Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Heinrich -- Heinrich Vollgut, sagte das Mädchen verschämt -- des Schulzen Sohn in Bischofsroda.

Hm, meinte Arnold, bei dem Schulzen bin ich ein- und ausgegangen, der aber heißt Bäuerling, soviel ich weiß, und den Namen Vollgut hab' ich im ganzen Dorfe nicht gehört.

Ihr werdet wohl nicht alle Leut' dort kennen, meinte das Mädchen, und durch den traurigen Zug, der über dem lieben Antlitze lag, stahl sich doch ein leises, verschmitztes Lächeln, das ihr gar so gut und noch viel besser wie die vorige Schwermuth stand.

Aber von Bischofsroda, meinte der junge Maler, kann man über die Berge recht gut in zwei Stunden, höchstens in dreien, herüberkommen.

Und doch ist er nicht da, sagte die Maid, wieder mit einem schweren Seufzer, und doch hat er mir's so fest versprochen.

Dann kommt er auch gewiß, versicherte Arnold treuherzig; denn wenn man dir einmal etwas versprochen hat, müßte man ja ein Herz von Stein haben, wenn man nicht Wort hielte -- und das hat dein Heinrich gewiß nicht.

Nein, sagte die Maid treuherzig, -- aber jetzt wart' ich doch nicht länger auf ihn, denn zu Mittag muß ich daheim sein, sonst schilt der Vater.

Und wo bist du daheim?

Dort gleich im Grunde drin -- hört Ihr die Glocke? -- eben wird der Gottesdienst ausgeläutet.

Heinrich — Heinrich Vollgut, sagte das Mädchen verschämt — des Schulzen Sohn in Bischofsroda.

Hm, meinte Arnold, bei dem Schulzen bin ich ein- und ausgegangen, der aber heißt Bäuerling, soviel ich weiß, und den Namen Vollgut hab' ich im ganzen Dorfe nicht gehört.

Ihr werdet wohl nicht alle Leut' dort kennen, meinte das Mädchen, und durch den traurigen Zug, der über dem lieben Antlitze lag, stahl sich doch ein leises, verschmitztes Lächeln, das ihr gar so gut und noch viel besser wie die vorige Schwermuth stand.

Aber von Bischofsroda, meinte der junge Maler, kann man über die Berge recht gut in zwei Stunden, höchstens in dreien, herüberkommen.

Und doch ist er nicht da, sagte die Maid, wieder mit einem schweren Seufzer, und doch hat er mir's so fest versprochen.

Dann kommt er auch gewiß, versicherte Arnold treuherzig; denn wenn man dir einmal etwas versprochen hat, müßte man ja ein Herz von Stein haben, wenn man nicht Wort hielte — und das hat dein Heinrich gewiß nicht.

Nein, sagte die Maid treuherzig, — aber jetzt wart' ich doch nicht länger auf ihn, denn zu Mittag muß ich daheim sein, sonst schilt der Vater.

Und wo bist du daheim?

Dort gleich im Grunde drin — hört Ihr die Glocke? — eben wird der Gottesdienst ausgeläutet.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="0">
        <pb facs="#f0012"/>
        <p>Heinrich &#x2014; Heinrich Vollgut, sagte das Mädchen verschämt &#x2014; des Schulzen Sohn in     Bischofsroda.</p><lb/>
        <p>Hm, meinte Arnold, bei dem Schulzen bin ich ein- und ausgegangen, der aber heißt Bäuerling,     soviel ich weiß, und den Namen Vollgut hab' ich im ganzen Dorfe nicht gehört.</p><lb/>
        <p>Ihr werdet wohl nicht alle Leut' dort kennen, meinte das Mädchen, und durch den traurigen Zug,     der über dem lieben Antlitze lag, stahl sich doch ein leises, verschmitztes Lächeln, das ihr gar     so gut und noch viel besser wie die vorige Schwermuth stand.</p><lb/>
        <p>Aber von Bischofsroda, meinte der junge Maler, kann man über die Berge recht gut in zwei     Stunden, höchstens in dreien, herüberkommen.</p><lb/>
        <p>Und doch ist er nicht da, sagte die Maid, wieder mit einem schweren Seufzer, und doch hat er     mir's so fest versprochen.</p><lb/>
        <p>Dann kommt er auch gewiß, versicherte Arnold treuherzig; denn wenn man dir einmal etwas     versprochen hat, müßte man ja ein Herz von Stein haben, wenn man nicht Wort hielte &#x2014; und das hat     dein Heinrich gewiß nicht.</p><lb/>
        <p>Nein, sagte die Maid treuherzig, &#x2014; aber jetzt wart' ich doch nicht länger auf ihn, denn zu     Mittag muß ich daheim sein, sonst schilt der Vater.</p><lb/>
        <p>Und wo bist du daheim?</p><lb/>
        <p>Dort gleich im Grunde drin &#x2014; hört Ihr die Glocke? &#x2014; eben wird der Gottesdienst     ausgeläutet.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0012] Heinrich — Heinrich Vollgut, sagte das Mädchen verschämt — des Schulzen Sohn in Bischofsroda. Hm, meinte Arnold, bei dem Schulzen bin ich ein- und ausgegangen, der aber heißt Bäuerling, soviel ich weiß, und den Namen Vollgut hab' ich im ganzen Dorfe nicht gehört. Ihr werdet wohl nicht alle Leut' dort kennen, meinte das Mädchen, und durch den traurigen Zug, der über dem lieben Antlitze lag, stahl sich doch ein leises, verschmitztes Lächeln, das ihr gar so gut und noch viel besser wie die vorige Schwermuth stand. Aber von Bischofsroda, meinte der junge Maler, kann man über die Berge recht gut in zwei Stunden, höchstens in dreien, herüberkommen. Und doch ist er nicht da, sagte die Maid, wieder mit einem schweren Seufzer, und doch hat er mir's so fest versprochen. Dann kommt er auch gewiß, versicherte Arnold treuherzig; denn wenn man dir einmal etwas versprochen hat, müßte man ja ein Herz von Stein haben, wenn man nicht Wort hielte — und das hat dein Heinrich gewiß nicht. Nein, sagte die Maid treuherzig, — aber jetzt wart' ich doch nicht länger auf ihn, denn zu Mittag muß ich daheim sein, sonst schilt der Vater. Und wo bist du daheim? Dort gleich im Grunde drin — hört Ihr die Glocke? — eben wird der Gottesdienst ausgeläutet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:22:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:22:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/12
Zitationshilfe: Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/12>, abgerufen am 24.11.2024.