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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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12. Kapitel. Der Werth der Torpedowaffe.

Der Torpedo ist eine sehr komplizirte Waffe, bedarf in regel-
mäßig wiederkehrenden Zeitabschnitten wie jede Maschine einer gründ-
lichen Revision, eines Zerlegens in seine Theile und des Wieder-
zusammensetzens derselben. Auch verlangt er eine sehr sorgfältige
Ausbildung des Personals. Kann man das dauernd auf Booten
allein machen? Sicherlich nicht!

Es war schon gesagt, daß die Boote der Stützpunkte bedürften.
Die Stützpunkte selbst bedürfen der Vertheidigung. Nun sind zwar
Boote ein vorzügliches Vertheidigungsmittel. Was sollen sie aber
gegen eine überlegene Flotte thun, die tagsüber bombardirt und für
die Dauer der Nacht in See geht? Können also Boote allein einen
Stützpunkt vertheidigen, können sie verhindern, daß diesem Punkte jede
Zufuhr abgeschnitten wird, was doch bei überseeischer Lage desselben
leicht eintreten kann?

Da also die Boote nicht ohne Stützpunkte, diese wiederum nur
mit Booten allein nicht existiren können, darf man da sich auf letztere
verlassen? Nimmermehr!

Die Zahl der Torpedos, die ein Boot mit sich führen kann, ist
sehr beschränkt. Wie will man die verschossenen Torpedos ergänzen,
wenn nicht Schiffe zur Verfügung stehen?

In England und Frankreich hat man zu diesem Zwecke Depot-
schiffe, welche auch im Stande sind, Reparaturen größerer Art aus-
zuführen. Das ist wieder ein Beweis, daß Boote allein nicht lebens-
fähig sind!

Bei Tageslicht, auf hoher See, bei rauhem Wetter sind bei den
vorhandenen Abwehrmitteln Schiffe den Booten unbedingt überlegen.
Wie will man diesem Nachtheile abhelfen nur mit Booten allein?

Es ist daher ausgeschlossen, daß der Typ des Zukunftsschiffes
demjenigen eines Torpedobootes gleichen wird. Da mithin Schiffe
nöthig sind, um die Herrschaft zur See zu erlangen und zu halten,
es aber auch nicht möglich ist, mit Booten die Schiffe von der See
zu vertreiben, ja da sogar Boote allein ihre Stützpunkte auf die
Dauer nicht ausreichend zu vertheidigen im Stande sind, wäre es
da nicht besser, die Boote überhaupt fallen zu lassen, oder sie zu
panzern, damit sie auch am Tage gegen den Feind gehen können?

Es ist schon früher gesagt, daß das Boot nur durch seine
Schnelligkeit zur Angriffswaffe wird, daher darf es nicht gepanzert

12. Kapitel. Der Werth der Torpedowaffe.

Der Torpedo iſt eine ſehr komplizirte Waffe, bedarf in regel-
mäßig wiederkehrenden Zeitabſchnitten wie jede Maſchine einer gründ-
lichen Reviſion, eines Zerlegens in ſeine Theile und des Wieder-
zuſammenſetzens derſelben. Auch verlangt er eine ſehr ſorgfältige
Ausbildung des Perſonals. Kann man das dauernd auf Booten
allein machen? Sicherlich nicht!

Es war ſchon geſagt, daß die Boote der Stützpunkte bedürften.
Die Stützpunkte ſelbſt bedürfen der Vertheidigung. Nun ſind zwar
Boote ein vorzügliches Vertheidigungsmittel. Was ſollen ſie aber
gegen eine überlegene Flotte thun, die tagsüber bombardirt und für
die Dauer der Nacht in See geht? Können alſo Boote allein einen
Stützpunkt vertheidigen, können ſie verhindern, daß dieſem Punkte jede
Zufuhr abgeſchnitten wird, was doch bei überſeeiſcher Lage deſſelben
leicht eintreten kann?

Da alſo die Boote nicht ohne Stützpunkte, dieſe wiederum nur
mit Booten allein nicht exiſtiren können, darf man da ſich auf letztere
verlaſſen? Nimmermehr!

Die Zahl der Torpedos, die ein Boot mit ſich führen kann, iſt
ſehr beſchränkt. Wie will man die verſchoſſenen Torpedos ergänzen,
wenn nicht Schiffe zur Verfügung ſtehen?

In England und Frankreich hat man zu dieſem Zwecke Depot-
ſchiffe, welche auch im Stande ſind, Reparaturen größerer Art aus-
zuführen. Das iſt wieder ein Beweis, daß Boote allein nicht lebens-
fähig ſind!

Bei Tageslicht, auf hoher See, bei rauhem Wetter ſind bei den
vorhandenen Abwehrmitteln Schiffe den Booten unbedingt überlegen.
Wie will man dieſem Nachtheile abhelfen nur mit Booten allein?

Es iſt daher ausgeſchloſſen, daß der Typ des Zukunftsſchiffes
demjenigen eines Torpedobootes gleichen wird. Da mithin Schiffe
nöthig ſind, um die Herrſchaft zur See zu erlangen und zu halten,
es aber auch nicht möglich iſt, mit Booten die Schiffe von der See
zu vertreiben, ja da ſogar Boote allein ihre Stützpunkte auf die
Dauer nicht ausreichend zu vertheidigen im Stande ſind, wäre es
da nicht beſſer, die Boote überhaupt fallen zu laſſen, oder ſie zu
panzern, damit ſie auch am Tage gegen den Feind gehen können?

Es iſt ſchon früher geſagt, daß das Boot nur durch ſeine
Schnelligkeit zur Angriffswaffe wird, daher darf es nicht gepanzert

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[91/0111] 12. Kapitel. Der Werth der Torpedowaffe. Der Torpedo iſt eine ſehr komplizirte Waffe, bedarf in regel- mäßig wiederkehrenden Zeitabſchnitten wie jede Maſchine einer gründ- lichen Reviſion, eines Zerlegens in ſeine Theile und des Wieder- zuſammenſetzens derſelben. Auch verlangt er eine ſehr ſorgfältige Ausbildung des Perſonals. Kann man das dauernd auf Booten allein machen? Sicherlich nicht! Es war ſchon geſagt, daß die Boote der Stützpunkte bedürften. Die Stützpunkte ſelbſt bedürfen der Vertheidigung. Nun ſind zwar Boote ein vorzügliches Vertheidigungsmittel. Was ſollen ſie aber gegen eine überlegene Flotte thun, die tagsüber bombardirt und für die Dauer der Nacht in See geht? Können alſo Boote allein einen Stützpunkt vertheidigen, können ſie verhindern, daß dieſem Punkte jede Zufuhr abgeſchnitten wird, was doch bei überſeeiſcher Lage deſſelben leicht eintreten kann? Da alſo die Boote nicht ohne Stützpunkte, dieſe wiederum nur mit Booten allein nicht exiſtiren können, darf man da ſich auf letztere verlaſſen? Nimmermehr! Die Zahl der Torpedos, die ein Boot mit ſich führen kann, iſt ſehr beſchränkt. Wie will man die verſchoſſenen Torpedos ergänzen, wenn nicht Schiffe zur Verfügung ſtehen? In England und Frankreich hat man zu dieſem Zwecke Depot- ſchiffe, welche auch im Stande ſind, Reparaturen größerer Art aus- zuführen. Das iſt wieder ein Beweis, daß Boote allein nicht lebens- fähig ſind! Bei Tageslicht, auf hoher See, bei rauhem Wetter ſind bei den vorhandenen Abwehrmitteln Schiffe den Booten unbedingt überlegen. Wie will man dieſem Nachtheile abhelfen nur mit Booten allein? Es iſt daher ausgeſchloſſen, daß der Typ des Zukunftsſchiffes demjenigen eines Torpedobootes gleichen wird. Da mithin Schiffe nöthig ſind, um die Herrſchaft zur See zu erlangen und zu halten, es aber auch nicht möglich iſt, mit Booten die Schiffe von der See zu vertreiben, ja da ſogar Boote allein ihre Stützpunkte auf die Dauer nicht ausreichend zu vertheidigen im Stande ſind, wäre es da nicht beſſer, die Boote überhaupt fallen zu laſſen, oder ſie zu panzern, damit ſie auch am Tage gegen den Feind gehen können? Es iſt ſchon früher geſagt, daß das Boot nur durch ſeine Schnelligkeit zur Angriffswaffe wird, daher darf es nicht gepanzert

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/111>, abgerufen am 23.11.2024.