Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.§. 51. Das Finanzgesetz. genehmigen, welche auf einer Rechtspflicht beruhen oderfür die Fortführung des Staatslebens nothwendig sind; darauf, ob das eine oder andere bei jedem Ausgabesatze der Fall sei, ist ihr Prüfungsrecht gerichtet. Eben- so müssen sie diejenigen Steuern bewilligen, welche sich hiernach als eine unentbehrliche Ergänzung der sonstigen Einnahmen darstellen; darauf, ob die Noth- wendigkeit dieser Ergänzung durch Steuern bestehe, und ob sie gerade durch diese Steuergattung zweck- mässig erfolge, ist hierbei ihr Prüfungsrecht gerichtet. Ob über die Gränze dieser nothwendigen Ausgaben und Steuern hinaus Bewilligungen für nützliche Zwecke des Staats stattfinden sollen, dürfen sie nach subjectivem Ermessen entscheiden. Hieraus ergiebt sich aber sofort die nahe Möglich- 5 "Da, wo (ich setze hinzu: in der Hauptsache) eine Bejahung nothwendig ist, wird ein Weg gewählt, der principiell auch eine Verneinung in sich schliesst" (Fricker a. a. O.). 6 In Preussen (Art. 109.) gilt die Fortdauer der Steuerpflicht
unbeschränkt. In Sachsen, Verfassungsurkunde §. 103. und Ge- setz vom 5. Mai 1851, ein Jahr, in anderen 6 Monate. Siehe die Zusammenstellung bei Zöpfl, Staatsrecht §. 400. Diese Pro- longirung gilt natürlich auch für den Fall, dass die Verabschiedung des Etats nicht zeitig genug erfolgen konnte. §. 51. Das Finanzgesetz. genehmigen, welche auf einer Rechtspflicht beruhen oderfür die Fortführung des Staatslebens nothwendig sind; darauf, ob das eine oder andere bei jedem Ausgabesatze der Fall sei, ist ihr Prüfungsrecht gerichtet. Eben- so müssen sie diejenigen Steuern bewilligen, welche sich hiernach als eine unentbehrliche Ergänzung der sonstigen Einnahmen darstellen; darauf, ob die Noth- wendigkeit dieser Ergänzung durch Steuern bestehe, und ob sie gerade durch diese Steuergattung zweck- mässig erfolge, ist hierbei ihr Prüfungsrecht gerichtet. Ob über die Gränze dieser nothwendigen Ausgaben und Steuern hinaus Bewilligungen für nützliche Zwecke des Staats stattfinden sollen, dürfen sie nach subjectivem Ermessen entscheiden. Hieraus ergiebt sich aber sofort die nahe Möglich- 5 „Da, wo (ich setze hinzu: in der Hauptsache) eine Bejahung nothwendig ist, wird ein Weg gewählt, der principiell auch eine Verneinung in sich schliesst“ (Fricker a. a. O.). 6 In Preussen (Art. 109.) gilt die Fortdauer der Steuerpflicht
unbeschränkt. In Sachsen, Verfassungsurkunde §. 103. und Ge- setz vom 5. Mai 1851, ein Jahr, in anderen 6 Monate. Siehe die Zusammenstellung bei Zöpfl, Staatsrecht §. 400. Diese Pro- longirung gilt natürlich auch für den Fall, dass die Verabschiedung des Etats nicht zeitig genug erfolgen konnte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0177" n="159"/><fw place="top" type="header">§. 51. Das Finanzgesetz.</fw><lb/> genehmigen, welche auf einer Rechtspflicht beruhen oder<lb/> für die Fortführung des Staatslebens nothwendig sind;<lb/> darauf, ob das eine oder andere bei jedem Ausgabesatze<lb/> der Fall sei, ist ihr Prüfungsrecht gerichtet. Eben-<lb/> so <hi rendition="#g">müssen</hi> sie diejenigen Steuern bewilligen, welche<lb/> sich hiernach als eine unentbehrliche Ergänzung der<lb/> sonstigen Einnahmen darstellen; darauf, ob die Noth-<lb/> wendigkeit dieser Ergänzung durch Steuern bestehe,<lb/> und ob sie gerade durch diese Steuergattung zweck-<lb/> mässig erfolge, ist hierbei ihr Prüfungsrecht gerichtet.<lb/> Ob über die Gränze dieser nothwendigen Ausgaben und<lb/> Steuern hinaus Bewilligungen für nützliche Zwecke des<lb/> Staats stattfinden sollen, dürfen sie nach subjectivem<lb/> Ermessen entscheiden.</p><lb/> <p>Hieraus ergiebt sich aber sofort die nahe Möglich-<lb/> keit eines Conflicts zwischen den beiden Organen des<lb/> Staats, wenn unter ihnen ein Zwiespalt über die Frage der<lb/> Nothwendigkeit besteht.<note place="foot" n="5">„Da, wo (ich setze hinzu: in der Hauptsache) eine Bejahung<lb/> nothwendig ist, wird ein Weg gewählt, der principiell auch eine<lb/> Verneinung in sich schliesst“ (<hi rendition="#g">Fricker</hi> a. a. O.).</note> Einzelne Verfassungen suchen<lb/> der lähmenden Wirkung desselben durch die Bestim-<lb/> mung aufschiebend zu begegnen, dass, im Falle das<lb/> Finanzgesetz nicht zu Stande komme, die bisherigen<lb/> Steuern noch eine längere Zeit, etwa ein Jahr lang,<lb/> forterhoben werden dürfen;<note place="foot" n="6">In Preussen (Art. 109.) gilt die Fortdauer der Steuerpflicht<lb/> unbeschränkt. In Sachsen, Verfassungsurkunde §. 103. und Ge-<lb/> setz vom 5. Mai 1851, ein Jahr, in anderen 6 Monate. Siehe die<lb/> Zusammenstellung bei <hi rendition="#g">Zöpfl,</hi> Staatsrecht §. 400. Diese Pro-<lb/> longirung gilt natürlich auch für den Fall, dass die Verabschiedung<lb/> des Etats nicht zeitig genug erfolgen konnte.</note> andere wollen den Conflict<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [159/0177]
§. 51. Das Finanzgesetz.
genehmigen, welche auf einer Rechtspflicht beruhen oder
für die Fortführung des Staatslebens nothwendig sind;
darauf, ob das eine oder andere bei jedem Ausgabesatze
der Fall sei, ist ihr Prüfungsrecht gerichtet. Eben-
so müssen sie diejenigen Steuern bewilligen, welche
sich hiernach als eine unentbehrliche Ergänzung der
sonstigen Einnahmen darstellen; darauf, ob die Noth-
wendigkeit dieser Ergänzung durch Steuern bestehe,
und ob sie gerade durch diese Steuergattung zweck-
mässig erfolge, ist hierbei ihr Prüfungsrecht gerichtet.
Ob über die Gränze dieser nothwendigen Ausgaben und
Steuern hinaus Bewilligungen für nützliche Zwecke des
Staats stattfinden sollen, dürfen sie nach subjectivem
Ermessen entscheiden.
Hieraus ergiebt sich aber sofort die nahe Möglich-
keit eines Conflicts zwischen den beiden Organen des
Staats, wenn unter ihnen ein Zwiespalt über die Frage der
Nothwendigkeit besteht. 5 Einzelne Verfassungen suchen
der lähmenden Wirkung desselben durch die Bestim-
mung aufschiebend zu begegnen, dass, im Falle das
Finanzgesetz nicht zu Stande komme, die bisherigen
Steuern noch eine längere Zeit, etwa ein Jahr lang,
forterhoben werden dürfen; 6 andere wollen den Conflict
5 „Da, wo (ich setze hinzu: in der Hauptsache) eine Bejahung
nothwendig ist, wird ein Weg gewählt, der principiell auch eine
Verneinung in sich schliesst“ (Fricker a. a. O.).
6 In Preussen (Art. 109.) gilt die Fortdauer der Steuerpflicht
unbeschränkt. In Sachsen, Verfassungsurkunde §. 103. und Ge-
setz vom 5. Mai 1851, ein Jahr, in anderen 6 Monate. Siehe die
Zusammenstellung bei Zöpfl, Staatsrecht §. 400. Diese Pro-
longirung gilt natürlich auch für den Fall, dass die Verabschiedung
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