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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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Zweiter Abschnitt.
Landstände. Aber die Principien der Wahlgesetze der
einzelnen deutschen Staaten sind im höchsten Grade
verschieden; während einige von dem Gesichtspunkte
ausgehen, dass das Volk nicht eine nur nach der Kopf-
zahl zu begreifende Menge, sondern ein nach mannich-
fachen Gesellschaftsgruppen und Interessen gegliederter
Körper sei, und dass auch die Volksvertretung dieser
Natur des Volks als Ganzen entsprechend beschaffen
sein müsse, verläugnen andere den geistigen Character
des Volks, indem sie der unterschiedslosen oder höchstens
nach Steuermassstaben getheilten Masse in der Wahl-
einrichtung einen rein mechanischen Apparat zur Be-
stimmung der Abgeordneten darbieten. 6 Auch darüber
besteht keine Uebereinstimmung, ob die Wahl unmittel-
bar oder mittelbar (durch Wahlmänner) zu vollziehen
sei, ob der zu Wählende dem Kreise der Wähler ange-
hören müsse, oder nicht, und welche Eigenschaften bei
ihm überhaupt vorausgesetzt werden; nur die Forderung
der Unbescholtenheit, persönlichen Unabhängigkeit und
der Erreichung eines gewissen Lebensalters wird allge-
mein gestellt. 7 Das Recht des Gewählten besteht nur

6 Der Nachweis im Einzelnen gehört in das Particularrecht.
Nur nebenbei mag die Bemerkung einfliessen, dass ich den ver-
schiedenen künstlichen Versuchen, das Wahlgesetz zu einem Ap-
parate zu gestalten, durch welchen die treue Wiedergabe des
ganzen Volks in der Ständeversammlung gewissermassen mecha-
nisch gesichert werde, einen sehr zweifelhaften Werth beimesse.
7 Eine der vielen Fragen, welche sich hier aufdrängen, ist die,
ob Staatsdiener zur Annahme einer auf sie fallenden Wahl die
vorhergehende Genehmigung ihrer vorgesetzten Behörde bedürfen.
Wenn das Gesetz darüber schweigt, so kann die Entscheidung
rechtlich nicht wohl anders ausfallen, als dahin, dass diese Geneh-
migung allerdings eingeholt werden muss. Es folgt diess mit

Zweiter Abschnitt.
Landstände. Aber die Principien der Wahlgesetze der
einzelnen deutschen Staaten sind im höchsten Grade
verschieden; während einige von dem Gesichtspunkte
ausgehen, dass das Volk nicht eine nur nach der Kopf-
zahl zu begreifende Menge, sondern ein nach mannich-
fachen Gesellschaftsgruppen und Interessen gegliederter
Körper sei, und dass auch die Volksvertretung dieser
Natur des Volks als Ganzen entsprechend beschaffen
sein müsse, verläugnen andere den geistigen Character
des Volks, indem sie der unterschiedslosen oder höchstens
nach Steuermassstaben getheilten Masse in der Wahl-
einrichtung einen rein mechanischen Apparat zur Be-
stimmung der Abgeordneten darbieten. 6 Auch darüber
besteht keine Uebereinstimmung, ob die Wahl unmittel-
bar oder mittelbar (durch Wahlmänner) zu vollziehen
sei, ob der zu Wählende dem Kreise der Wähler ange-
hören müsse, oder nicht, und welche Eigenschaften bei
ihm überhaupt vorausgesetzt werden; nur die Forderung
der Unbescholtenheit, persönlichen Unabhängigkeit und
der Erreichung eines gewissen Lebensalters wird allge-
mein gestellt. 7 Das Recht des Gewählten besteht nur

6 Der Nachweis im Einzelnen gehört in das Particularrecht.
Nur nebenbei mag die Bemerkung einfliessen, dass ich den ver-
schiedenen künstlichen Versuchen, das Wahlgesetz zu einem Ap-
parate zu gestalten, durch welchen die treue Wiedergabe des
ganzen Volks in der Ständeversammlung gewissermassen mecha-
nisch gesichert werde, einen sehr zweifelhaften Werth beimesse.
7 Eine der vielen Fragen, welche sich hier aufdrängen, ist die,
ob Staatsdiener zur Annahme einer auf sie fallenden Wahl die
vorhergehende Genehmigung ihrer vorgesetzten Behörde bedürfen.
Wenn das Gesetz darüber schweigt, so kann die Entscheidung
rechtlich nicht wohl anders ausfallen, als dahin, dass diese Geneh-
migung allerdings eingeholt werden muss. Es folgt diess mit
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[128/0146] Zweiter Abschnitt. Landstände. Aber die Principien der Wahlgesetze der einzelnen deutschen Staaten sind im höchsten Grade verschieden; während einige von dem Gesichtspunkte ausgehen, dass das Volk nicht eine nur nach der Kopf- zahl zu begreifende Menge, sondern ein nach mannich- fachen Gesellschaftsgruppen und Interessen gegliederter Körper sei, und dass auch die Volksvertretung dieser Natur des Volks als Ganzen entsprechend beschaffen sein müsse, verläugnen andere den geistigen Character des Volks, indem sie der unterschiedslosen oder höchstens nach Steuermassstaben getheilten Masse in der Wahl- einrichtung einen rein mechanischen Apparat zur Be- stimmung der Abgeordneten darbieten. 6 Auch darüber besteht keine Uebereinstimmung, ob die Wahl unmittel- bar oder mittelbar (durch Wahlmänner) zu vollziehen sei, ob der zu Wählende dem Kreise der Wähler ange- hören müsse, oder nicht, und welche Eigenschaften bei ihm überhaupt vorausgesetzt werden; nur die Forderung der Unbescholtenheit, persönlichen Unabhängigkeit und der Erreichung eines gewissen Lebensalters wird allge- mein gestellt. 7 Das Recht des Gewählten besteht nur 6 Der Nachweis im Einzelnen gehört in das Particularrecht. Nur nebenbei mag die Bemerkung einfliessen, dass ich den ver- schiedenen künstlichen Versuchen, das Wahlgesetz zu einem Ap- parate zu gestalten, durch welchen die treue Wiedergabe des ganzen Volks in der Ständeversammlung gewissermassen mecha- nisch gesichert werde, einen sehr zweifelhaften Werth beimesse. 7 Eine der vielen Fragen, welche sich hier aufdrängen, ist die, ob Staatsdiener zur Annahme einer auf sie fallenden Wahl die vorhergehende Genehmigung ihrer vorgesetzten Behörde bedürfen. Wenn das Gesetz darüber schweigt, so kann die Entscheidung rechtlich nicht wohl anders ausfallen, als dahin, dass diese Geneh- migung allerdings eingeholt werden muss. Es folgt diess mit

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/146>, abgerufen am 21.11.2024.