[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.Leben der Schwedischen Leben einbüssen. Steeley war wegen seinesUnvermögens bey Seite geschafft; Sidne war todt, und ich erwartete, ohne mir recht bewußt zu seyn, mein Schicksal. Der bos- hafte Pope verlohr entweder mit dem Leben des Sidne seine Rachbegierde, oder er hielt sich von mir am wenigsten beleidiget. Er be- schuldigte mich keiner Lästerungen wider den Staat, er begehrte nur, daß ich gestehen soll- te, daß meine beiden Cameraden welche aus- gestoßen hätten. Jch vertheidigte mich, daß ich von nichts wüßte. Man befahl, eben die Marter an mir vorzunehmen. Man legte mich auf die Erde und fragte noch einmal, ob ich nichts gehört hätte. Die Furcht vor der Pein und vor dem Tode bestürmten mich ent- setzlich. Dennoch beschloß ich eher zu sterben, als durch ein falsches Bekenntniß mir das Le- ben zu retten und es Steeleyn vielleicht zu nehmen. Jch weis nicht, ob mein trauriger Anblick den Popen zum Erbarmen bewegte; genug, er bat für mich um Gnade und sagte, daß ich vielleicht die Lästerungen nicht könnte verstanden haben, weil ich nicht so viel Rus- fisch könnte, als die andern beide. Man ließ mich also wieder aufstehn und brachte mich in unser Gefängniß zurück, in welchem ich Stee- leyn sinnlos antraf. Jch warf mich zu ihm auf
Leben der Schwediſchen Leben einbuͤſſen. Steeley war wegen ſeinesUnvermoͤgens bey Seite geſchafft; Sidne war todt, und ich erwartete, ohne mir recht bewußt zu ſeyn, mein Schickſal. Der bos- hafte Pope verlohr entweder mit dem Leben des Sidne ſeine Rachbegierde, oder er hielt ſich von mir am wenigſten beleidiget. Er be- ſchuldigte mich keiner Laͤſterungen wider den Staat, er begehrte nur, daß ich geſtehen ſoll- te, daß meine beiden Cameraden welche aus- geſtoßen haͤtten. Jch vertheidigte mich, daß ich von nichts wuͤßte. Man befahl, eben die Marter an mir vorzunehmen. Man legte mich auf die Erde und fragte noch einmal, ob ich nichts gehoͤrt haͤtte. Die Furcht vor der Pein und vor dem Tode beſtuͤrmten mich ent- ſetzlich. Dennoch beſchloß ich eher zu ſterben, als durch ein falſches Bekenntniß mir das Le- ben zu retten und es Steeleyn vielleicht zu nehmen. Jch weis nicht, ob mein trauriger Anblick den Popen zum Erbarmen bewegte; genug, er bat fuͤr mich um Gnade und ſagte, daß ich vielleicht die Laͤſterungen nicht koͤnnte verſtanden haben, weil ich nicht ſo viel Ruſ- fiſch koͤnnte, als die andern beide. Man ließ mich alſo wieder aufſtehn und brachte mich in unſer Gefaͤngniß zuruͤck, in welchem ich Stee- leyn ſinnlos antraf. Jch warf mich zu ihm auf
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Leben der Schwediſchen
Leben einbuͤſſen. Steeley war wegen ſeines
Unvermoͤgens bey Seite geſchafft; Sidne
war todt, und ich erwartete, ohne mir recht
bewußt zu ſeyn, mein Schickſal. Der bos-
hafte Pope verlohr entweder mit dem Leben
des Sidne ſeine Rachbegierde, oder er hielt
ſich von mir am wenigſten beleidiget. Er be-
ſchuldigte mich keiner Laͤſterungen wider den
Staat, er begehrte nur, daß ich geſtehen ſoll-
te, daß meine beiden Cameraden welche aus-
geſtoßen haͤtten. Jch vertheidigte mich, daß
ich von nichts wuͤßte. Man befahl, eben die
Marter an mir vorzunehmen. Man legte
mich auf die Erde und fragte noch einmal, ob
ich nichts gehoͤrt haͤtte. Die Furcht vor der
Pein und vor dem Tode beſtuͤrmten mich ent-
ſetzlich. Dennoch beſchloß ich eher zu ſterben,
als durch ein falſches Bekenntniß mir das Le-
ben zu retten und es Steeleyn vielleicht zu
nehmen. Jch weis nicht, ob mein trauriger
Anblick den Popen zum Erbarmen bewegte;
genug, er bat fuͤr mich um Gnade und ſagte,
daß ich vielleicht die Laͤſterungen nicht koͤnnte
verſtanden haben, weil ich nicht ſo viel Ruſ-
fiſch koͤnnte, als die andern beide. Man ließ
mich alſo wieder aufſtehn und brachte mich in
unſer Gefaͤngniß zuruͤck, in welchem ich Stee-
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