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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 11. Gränzen der Staatsgewalt.
haltung der allgemeinen bürgerlichen Rechte einwirken.
Dagegen liegt in diesem Satze nicht auch der, dass die
Berufung auf ein bestimmtes Bekenntniss von der Pflicht
zur Beobachtung einer gesetzlichen Ordnung befreien
müsse, oder dass der Staat in Gesetzgebung und Ver-
waltung seinen Character als Gemeinwesen eines christ-
lichen Volks zu verläugnen habe.3

2. Der Staat soll nicht die wissenschaftlichen
Ueberzeugungen seiner Volksglieder beherrschen wollen.
Darin liegt aber nicht auch der Satz, dass die Berufung auf
eine wissenschaftliche Ueberzeugung von der Pflicht zur
Beobachtung einer gesetzlichen Ordnung befreien müsse.

3. Der Staat kann die freie Meinungsäusserung
durch die Presse nicht von seiner vorhergehenden
Genehmigung, Censur, abhängig machen (Pressfreiheit).
Darin liegt jedoch nicht, dass er nicht befugt wäre,
unbeschadet dieses Satzes einzelne Zweige der Presse,
insbesondere die s. g. Tagespresse, besonderen Ordnun-
gen zu unterwerfen.4 Ebenso verwehrt er Niemandem,
eine auf öffentliche Angelegenheiten bezügliche Bitte

3 Bundesacte Art. 16. (bezieht sich freilich nach der Absicht
der Constituenten nur auf die drei christlichen Religionsparteien).
Ueber seine Auslegung siehe Zachariä §. 87., und in Aegidi's
Zeitschrift für deutsches Staatsrecht, I. S. 25 flg. Die seit 1848 er-
theilten Verfassungen oder Verfassungsnachträge gehen weiter,
als die früheren. Jedenfalls liegt in dieser Gewissensfreiheit
auch die Gestattung mindestens des geringsten Grades der Reli-
gionsübung. Dieser Punkt wird jedoch richtiger dem Systeme
des Kirchenrechts überlassen. -- Uebrigens werden in einzelnen
Staaten gewissen Confessionen rücksichtlich der staatsbürger-
lichen Pflichten Concessionen gemacht.
4 Bundesacte Art. 18 d. Sodann das s. g. Bundespressgesetz
vom 20. September 1819, aufgehoben durch Bundesbeschluss vom
v. Gerber, Staatsrecht. 3

§. 11. Gränzen der Staatsgewalt.
haltung der allgemeinen bürgerlichen Rechte einwirken.
Dagegen liegt in diesem Satze nicht auch der, dass die
Berufung auf ein bestimmtes Bekenntniss von der Pflicht
zur Beobachtung einer gesetzlichen Ordnung befreien
müsse, oder dass der Staat in Gesetzgebung und Ver-
waltung seinen Character als Gemeinwesen eines christ-
lichen Volks zu verläugnen habe.3

2. Der Staat soll nicht die wissenschaftlichen
Ueberzeugungen seiner Volksglieder beherrschen wollen.
Darin liegt aber nicht auch der Satz, dass die Berufung auf
eine wissenschaftliche Ueberzeugung von der Pflicht zur
Beobachtung einer gesetzlichen Ordnung befreien müsse.

3. Der Staat kann die freie Meinungsäusserung
durch die Presse nicht von seiner vorhergehenden
Genehmigung, Censur, abhängig machen (Pressfreiheit).
Darin liegt jedoch nicht, dass er nicht befugt wäre,
unbeschadet dieses Satzes einzelne Zweige der Presse,
insbesondere die s. g. Tagespresse, besonderen Ordnun-
gen zu unterwerfen.4 Ebenso verwehrt er Niemandem,
eine auf öffentliche Angelegenheiten bezügliche Bitte

3 Bundesacte Art. 16. (bezieht sich freilich nach der Absicht
der Constituenten nur auf die drei christlichen Religionsparteien).
Ueber seine Auslegung siehe Zachariä §. 87., und in Aegidi’s
Zeitschrift für deutsches Staatsrecht, I. S. 25 flg. Die seit 1848 er-
theilten Verfassungen oder Verfassungsnachträge gehen weiter,
als die früheren. Jedenfalls liegt in dieser Gewissensfreiheit
auch die Gestattung mindestens des geringsten Grades der Reli-
gionsübung. Dieser Punkt wird jedoch richtiger dem Systeme
des Kirchenrechts überlassen. — Uebrigens werden in einzelnen
Staaten gewissen Confessionen rücksichtlich der staatsbürger-
lichen Pflichten Concessionen gemacht.
4 Bundesacte Art. 18 d. Sodann das s. g. Bundespressgesetz
vom 20. September 1819, aufgehoben durch Bundesbeschluss vom
v. Gerber, Staatsrecht. 3
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[33/0051] §. 11. Gränzen der Staatsgewalt. haltung der allgemeinen bürgerlichen Rechte einwirken. Dagegen liegt in diesem Satze nicht auch der, dass die Berufung auf ein bestimmtes Bekenntniss von der Pflicht zur Beobachtung einer gesetzlichen Ordnung befreien müsse, oder dass der Staat in Gesetzgebung und Ver- waltung seinen Character als Gemeinwesen eines christ- lichen Volks zu verläugnen habe. 3 2. Der Staat soll nicht die wissenschaftlichen Ueberzeugungen seiner Volksglieder beherrschen wollen. Darin liegt aber nicht auch der Satz, dass die Berufung auf eine wissenschaftliche Ueberzeugung von der Pflicht zur Beobachtung einer gesetzlichen Ordnung befreien müsse. 3. Der Staat kann die freie Meinungsäusserung durch die Presse nicht von seiner vorhergehenden Genehmigung, Censur, abhängig machen (Pressfreiheit). Darin liegt jedoch nicht, dass er nicht befugt wäre, unbeschadet dieses Satzes einzelne Zweige der Presse, insbesondere die s. g. Tagespresse, besonderen Ordnun- gen zu unterwerfen. 4 Ebenso verwehrt er Niemandem, eine auf öffentliche Angelegenheiten bezügliche Bitte 3 Bundesacte Art. 16. (bezieht sich freilich nach der Absicht der Constituenten nur auf die drei christlichen Religionsparteien). Ueber seine Auslegung siehe Zachariä §. 87., und in Aegidi’s Zeitschrift für deutsches Staatsrecht, I. S. 25 flg. Die seit 1848 er- theilten Verfassungen oder Verfassungsnachträge gehen weiter, als die früheren. Jedenfalls liegt in dieser Gewissensfreiheit auch die Gestattung mindestens des geringsten Grades der Reli- gionsübung. Dieser Punkt wird jedoch richtiger dem Systeme des Kirchenrechts überlassen. — Uebrigens werden in einzelnen Staaten gewissen Confessionen rücksichtlich der staatsbürger- lichen Pflichten Concessionen gemacht. 4 Bundesacte Art. 18 d. Sodann das s. g. Bundespressgesetz vom 20. September 1819, aufgehoben durch Bundesbeschluss vom v. Gerber, Staatsrecht. 3

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/51>, abgerufen am 04.12.2024.