Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.§. 26. Der Monarch. vermögens. In den Ländern jedoch, in denen der Mo-narch noch das Eigenthum des fürstlichen Kammerguts bewahrt hat, dem der Character eines Familienfidei- commisses des regierenden Hauses zukommt,4 hat sein Jahreseinkommen die Natur einer Eigenthumsrente; da aber auf dem fürstlichen Kammergute von jeher zu- gleich die Last einer wesentlichen Beisteuer zu den 4 Die Frage, wem (abgesehen von den Verfügungen der
neueren Zeit) das Eigenthum an den Domainen, d. h. dem ehe- maligen Kammergute, zustehe, kann natürlich nicht durch einen Rechtssatz beantwortet werden, sondern nur durch das Ergebniss einer geschichtlichen Untersuchung concreter Specialverhältnisse. Dabei kehren freilich gewisse Erscheinungen in allen Fürsten- häusern wieder. In der Regel stellt sich danach heraus, dass das Kammergut das alte auf sehr verschiedenen Erwerbstiteln be- ruhende Stammvermögen der fürstlichen Familie ist, aus welchem freilich nicht bloss der Aufwand des herrschaftlichen Hofhalts, sondern theilweise auch die Bedürfnisse der Landesregierung be- stritten wurden. Dass der letztere Umstand, aus welchem man- nichfache rechtliche Verbindungen des Kammerguts mit dem Lande hervorgingen, mit dem privatrechtlichen Character des fürstlichen Rechts daran in keinem Widerspruche steht, kann überhaupt, besonders aber vom Gesichtspunkte des älteren Reichs- und Fürstenrechts, mit Grund nicht beweifelt werden. Nun ist zwar aus der älteren Landesherrschaft der moderne Staat er- wachsen, welcher das alte Verhältniss des Landes zum fürstlichen Kammergute festhält und die Beitragspflicht aus den Erträgnissen desselben nicht weniger in Anspruch nimmt, aber es ist nicht abzu- sehen, warum durch das Bestehen einer solchen Belastung die alte Eigenthumszuständigkeit verändert worden sein sollte. Ich be- kenne mich demnach in dieser schon so oft verhandelten Frage im Allgemeinen zu den Ansichten, welche insbesondere von Za- chariä früher und neuerdings in seiner Schrift ausgeführt worden sind: das rechtliche Verhältniss des fürstlichen Kammerguts, ins- besondere im Herzogthume Sachsen-Meiningen 1861 (vergl. auch dessen Schrift: das Eigenthumsrecht am deutschen Kammergute 1864). -- Ueber Preussen siehe Rönne, Preussisches Staats- recht §. 80. §. 26. Der Monarch. vermögens. In den Ländern jedoch, in denen der Mo-narch noch das Eigenthum des fürstlichen Kammerguts bewahrt hat, dem der Character eines Familienfidei- commisses des regierenden Hauses zukommt,4 hat sein Jahreseinkommen die Natur einer Eigenthumsrente; da aber auf dem fürstlichen Kammergute von jeher zu- gleich die Last einer wesentlichen Beisteuer zu den 4 Die Frage, wem (abgesehen von den Verfügungen der
neueren Zeit) das Eigenthum an den Domainen, d. h. dem ehe- maligen Kammergute, zustehe, kann natürlich nicht durch einen Rechtssatz beantwortet werden, sondern nur durch das Ergebniss einer geschichtlichen Untersuchung concreter Specialverhältnisse. Dabei kehren freilich gewisse Erscheinungen in allen Fürsten- häusern wieder. In der Regel stellt sich danach heraus, dass das Kammergut das alte auf sehr verschiedenen Erwerbstiteln be- ruhende Stammvermögen der fürstlichen Familie ist, aus welchem freilich nicht bloss der Aufwand des herrschaftlichen Hofhalts, sondern theilweise auch die Bedürfnisse der Landesregierung be- stritten wurden. Dass der letztere Umstand, aus welchem man- nichfache rechtliche Verbindungen des Kammerguts mit dem Lande hervorgingen, mit dem privatrechtlichen Character des fürstlichen Rechts daran in keinem Widerspruche steht, kann überhaupt, besonders aber vom Gesichtspunkte des älteren Reichs- und Fürstenrechts, mit Grund nicht beweifelt werden. Nun ist zwar aus der älteren Landesherrschaft der moderne Staat er- wachsen, welcher das alte Verhältniss des Landes zum fürstlichen Kammergute festhält und die Beitragspflicht aus den Erträgnissen desselben nicht weniger in Anspruch nimmt, aber es ist nicht abzu- sehen, warum durch das Bestehen einer solchen Belastung die alte Eigenthumszuständigkeit verändert worden sein sollte. Ich be- kenne mich demnach in dieser schon so oft verhandelten Frage im Allgemeinen zu den Ansichten, welche insbesondere von Za- chariä früher und neuerdings in seiner Schrift ausgeführt worden sind: das rechtliche Verhältniss des fürstlichen Kammerguts, ins- besondere im Herzogthume Sachsen-Meiningen 1861 (vergl. auch dessen Schrift: das Eigenthumsrecht am deutschen Kammergute 1864). — Ueber Preussen siehe Rönne, Preussisches Staats- recht §. 80. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0093" n="75"/><fw place="top" type="header">§. 26. Der Monarch.</fw><lb/> vermögens. In den Ländern jedoch, in denen der Mo-<lb/> narch noch das Eigenthum des fürstlichen Kammerguts<lb/> bewahrt hat, dem der Character eines Familienfidei-<lb/> commisses des regierenden Hauses zukommt,<note place="foot" n="4">Die Frage, wem (abgesehen von den Verfügungen der<lb/> neueren Zeit) das Eigenthum an den Domainen, d. h. dem ehe-<lb/> maligen Kammergute, zustehe, kann natürlich nicht durch einen<lb/> Rechtssatz beantwortet werden, sondern nur durch das Ergebniss<lb/> einer geschichtlichen Untersuchung concreter Specialverhältnisse.<lb/> Dabei kehren freilich gewisse Erscheinungen in allen Fürsten-<lb/> häusern wieder. In der Regel stellt sich danach heraus, dass das<lb/> Kammergut das alte auf sehr verschiedenen Erwerbstiteln be-<lb/> ruhende Stammvermögen der fürstlichen Familie ist, aus welchem<lb/> freilich nicht bloss der Aufwand des herrschaftlichen Hofhalts,<lb/> sondern theilweise auch die Bedürfnisse der Landesregierung be-<lb/> stritten wurden. Dass der letztere Umstand, aus welchem man-<lb/> nichfache rechtliche Verbindungen des Kammerguts mit dem<lb/> Lande hervorgingen, mit dem privatrechtlichen Character des<lb/> fürstlichen Rechts daran in keinem Widerspruche steht, kann<lb/> überhaupt, besonders aber vom Gesichtspunkte des älteren Reichs-<lb/> und Fürstenrechts, mit Grund nicht beweifelt werden. Nun ist<lb/> zwar aus der älteren Landesherrschaft der moderne Staat er-<lb/> wachsen, welcher das alte Verhältniss des Landes zum fürstlichen<lb/> Kammergute festhält und die Beitragspflicht aus den Erträgnissen<lb/> desselben nicht weniger in Anspruch nimmt, aber es ist nicht abzu-<lb/> sehen, warum durch das Bestehen einer solchen Belastung die alte<lb/> Eigenthumszuständigkeit verändert worden sein sollte. Ich be-<lb/> kenne mich demnach in dieser schon so oft verhandelten Frage im<lb/> Allgemeinen zu den Ansichten, welche insbesondere von <hi rendition="#g">Za-<lb/> chariä</hi> früher und neuerdings in seiner Schrift ausgeführt worden<lb/> sind: das rechtliche Verhältniss des fürstlichen Kammerguts, ins-<lb/> besondere im Herzogthume Sachsen-Meiningen 1861 (vergl. auch<lb/> dessen Schrift: das Eigenthumsrecht am deutschen Kammergute<lb/> 1864). — Ueber Preussen siehe <hi rendition="#g">Rönne</hi>, Preussisches Staats-<lb/> recht §. 80.</note> hat sein<lb/> Jahreseinkommen die Natur einer Eigenthumsrente; da<lb/> aber auf dem fürstlichen Kammergute von jeher zu-<lb/> gleich die Last einer wesentlichen Beisteuer zu den<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0093]
§. 26. Der Monarch.
vermögens. In den Ländern jedoch, in denen der Mo-
narch noch das Eigenthum des fürstlichen Kammerguts
bewahrt hat, dem der Character eines Familienfidei-
commisses des regierenden Hauses zukommt, 4 hat sein
Jahreseinkommen die Natur einer Eigenthumsrente; da
aber auf dem fürstlichen Kammergute von jeher zu-
gleich die Last einer wesentlichen Beisteuer zu den
4 Die Frage, wem (abgesehen von den Verfügungen der
neueren Zeit) das Eigenthum an den Domainen, d. h. dem ehe-
maligen Kammergute, zustehe, kann natürlich nicht durch einen
Rechtssatz beantwortet werden, sondern nur durch das Ergebniss
einer geschichtlichen Untersuchung concreter Specialverhältnisse.
Dabei kehren freilich gewisse Erscheinungen in allen Fürsten-
häusern wieder. In der Regel stellt sich danach heraus, dass das
Kammergut das alte auf sehr verschiedenen Erwerbstiteln be-
ruhende Stammvermögen der fürstlichen Familie ist, aus welchem
freilich nicht bloss der Aufwand des herrschaftlichen Hofhalts,
sondern theilweise auch die Bedürfnisse der Landesregierung be-
stritten wurden. Dass der letztere Umstand, aus welchem man-
nichfache rechtliche Verbindungen des Kammerguts mit dem
Lande hervorgingen, mit dem privatrechtlichen Character des
fürstlichen Rechts daran in keinem Widerspruche steht, kann
überhaupt, besonders aber vom Gesichtspunkte des älteren Reichs-
und Fürstenrechts, mit Grund nicht beweifelt werden. Nun ist
zwar aus der älteren Landesherrschaft der moderne Staat er-
wachsen, welcher das alte Verhältniss des Landes zum fürstlichen
Kammergute festhält und die Beitragspflicht aus den Erträgnissen
desselben nicht weniger in Anspruch nimmt, aber es ist nicht abzu-
sehen, warum durch das Bestehen einer solchen Belastung die alte
Eigenthumszuständigkeit verändert worden sein sollte. Ich be-
kenne mich demnach in dieser schon so oft verhandelten Frage im
Allgemeinen zu den Ansichten, welche insbesondere von Za-
chariä früher und neuerdings in seiner Schrift ausgeführt worden
sind: das rechtliche Verhältniss des fürstlichen Kammerguts, ins-
besondere im Herzogthume Sachsen-Meiningen 1861 (vergl. auch
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1864). — Ueber Preussen siehe Rönne, Preussisches Staats-
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Zitationshilfe: | Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/93>, abgerufen am 16.07.2024. |