Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.§. 33. Der Monarch. der zur auftragsmässigen Vornahme gewisser Geschäfteoder gewisser Arten derselben Namens des Monarchen von ihm berufen wird; dabei ist auch der Monarch weder in der Wahl der Person, 5 noch bezüglich des Umfangs der ertheilten Vollmacht im Allgemeinen be- schränkt. 6 Diese Aushülfe durch Stellvertretung soll freilich nur für Verhinderungsfälle von kürzerer Dauer gestattet sein. Ist die Verhinderung eine immerwährende oder auch nur voraussichtlich langdauernde, 7 so fordern die Verfassungen die Vertretung des Monarchen durch einen Regenten. 8 5 Die Hannoverische Verfassungsurkunde §. 16. (vgl. mit §. 18.) verlangt, dass der König, wenn er eine einzelne Person zum Stell- vertreter bestelle, einen der zur Regentschaft befähigten Agnaten wähle (oder ein Mitglied eines anderen deutschen Regentenhauses). 6 Manche Verfassungen sprechen ausdrücklich aus, was auch ohnediess anerkannt werden müsste, dass der Umfang einer solchen Vollmacht nicht grösser sein kann, als der, welchen das Ver- fassungsrecht dem Regenten zubilligt. Denn die Begränzung der höchsten Vertretungsgewalt, welche das Gesetz kennt, soll natür- lich auch für alle geringeren Vertretungen des Monarchen gelten. 7 Der Begriff "längere Dauer" ist freilich sehr unbestimmt. Zu weit geht aber Rönne, Preussisches Staatsrecht §. 85., wenn er bei jeder Verhinderung, während welcher nicht durch das Staats- ministerium die Geschäfte ohne Stockung fortgeführt werden könnten, sofort die Regentschaft eintreten lassen will. 8 Der rechtliche Unterschied des Stellvertreters vom Regenten besteht hauptsächlich in Folgendem. Der Stellvertreter ist kraft 4 S. 222 flg. Siehe auch Mohl, Staatsrecht, Völkerrecht u. Politik, 1. Bd. (1860) S. 156 flg. Einzelne Verfassungen schweigen darüber, andere sprechen ausdrücklich das Recht des Monarchen aus, in Verhinderungsfällen das Erforderliche vorzukehren, z. B. Bayeri- sche Verfassungsurkunde II., §. 9. 11., Sächsische §. 9., Kurhessische §. 7., Hannoverische §. 16., Oldenburgische Art. 16. 1. -- Mit Recht fordert Mittnacht S. 240 flg., abgesehen von der gehörigen officiellen Bekanntmachung der Aufstellung einer Stellvertretung, auch die Contrasignatur der Minister bei einer solchen Verfügung. v. Gerber, Staatsrecht. 7
§. 33. Der Monarch. der zur auftragsmässigen Vornahme gewisser Geschäfteoder gewisser Arten derselben Namens des Monarchen von ihm berufen wird; dabei ist auch der Monarch weder in der Wahl der Person, 5 noch bezüglich des Umfangs der ertheilten Vollmacht im Allgemeinen be- schränkt. 6 Diese Aushülfe durch Stellvertretung soll freilich nur für Verhinderungsfälle von kürzerer Dauer gestattet sein. Ist die Verhinderung eine immerwährende oder auch nur voraussichtlich langdauernde, 7 so fordern die Verfassungen die Vertretung des Monarchen durch einen Regenten. 8 5 Die Hannoverische Verfassungsurkunde §. 16. (vgl. mit §. 18.) verlangt, dass der König, wenn er eine einzelne Person zum Stell- vertreter bestelle, einen der zur Regentschaft befähigten Agnaten wähle (oder ein Mitglied eines anderen deutschen Regentenhauses). 6 Manche Verfassungen sprechen ausdrücklich aus, was auch ohnediess anerkannt werden müsste, dass der Umfang einer solchen Vollmacht nicht grösser sein kann, als der, welchen das Ver- fassungsrecht dem Regenten zubilligt. Denn die Begränzung der höchsten Vertretungsgewalt, welche das Gesetz kennt, soll natür- lich auch für alle geringeren Vertretungen des Monarchen gelten. 7 Der Begriff „längere Dauer“ ist freilich sehr unbestimmt. Zu weit geht aber Rönne, Preussisches Staatsrecht §. 85., wenn er bei jeder Verhinderung, während welcher nicht durch das Staats- ministerium die Geschäfte ohne Stockung fortgeführt werden könnten, sofort die Regentschaft eintreten lassen will. 8 Der rechtliche Unterschied des Stellvertreters vom Regenten besteht hauptsächlich in Folgendem. Der Stellvertreter ist kraft 4 S. 222 flg. Siehe auch Mohl, Staatsrecht, Völkerrecht u. Politik, 1. Bd. (1860) S. 156 flg. Einzelne Verfassungen schweigen darüber, andere sprechen ausdrücklich das Recht des Monarchen aus, in Verhinderungsfällen das Erforderliche vorzukehren, z. B. Bayeri- sche Verfassungsurkunde II., §. 9. 11., Sächsische §. 9., Kurhessische §. 7., Hannoverische §. 16., Oldenburgische Art. 16. 1. — Mit Recht fordert Mittnacht S. 240 flg., abgesehen von der gehörigen officiellen Bekanntmachung der Aufstellung einer Stellvertretung, auch die Contrasignatur der Minister bei einer solchen Verfügung. v. Gerber, Staatsrecht. 7
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0115" n="97"/><fw place="top" type="header">§. 33. Der Monarch.</fw><lb/> der zur auftragsmässigen Vornahme gewisser Geschäfte<lb/> oder gewisser Arten derselben Namens des Monarchen<lb/> von ihm berufen wird; dabei ist auch der Monarch<lb/> weder in der Wahl der Person, <note place="foot" n="5">Die Hannoverische Verfassungsurkunde §. 16. (vgl. mit §. 18.)<lb/> verlangt, dass der König, wenn er eine einzelne Person zum Stell-<lb/> vertreter bestelle, einen der zur Regentschaft befähigten Agnaten<lb/> wähle (oder ein Mitglied eines anderen deutschen Regentenhauses).</note> noch bezüglich des<lb/> Umfangs der ertheilten Vollmacht im Allgemeinen be-<lb/> schränkt. <note place="foot" n="6">Manche Verfassungen sprechen ausdrücklich aus, was auch<lb/> ohnediess anerkannt werden müsste, dass der Umfang einer solchen<lb/> Vollmacht nicht grösser sein kann, als der, welchen das Ver-<lb/> fassungsrecht dem Regenten zubilligt. Denn die Begränzung der<lb/> höchsten Vertretungsgewalt, welche das Gesetz kennt, soll natür-<lb/> lich auch für alle geringeren Vertretungen des Monarchen gelten.</note> Diese Aushülfe durch Stellvertretung soll<lb/> freilich nur für Verhinderungsfälle von kürzerer Dauer<lb/> gestattet sein. Ist die Verhinderung eine immerwährende<lb/> oder auch nur voraussichtlich langdauernde, <note place="foot" n="7">Der Begriff „längere Dauer“ ist freilich sehr unbestimmt.<lb/> Zu weit geht aber <hi rendition="#g">Rönne,</hi> Preussisches Staatsrecht §. 85., wenn er<lb/> bei jeder Verhinderung, während welcher nicht durch das Staats-<lb/> ministerium die Geschäfte ohne Stockung fortgeführt werden<lb/> könnten, sofort die Regentschaft eintreten lassen will.</note> so fordern<lb/> die Verfassungen die Vertretung des Monarchen durch<lb/> einen <hi rendition="#g">Regenten</hi>. <note xml:id="note-0115a" next="#note-0116" place="foot" n="8">Der rechtliche Unterschied des Stellvertreters vom Regenten<lb/> besteht hauptsächlich in Folgendem. Der Stellvertreter ist kraft</note></p><lb/> <note xml:id="note-0115" next="#note-0114a" place="foot" n="4">S. 222 flg. Siehe auch <hi rendition="#g">Mohl,</hi> Staatsrecht, Völkerrecht u. Politik,<lb/> 1. Bd. (1860) S. 156 flg. Einzelne Verfassungen schweigen darüber,<lb/> andere sprechen ausdrücklich das Recht des Monarchen aus, in<lb/> Verhinderungsfällen das Erforderliche vorzukehren, z. B. Bayeri-<lb/> sche Verfassungsurkunde II., §. 9. 11., Sächsische §. 9., Kurhessische<lb/> §. 7., Hannoverische §. 16., Oldenburgische Art. 16. 1. — Mit Recht<lb/> fordert <hi rendition="#g">Mittnacht</hi> S. 240 flg., abgesehen von der gehörigen<lb/> officiellen Bekanntmachung der Aufstellung einer Stellvertretung,<lb/> auch die Contrasignatur der Minister bei einer solchen Verfügung.</note><lb/> <fw place="bottom" type="sig">v. <hi rendition="#g">Gerber,</hi> Staatsrecht. 7</fw> </div> </div><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [97/0115]
§. 33. Der Monarch.
der zur auftragsmässigen Vornahme gewisser Geschäfte
oder gewisser Arten derselben Namens des Monarchen
von ihm berufen wird; dabei ist auch der Monarch
weder in der Wahl der Person, 5 noch bezüglich des
Umfangs der ertheilten Vollmacht im Allgemeinen be-
schränkt. 6 Diese Aushülfe durch Stellvertretung soll
freilich nur für Verhinderungsfälle von kürzerer Dauer
gestattet sein. Ist die Verhinderung eine immerwährende
oder auch nur voraussichtlich langdauernde, 7 so fordern
die Verfassungen die Vertretung des Monarchen durch
einen Regenten. 8
4
5 Die Hannoverische Verfassungsurkunde §. 16. (vgl. mit §. 18.)
verlangt, dass der König, wenn er eine einzelne Person zum Stell-
vertreter bestelle, einen der zur Regentschaft befähigten Agnaten
wähle (oder ein Mitglied eines anderen deutschen Regentenhauses).
6 Manche Verfassungen sprechen ausdrücklich aus, was auch
ohnediess anerkannt werden müsste, dass der Umfang einer solchen
Vollmacht nicht grösser sein kann, als der, welchen das Ver-
fassungsrecht dem Regenten zubilligt. Denn die Begränzung der
höchsten Vertretungsgewalt, welche das Gesetz kennt, soll natür-
lich auch für alle geringeren Vertretungen des Monarchen gelten.
7 Der Begriff „längere Dauer“ ist freilich sehr unbestimmt.
Zu weit geht aber Rönne, Preussisches Staatsrecht §. 85., wenn er
bei jeder Verhinderung, während welcher nicht durch das Staats-
ministerium die Geschäfte ohne Stockung fortgeführt werden
könnten, sofort die Regentschaft eintreten lassen will.
8 Der rechtliche Unterschied des Stellvertreters vom Regenten
besteht hauptsächlich in Folgendem. Der Stellvertreter ist kraft
4 S. 222 flg. Siehe auch Mohl, Staatsrecht, Völkerrecht u. Politik,
1. Bd. (1860) S. 156 flg. Einzelne Verfassungen schweigen darüber,
andere sprechen ausdrücklich das Recht des Monarchen aus, in
Verhinderungsfällen das Erforderliche vorzukehren, z. B. Bayeri-
sche Verfassungsurkunde II., §. 9. 11., Sächsische §. 9., Kurhessische
§. 7., Hannoverische §. 16., Oldenburgische Art. 16. 1. — Mit Recht
fordert Mittnacht S. 240 flg., abgesehen von der gehörigen
officiellen Bekanntmachung der Aufstellung einer Stellvertretung,
auch die Contrasignatur der Minister bei einer solchen Verfügung.
v. Gerber, Staatsrecht. 7
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |