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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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Erster Abschnitt. Geschichtliches.
aber nur 9 Knoten lief, so konnte er naturgemäß sein Ziel nicht
erreichen.

Im russisch-türkischen Kriege 1877--78 sind Torpedos ver-
schiedener Konstruktion häufig angewendet worden, und zwar bei
Batum (erster Fall), Matschin, Sulina (erster Fall), Rustschuk, Olti,
Sukhum, Sulina (zweiter Fall), Batum (zweiter Fall) und Batum
(dritter Fall). Nachstehend seien die verschiedenen Fälle kurz erwähnt.
Gebraucht wurden, wo nicht andere Torpedos genannt sind, nur
Spierentorpedos (Fig. 3.)

Batum. Der russische Dampfer "Constantin" fungirte als
Stammschiff mehrerer Torpedoboote. In der Nacht vom 12. zum
13. Mai 1877 wurden die Boote zum Angriff auf mehrere bei
Batum zu Anker liegende türkische Schiffe entsendet. Die Boote
"Sinope", "Navarin" und "Sukhum Kale" führten Spierentorpedos,
das Boot "Tschesme" einen Schlepptorpedo des Systems Harvey.

Letzterem Boote gelang es, seinen Torpedo an den Feind zu
bringen. Die Zündung des Torpedos versagte aber, und die russischen
Boote mußten sich zurückziehen.

Matschin. Es waren wiederum vier russische Boote, "Cesare-
witsch", "Xenia", "Djigit" und "Cesarewna", welche den Angriff in der
Nacht vom 25. zum 26. Mai auf die in dem Donau-Arme Matschin
befindlichen türkischen Kriegsschiffe "Feth-ul-Islam", "Duba-Seifi"
und den türkischen Dampfer "Kilidj-Ali" ausführten.

Obgleich die Maschinen der Boote, welche damals noch nicht
die Vollkommenheiten neuerer Technik hatten, großes Geräusch ver-
ursachten, gelang es den Russen doch, unbelästigt bis in die nächste
Nähe der Türken zu kommen.

Es ist dieses theils der durch "Kismet" herbeigeführten Sorg-
losigkeit der türkischen Besatzungen, theils aber auch dem Umstande
zuzuschreiben, daß die Frösche an den seichten Ufern der unteren
Donau einen derartigen Lärm vollführen, daß andere Geräusche
übertönt werden. Erst im letzten Augenblick eröffnete die "Duba-
Seifi" das Feuer. Der Spierentorpedo des "Cesarewitsch" traf das
Schiff zwischen der Mitte und dem Heck, welches sich sofort zu
senken begann. Der Torpedo der "Xenia" vollendete das Vernich-
tungswerk. Das Schiff sank innerhalb 10 Minuten, die russischen
Boote wurden zurückbeordert.

Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
aber nur 9 Knoten lief, ſo konnte er naturgemäß ſein Ziel nicht
erreichen.

Im ruſſiſch-türkiſchen Kriege 1877—78 ſind Torpedos ver-
ſchiedener Konſtruktion häufig angewendet worden, und zwar bei
Batum (erſter Fall), Matſchin, Sulina (erſter Fall), Ruſtſchuk, Olti,
Sukhum, Sulina (zweiter Fall), Batum (zweiter Fall) und Batum
(dritter Fall). Nachſtehend ſeien die verſchiedenen Fälle kurz erwähnt.
Gebraucht wurden, wo nicht andere Torpedos genannt ſind, nur
Spierentorpedos (Fig. 3.)

Batum. Der ruſſiſche Dampfer „Conſtantin“ fungirte als
Stammſchiff mehrerer Torpedoboote. In der Nacht vom 12. zum
13. Mai 1877 wurden die Boote zum Angriff auf mehrere bei
Batum zu Anker liegende türkiſche Schiffe entſendet. Die Boote
„Sinope“, „Navarin“ und „Sukhum Kalé“ führten Spierentorpedos,
das Boot „Tſchesmé“ einen Schlepptorpedo des Syſtems Harvey.

Letzterem Boote gelang es, ſeinen Torpedo an den Feind zu
bringen. Die Zündung des Torpedos verſagte aber, und die ruſſiſchen
Boote mußten ſich zurückziehen.

Matſchin. Es waren wiederum vier ruſſiſche Boote, „Ceſare-
witſch“, „Xenia“, „Djigit“ und „Ceſarewna“, welche den Angriff in der
Nacht vom 25. zum 26. Mai auf die in dem Donau-Arme Matſchin
befindlichen türkiſchen Kriegsſchiffe „Feth-ul-Islam“, „Duba-Seifi“
und den türkiſchen Dampfer „Kilidj-Ali“ ausführten.

Obgleich die Maſchinen der Boote, welche damals noch nicht
die Vollkommenheiten neuerer Technik hatten, großes Geräuſch ver-
urſachten, gelang es den Ruſſen doch, unbeläſtigt bis in die nächſte
Nähe der Türken zu kommen.

Es iſt dieſes theils der durch „Kismet“ herbeigeführten Sorg-
loſigkeit der türkiſchen Beſatzungen, theils aber auch dem Umſtande
zuzuſchreiben, daß die Fröſche an den ſeichten Ufern der unteren
Donau einen derartigen Lärm vollführen, daß andere Geräuſche
übertönt werden. Erſt im letzten Augenblick eröffnete die „Duba-
Seifi“ das Feuer. Der Spierentorpedo des „Ceſarewitſch“ traf das
Schiff zwiſchen der Mitte und dem Heck, welches ſich ſofort zu
ſenken begann. Der Torpedo der „Xenia“ vollendete das Vernich-
tungswerk. Das Schiff ſank innerhalb 10 Minuten, die ruſſiſchen
Boote wurden zurückbeordert.

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[16/0030] Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches. aber nur 9 Knoten lief, ſo konnte er naturgemäß ſein Ziel nicht erreichen. Im ruſſiſch-türkiſchen Kriege 1877—78 ſind Torpedos ver- ſchiedener Konſtruktion häufig angewendet worden, und zwar bei Batum (erſter Fall), Matſchin, Sulina (erſter Fall), Ruſtſchuk, Olti, Sukhum, Sulina (zweiter Fall), Batum (zweiter Fall) und Batum (dritter Fall). Nachſtehend ſeien die verſchiedenen Fälle kurz erwähnt. Gebraucht wurden, wo nicht andere Torpedos genannt ſind, nur Spierentorpedos (Fig. 3.) Batum. Der ruſſiſche Dampfer „Conſtantin“ fungirte als Stammſchiff mehrerer Torpedoboote. In der Nacht vom 12. zum 13. Mai 1877 wurden die Boote zum Angriff auf mehrere bei Batum zu Anker liegende türkiſche Schiffe entſendet. Die Boote „Sinope“, „Navarin“ und „Sukhum Kalé“ führten Spierentorpedos, das Boot „Tſchesmé“ einen Schlepptorpedo des Syſtems Harvey. Letzterem Boote gelang es, ſeinen Torpedo an den Feind zu bringen. Die Zündung des Torpedos verſagte aber, und die ruſſiſchen Boote mußten ſich zurückziehen. Matſchin. Es waren wiederum vier ruſſiſche Boote, „Ceſare- witſch“, „Xenia“, „Djigit“ und „Ceſarewna“, welche den Angriff in der Nacht vom 25. zum 26. Mai auf die in dem Donau-Arme Matſchin befindlichen türkiſchen Kriegsſchiffe „Feth-ul-Islam“, „Duba-Seifi“ und den türkiſchen Dampfer „Kilidj-Ali“ ausführten. Obgleich die Maſchinen der Boote, welche damals noch nicht die Vollkommenheiten neuerer Technik hatten, großes Geräuſch ver- urſachten, gelang es den Ruſſen doch, unbeläſtigt bis in die nächſte Nähe der Türken zu kommen. Es iſt dieſes theils der durch „Kismet“ herbeigeführten Sorg- loſigkeit der türkiſchen Beſatzungen, theils aber auch dem Umſtande zuzuſchreiben, daß die Fröſche an den ſeichten Ufern der unteren Donau einen derartigen Lärm vollführen, daß andere Geräuſche übertönt werden. Erſt im letzten Augenblick eröffnete die „Duba- Seifi“ das Feuer. Der Spierentorpedo des „Ceſarewitſch“ traf das Schiff zwiſchen der Mitte und dem Heck, welches ſich ſofort zu ſenken begann. Der Torpedo der „Xenia“ vollendete das Vernich- tungswerk. Das Schiff ſank innerhalb 10 Minuten, die ruſſiſchen Boote wurden zurückbeordert.

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/30>, abgerufen am 19.04.2024.