nach wird die dritte Kraft O E = sqrt (N O2 + N E2) = 10 Lb seyn. Wenn daher an den drit- ten Faden 10 Lb angehängt werden, so wird man durch Verschiebung dieses Gewichtes an der Peripherie finden, dass für den Stand des Gleichgewichtes die Schnur O R genau in die Richtung der Diagonale O E fällt. Diese Bestättigung ergibt sich auch aus einem jeden anders gewählten Versuche.
§. 118.
Aus dem Verfahren, wie aus zwei Kräften mittelst eines Parallelogrammes eine dritte gefunden wird, deren Wirkung eben so gross ist, als die vereinigte Wirkung beider ge- gebenen Kräfte, lässt sich auch das Verfahren ableiten, wie eine Kraft in zwei andere nach gegebenen oder willkührlichen Richtungen zerlegt, und die Grössen dieser Seitenkräfte gefunden werden können. Zu einem Bei- Fig. 5. Tab. 4.spiele wollen wir das Parallelogramm O M E N annehmen, welches um die Diagonallinie O E beschrieben wurde. Es sey O E die gegebene mittlere Kraft, O M und O N aber die Richtungen der Kräfte, in welche die mittlere zerlegt werden soll. Man ziehe E N paral- lel zu O M und E M parallel zu O N, so gibt das Verhältniss der Linien O N und O M zur mittlern O E das Maass der beiden gesuchten Seitenkräfte.
Wenn wir ferner aus N die Linie N I winkelrecht auf O E, O H parallel zu I N und N H parallel zu O E ziehen, so wird die Seitenkraft O N abermals in O H und O I auf- gelöst. Auf gleiche Art, wenn wir aus M die Linie M K winkelrecht auf O E, M G parallel zu O E und O G parallel zu K M ziehen, so wird auch die Kraft O M in die beiden Seitenkräfte O G und O K zerlegt.
Da die beiden Dreiecke O N E und O M E als die Hälften eines und desselben Pa- rallelogrammes einander gleich und ähnlich sind, so wird auch die Höhe N I der Höhe M K gleich seyn, weil aber N I = O H und M K = O G ist, so ist auch O H = O G. Daraus ist ersichtlich, dass bei der Zusammensetzung der zwei Kräfte O M und O N die beiden entgegenstehenden O H und O G einander aufheben; folglich von O N nur die Kraft O I, und von O M nur die Kraft O K übrig bleibt. Weil aber die beiden recht- winkeligen Dreiecke O N I und M K E einander gleich und ähnlich sind, so ist auch O I = K E. Demnach ist nach der Zusammensetzung der beiden Kräfte O N und O M die Summe O I + O K = K E + O K = O E; woraus also deutlich hervorgeht, dass bei der Zusammensetzung zweier Kräfte, deren Richtungen verschieden sind, nach der Abschei- dung desjenigen, was in diesen zwei Kräften entgegenstehet (nämlich der Kräfte O H und O G) die übrigbleibende Summe wirklich der gefundenen Diagonale gleich ist.
§. 119.
Fig. 6.
Wenn mehr als 2 Kräfte z. B. 3 oder 4 Kräfte zusammengesetzt, und die aus allen hervorgehende mittlere Kraft und ihre Richtung gefunden werden soll, so lässt sich die- ses nach der bisherigen Methode auf folgende Art bewirken: Es seyen 4 Kräfte durch die Linien O A, O B, O C und O D sowohl nach ihrer Lage als Grösse vorgestellt. Man konstruire nach den ersten 2 Kräften das Parallelogramm A O B E, so ist die Diagonale O E das mittlere Resultat der beiden ersten Kräfte O A und O B. Auf gleiche Art wird diese mittlere Kraft O E mit der dritten O C durch das Parallelogramm O E F C zusammengesetzt, und die Diagonale O F wird die vereinigte Grösse und Richtung der
Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte.
nach wird die dritte Kraft O E = √ (N O2 + N E2) = 10 ℔ seyn. Wenn daher an den drit- ten Faden 10 ℔ angehängt werden, so wird man durch Verschiebung dieses Gewichtes an der Peripherie finden, dass für den Stand des Gleichgewichtes die Schnur O R genau in die Richtung der Diagonale O E fällt. Diese Bestättigung ergibt sich auch aus einem jeden anders gewählten Versuche.
§. 118.
Aus dem Verfahren, wie aus zwei Kräften mittelst eines Parallelogrammes eine dritte gefunden wird, deren Wirkung eben so gross ist, als die vereinigte Wirkung beider ge- gebenen Kräfte, lässt sich auch das Verfahren ableiten, wie eine Kraft in zwei andere nach gegebenen oder willkührlichen Richtungen zerlegt, und die Grössen dieser Seitenkräfte gefunden werden können. Zu einem Bei- Fig. 5. Tab. 4.spiele wollen wir das Parallelogramm O M E N annehmen, welches um die Diagonallinie O E beschrieben wurde. Es sey O E die gegebene mittlere Kraft, O M und O N aber die Richtungen der Kräfte, in welche die mittlere zerlegt werden soll. Man ziehe E N paral- lel zu O M und E M parallel zu O N, so gibt das Verhältniss der Linien O N und O M zur mittlern O E das Maass der beiden gesuchten Seitenkräfte.
Wenn wir ferner aus N die Linie N I winkelrecht auf O E, O H parallel zu I N und N H parallel zu O E ziehen, so wird die Seitenkraft O N abermals in O H und O I auf- gelöst. Auf gleiche Art, wenn wir aus M die Linie M K winkelrecht auf O E, M G parallel zu O E und O G parallel zu K M ziehen, so wird auch die Kraft O M in die beiden Seitenkräfte O G und O K zerlegt.
Da die beiden Dreiecke O N E und O M E als die Hälften eines und desselben Pa- rallelogrammes einander gleich und ähnlich sind, so wird auch die Höhe N I der Höhe M K gleich seyn, weil aber N I = O H und M K = O G ist, so ist auch O H = O G. Daraus ist ersichtlich, dass bei der Zusammensetzung der zwei Kräfte O M und O N die beiden entgegenstehenden O H und O G einander aufheben; folglich von O N nur die Kraft O I, und von O M nur die Kraft O K übrig bleibt. Weil aber die beiden recht- winkeligen Dreiecke O N I und M K E einander gleich und ähnlich sind, so ist auch O I = K E. Demnach ist nach der Zusammensetzung der beiden Kräfte O N und O M die Summe O I + O K = K E + O K = O E; woraus also deutlich hervorgeht, dass bei der Zusammensetzung zweier Kräfte, deren Richtungen verschieden sind, nach der Abschei- dung desjenigen, was in diesen zwei Kräften entgegenstehet (nämlich der Kräfte O H und O G) die übrigbleibende Summe wirklich der gefundenen Diagonale gleich ist.
§. 119.
Fig. 6.
Wenn mehr als 2 Kräfte z. B. 3 oder 4 Kräfte zusammengesetzt, und die aus allen hervorgehende mittlere Kraft und ihre Richtung gefunden werden soll, so lässt sich die- ses nach der bisherigen Methode auf folgende Art bewirken: Es seyen 4 Kräfte durch die Linien O A, O B, O C und O D sowohl nach ihrer Lage als Grösse vorgestellt. Man konstruire nach den ersten 2 Kräften das Parallelogramm A O B E, so ist die Diagonale O E das mittlere Resultat der beiden ersten Kräfte O A und O B. Auf gleiche Art wird diese mittlere Kraft O E mit der dritten O C durch das Parallelogramm O E F C zusammengesetzt, und die Diagonale O F wird die vereinigte Grösse und Richtung der
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Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte.
nach wird die dritte Kraft O E = √ (N O2 + N E2) = 10 ℔ seyn. Wenn daher an den drit-
ten Faden 10 ℔ angehängt werden, so wird man durch Verschiebung dieses Gewichtes
an der Peripherie finden, dass für den Stand des Gleichgewichtes die Schnur O R genau
in die Richtung der Diagonale O E fällt. Diese Bestättigung ergibt sich auch aus einem
jeden anders gewählten Versuche.
§. 118.
Aus dem Verfahren, wie aus zwei Kräften mittelst eines Parallelogrammes eine dritte
gefunden wird, deren Wirkung eben so gross ist, als die vereinigte Wirkung beider ge-
gebenen Kräfte, lässt sich auch das Verfahren ableiten, wie eine Kraft in zwei
andere nach gegebenen oder willkührlichen Richtungen zerlegt, und
die Grössen dieser Seitenkräfte gefunden werden können. Zu einem Bei-
spiele wollen wir das Parallelogramm O M E N annehmen, welches um die Diagonallinie
O E beschrieben wurde. Es sey O E die gegebene mittlere Kraft, O M und O N aber die
Richtungen der Kräfte, in welche die mittlere zerlegt werden soll. Man ziehe E N paral-
lel zu O M und E M parallel zu O N, so gibt das Verhältniss der Linien O N und O M
zur mittlern O E das Maass der beiden gesuchten Seitenkräfte.
Fig.
5.
Tab.
4.
Wenn wir ferner aus N die Linie N I winkelrecht auf O E, O H parallel zu I N und
N H parallel zu O E ziehen, so wird die Seitenkraft O N abermals in O H und O I auf-
gelöst. Auf gleiche Art, wenn wir aus M die Linie M K winkelrecht auf O E, M G
parallel zu O E und O G parallel zu K M ziehen, so wird auch die Kraft O M in die
beiden Seitenkräfte O G und O K zerlegt.
Da die beiden Dreiecke O N E und O M E als die Hälften eines und desselben Pa-
rallelogrammes einander gleich und ähnlich sind, so wird auch die Höhe N I der Höhe
M K gleich seyn, weil aber N I = O H und M K = O G ist, so ist auch O H = O G.
Daraus ist ersichtlich, dass bei der Zusammensetzung der zwei Kräfte O M und O N die
beiden entgegenstehenden O H und O G einander aufheben; folglich von O N nur die
Kraft O I, und von O M nur die Kraft O K übrig bleibt. Weil aber die beiden recht-
winkeligen Dreiecke O N I und M K E einander gleich und ähnlich sind, so ist auch
O I = K E. Demnach ist nach der Zusammensetzung der beiden Kräfte O N und O M die
Summe O I + O K = K E + O K = O E; woraus also deutlich hervorgeht, dass bei der
Zusammensetzung zweier Kräfte, deren Richtungen verschieden sind, nach der Abschei-
dung desjenigen, was in diesen zwei Kräften entgegenstehet (nämlich der Kräfte O H und
O G) die übrigbleibende Summe wirklich der gefundenen Diagonale gleich ist.
§. 119.
Wenn mehr als 2 Kräfte z. B. 3 oder 4 Kräfte zusammengesetzt, und die aus allen
hervorgehende mittlere Kraft und ihre Richtung gefunden werden soll, so lässt sich die-
ses nach der bisherigen Methode auf folgende Art bewirken: Es seyen 4 Kräfte durch die
Linien O A, O B, O C und O D sowohl nach ihrer Lage als Grösse vorgestellt. Man
konstruire nach den ersten 2 Kräften das Parallelogramm A O B E, so ist die Diagonale
O E das mittlere Resultat der beiden ersten Kräfte O A und O B. Auf gleiche Art
wird diese mittlere Kraft O E mit der dritten O C durch das Parallelogramm O E F C
zusammengesetzt, und die Diagonale O F wird die vereinigte Grösse und Richtung der
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/158>, abgerufen am 27.11.2024.
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