein einfaches oder doppeltes Premsrad (Premsbalken) an, wodurch die
Bewegung des Tretrades angehalten und schnell in Ruhe gebracht wird.
d) Man legt um die Welle des Tretrades schwebende eiserne Ringe, woran die Ar-
beiter bei dem Zurückgehen oder Herablassen der Last sich halten, und gegen
das Umstürzen sicher stellen u. s. w.

Aus diesen Gründen ersieht man, warum Treträder, die man sonst bei Kranichen
zum Aufziehen der Waaren aus Schiffen, bei Bretmühlen zum Aufziehen der Baumstäm-
me, bei Getreidemühlen zum Aufziehen der Getreidesäcke in die höhern Stockwerke oder
auch zum Getreidemahlen selbst und bei mehrern ähnlichen Maschinen verwandte, gegen-
wärtig nur noch selten gebraucht werden.

§. 134.
Fig.
9.
Tab.
2.

Unter den Treträdern ist das schiefstehende (Fig. 9) oder die sogenannte Tret-
scheibe
das zweckmässigste, indem es die Arbeiter unglücklichen Zufällen weit weni-
ger aussetzt und daher mehr im Gebrauche ist. Auch hat es vor den Tret- oder
Laufrädern den Vortheil, dass der Arbeiter durch seine grössere Entfernung vom Mittel-
punkte der Welle seinen Hebelsarm E D vergrössern, folglich sein statisches Moment
vermehren und einer grössern Last das Gleichgewicht halten könne; so wie derselbe im
Gegentheile durch eine Annäherung zu dem Mittelpunkte sein statisches Moment verklei-
nern kann. In einem jeden dieser Fälle kann sich der Arbeiter mit seiner mittlern
Geschwindigkeit bewegen, und dadurch den grössten Effekt bewirken. Die Berechnung
derselben ist jener gleich, welche wir §. 132 bei dem Tretrade aufgestellt haben.

Es befinde sich nämlich Fig. 14 das Gewicht (M) des Arbeiters in D, so wirkt die-
Fig.
14.
Tab.
4.
ses nach der Richtung der Schwere in der Linie D p mit einer Kraft (= M) senkrecht
herab. Diese Kraft bildet mit der Fläche der Tretscheibe einen Winkel p D C und muss
daher in zwei Theile zerlegt werden, welches geschieht, wenn wir die Linie D r win-
kelrecht auf die Tretscheibe und die Linie D q in der Fläche der Tretscheibe nach der
Richtung, in welcher sich der Arbeiter bewegt, ziehen. Wird ferner p q parallel zu
r D und r p parallel zu D q gezogen, so wird die Kraft M = D p nach dem bekannten

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[146/0176] Tretrad. schine bedeutend, (wovon später umständlich gesprochen werden wird); endlich kom- men bei den Treträdern die Arbeiter nicht selten in Gefahr, wenn sie aus Versehen, oder wenn die Last abgeladen werden soll, beim Herablassen derselben zu weit zurücktreten; die Last bekommt nämlich in diesem Falle das Uibergewicht, treibt das Rad mit be- schleunigter Bewegung zurück, die Arbeiter stürzen um, werden im Rade herumge- schleudert und nicht selten bedeutend beschädigt. Zur Vermeidung solcher Unglücksfälle bringt man an den Treträdern verschiedene Vor- richtungen (Mechanismen) an, deren Erklärung wir umständlicher erst in der Folge ab- handeln werden, und hier nur im allgemeinen andeuten wollen; nämlich: a) Es wird ein Sperrrad mit einem Sperrkegel von aussen angebracht, um das Tretrad zu verhindern, eine entgegengesetzte Bewegung anzunehmen. b) Man bringt an vier mit einander verbundenen Hebeln Schwungkolben an, welche bei beschleunigter Bewegung Widerhacken oder Sperrhebel einfallen lassen und das Tretrad feststellen. c) Man bringt ein einfaches oder doppeltes Premsrad (Premsbalken) an, wodurch die Bewegung des Tretrades angehalten und schnell in Ruhe gebracht wird. d) Man legt um die Welle des Tretrades schwebende eiserne Ringe, woran die Ar- beiter bei dem Zurückgehen oder Herablassen der Last sich halten, und gegen das Umstürzen sicher stellen u. s. w. Aus diesen Gründen ersieht man, warum Treträder, die man sonst bei Kranichen zum Aufziehen der Waaren aus Schiffen, bei Bretmühlen zum Aufziehen der Baumstäm- me, bei Getreidemühlen zum Aufziehen der Getreidesäcke in die höhern Stockwerke oder auch zum Getreidemahlen selbst und bei mehrern ähnlichen Maschinen verwandte, gegen- wärtig nur noch selten gebraucht werden. §. 134. Unter den Treträdern ist das schiefstehende (Fig. 9) oder die sogenannte Tret- scheibe das zweckmässigste, indem es die Arbeiter unglücklichen Zufällen weit weni- ger aussetzt und daher mehr im Gebrauche ist. Auch hat es vor den Tret- oder Laufrädern den Vortheil, dass der Arbeiter durch seine grössere Entfernung vom Mittel- punkte der Welle seinen Hebelsarm E D vergrössern, folglich sein statisches Moment vermehren und einer grössern Last das Gleichgewicht halten könne; so wie derselbe im Gegentheile durch eine Annäherung zu dem Mittelpunkte sein statisches Moment verklei- nern kann. In einem jeden dieser Fälle kann sich der Arbeiter mit seiner mittlern Geschwindigkeit bewegen, und dadurch den grössten Effekt bewirken. Die Berechnung derselben ist jener gleich, welche wir §. 132 bei dem Tretrade aufgestellt haben. Es befinde sich nämlich Fig. 14 das Gewicht (M) des Arbeiters in D, so wirkt die- ses nach der Richtung der Schwere in der Linie D p mit einer Kraft (= M) senkrecht herab. Diese Kraft bildet mit der Fläche der Tretscheibe einen Winkel p D C und muss daher in zwei Theile zerlegt werden, welches geschieht, wenn wir die Linie D r win- kelrecht auf die Tretscheibe und die Linie D q in der Fläche der Tretscheibe nach der Richtung, in welcher sich der Arbeiter bewegt, ziehen. Wird ferner p q parallel zu r D und r p parallel zu D q gezogen, so wird die Kraft M = D p nach dem bekannten Fig. 14. Tab. 4.

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/176>, abgerufen am 24.11.2024.