Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Von Grundgütern und anhangenden Gerechtsamkeiten.

§. 34. So erfordert nun weiter/ daß hohe Landes-ObrigkeitenLandesherren
Recht die
Jagten einzu-
schräncken.

die Jagt-Gerechtigkeiten einschräncken/ deren höchst billige Vorsor-
ge/ gesamt- und sonderlichen wilden Thiere Geschlechts-Art zu erhal-
ten/ weilen durch GOttes Vorsehung weniger wild als zahmes Vieh
auff Erden zu finden/ auff daß nicht durch deren Vielheit menschli-
chen Lebens Gesellschafft und Ackerbau Schaden leiden und beunru-
higet seyn möchte/ zu dem Ende dann auch fast aller Orten Wildbahn
und Thier-Garten angestifftet sich befinden/ in welchen das Wild zu
heegen/ sonst etwan in einer Landschafft die gantze Art ausgerottet
würde/ wofern das Jagen jederman erlaubet wäre; und selbst die
allgemeine Jagt-Vergünstigung würde einen grossen Verhin-
derungs Abruff vom Bauer-Leben und Wandel/ auch Ackerbaues
Fortpflantzung verursachen/ davon jedoch die Bauren abzuziehen
offenbar schädlich wäre.

Auth. agricultores, C. quae res pign. L. 2. ff. de Feriis.

§. 35. Weilen auch grössern wilden Thiere Jagt ohne GeschoßJagt-Recht
wegen Zanck
und Streit
verboten.

und Waffen nicht wohl zu üben/ deren täglicher Gebrauch aber aus
vielen Ursachen voraus Bauer- und Ackers-Leuten/ die zur Jagt sehr
beqvem/ mehrentheils in Wäld- und Feldern wohnen/ recht und
löblich verboten; So ist über das öffentlich daran gelegen/ daß nicht
allen und jeden Menschen das Jagt-Recht gemein sey/ Fried und
Ruhe zu erhalten/ dann gleichwie andern Sachen Gemeinschafft
Zwietracht erreget/ also würde es vielem Gezänck/ Streit und Kampff/
ja gar Mord und Todtschlägen Anlaß und Gelegenheit geben/ wann
jederman ohne Unterscheid zu jagen vergönnet wäre/ sintemahlen
Brüder und Anverwandte zuweilen über diese Gerechtigkeit sich gantz
hefftig zancken/ was würde dann erst geschehen/ wofern allen Leuten
auch gemeinen Bauren dieser Rechts-Brauch frey stünde.

Tot. tit. in auth. ut armor. usus. L. 79. §. omnia, ff. de Legat. §. 9. instit. de rer. di-
vis. L. 5. §. 1. ff. de acquir. rer. dom. L. 1. ff. de usucap. L. aequissimum, ff. de
Usufr.

§. 36. Endlich/ wann unter vielen Jagenden das Wild nicht demWild das ver-
wundet/ wem
es gehörig.

Verfolger/ der es verwundet/ sondern demjenigen/ der es zu erst auff-
nimmt und bekömmt/ zuständig gehöret/ so erhellet leicht/ wie sich man-
cherley Leute balgen und schlagen würden; ja wann man allgemeinen
Ruhestandes halben privat Leuten auch wohl gar das Jhrige nehmen
kan/ so mag man vielmehr deswegen dergleichen Personen an gemei-
nem Ort etwas zu thun verbiethen; derowegen nun solchen Rechts
undenckliche Verjährung und vielen hundert Jahren Erduldung be-

nimmt
K k
Von Grundguͤtern und anhangenden Gerechtſamkeiten.

§. 34. So erfordert nun weiter/ daß hohe Landes-ObrigkeitenLandesherren
Recht die
Jagten einzu-
ſchraͤncken.

die Jagt-Gerechtigkeiten einſchraͤncken/ deren hoͤchſt billige Vorſor-
ge/ geſamt- und ſonderlichen wilden Thiere Geſchlechts-Art zu erhal-
ten/ weilen durch GOttes Vorſehung weniger wild als zahmes Vieh
auff Erden zu finden/ auff daß nicht durch deren Vielheit menſchli-
chen Lebens Geſellſchafft und Ackerbau Schaden leiden und beunru-
higet ſeyn moͤchte/ zu dem Ende dann auch faſt aller Orten Wildbahn
und Thier-Garten angeſtifftet ſich befinden/ in welchen das Wild zu
heegen/ ſonſt etwan in einer Landſchafft die gantze Art ausgerottet
wuͤrde/ wofern das Jagen jederman erlaubet waͤre; und ſelbſt die
allgemeine Jagt-Verguͤnſtigung wuͤrde einen groſſen Verhin-
derungs Abruff vom Bauer-Leben und Wandel/ auch Ackerbaues
Fortpflantzung verurſachen/ davon jedoch die Bauren abzuziehen
offenbar ſchaͤdlich waͤre.

Auth. agricultores, C. quæ res pign. L. 2. ff. de Feriis.

§. 35. Weilen auch groͤſſern wilden Thiere Jagt ohne GeſchoßJagt-Recht
wegen Zanck
und Streit
verboten.

und Waffen nicht wohl zu uͤben/ deren taͤglicher Gebrauch aber aus
vielen Urſachen voraus Bauer- und Ackers-Leuten/ die zur Jagt ſehr
beqvem/ mehrentheils in Waͤld- und Feldern wohnen/ recht und
loͤblich verboten; So iſt uͤber das oͤffentlich daran gelegen/ daß nicht
allen und jeden Menſchen das Jagt-Recht gemein ſey/ Fried und
Ruhe zu erhalten/ dann gleichwie andern Sachen Gemeinſchafft
Zwietracht erreget/ alſo wuͤrde es vielem Gezaͤnck/ Streit und Kampff/
ja gar Mord und Todtſchlaͤgen Anlaß und Gelegenheit geben/ wann
jederman ohne Unterſcheid zu jagen vergoͤnnet waͤre/ ſintemahlen
Bruͤder und Anverwandte zuweilen uͤber dieſe Gerechtigkeit ſich gantz
hefftig zancken/ was wuͤrde dann erſt geſchehen/ wofern allen Leuten
auch gemeinen Bauren dieſer Rechts-Brauch frey ſtuͤnde.

Tot. tit. in auth. ut armor. uſus. L. 79. §. omnia, ff. de Legat. §. 9. inſtit. de rer. di-
vis. L. 5. §. 1. ff. de acquir. rer. dom. L. 1. ff. de uſucap. L. æquiſſimum, ff. de
Uſufr.

§. 36. Endlich/ wann unter vielen Jagenden das Wild nicht demWild das ver-
wundet/ wem
es gehoͤrig.

Verfolger/ der es verwundet/ ſondern demjenigen/ der es zu erſt auff-
nimmt und bekoͤmmt/ zuſtaͤndig gehoͤret/ ſo erhellet leicht/ wie ſich man-
cherley Leute balgen und ſchlagen wuͤrden; ja wann man allgemeinen
Ruheſtandes halben privat Leuten auch wohl gar das Jhrige nehmen
kan/ ſo mag man vielmehr deswegen dergleichen Perſonen an gemei-
nem Ort etwas zu thun verbiethen; derowegen nun ſolchen Rechts
undenckliche Verjaͤhrung und vielen hundert Jahren Erduldung be-

nimmt
K k
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0264" n="257"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von Grundgu&#x0364;tern und anhangenden Gerecht&#x017F;amkeiten.</hi> </fw><lb/>
          <p>§. 34. So erfordert nun weiter/ daß hohe Landes-Obrigkeiten<note place="right">Landesherren<lb/>
Recht die<lb/>
Jagten einzu-<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;ncken.</note><lb/>
die Jagt-Gerechtigkeiten ein&#x017F;chra&#x0364;ncken/ deren ho&#x0364;ch&#x017F;t billige Vor&#x017F;or-<lb/>
ge/ ge&#x017F;amt- und &#x017F;onderlichen wilden Thiere Ge&#x017F;chlechts-Art zu erhal-<lb/>
ten/ weilen durch GOttes Vor&#x017F;ehung weniger wild als zahmes Vieh<lb/>
auff Erden zu finden/ auff daß nicht durch deren Vielheit men&#x017F;chli-<lb/>
chen Lebens Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft und Ackerbau Schaden leiden und beunru-<lb/>
higet &#x017F;eyn mo&#x0364;chte/ zu dem Ende dann auch fa&#x017F;t aller Orten Wildbahn<lb/>
und Thier-Garten ange&#x017F;tifftet &#x017F;ich befinden/ in welchen das Wild zu<lb/>
heegen/ &#x017F;on&#x017F;t etwan in einer Land&#x017F;chafft die gantze Art ausgerottet<lb/>
wu&#x0364;rde/ wofern das Jagen jederman erlaubet wa&#x0364;re; und &#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
allgemeine Jagt-Vergu&#x0364;n&#x017F;tigung wu&#x0364;rde einen gro&#x017F;&#x017F;en Verhin-<lb/>
derungs Abruff vom Bauer-Leben und Wandel/ auch Ackerbaues<lb/>
Fortpflantzung verur&#x017F;achen/ davon jedoch die Bauren abzuziehen<lb/>
offenbar &#x017F;cha&#x0364;dlich wa&#x0364;re.</p><lb/>
          <list>
            <item> <hi rendition="#aq">Auth. agricultores, C. quæ res pign. L. 2. ff. de Feriis.</hi> </item>
          </list><lb/>
          <p>§. 35. Weilen auch gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern wilden Thiere Jagt ohne Ge&#x017F;choß<note place="right">Jagt-Recht<lb/>
wegen Zanck<lb/>
und Streit<lb/>
verboten.</note><lb/>
und Waffen nicht wohl zu u&#x0364;ben/ deren ta&#x0364;glicher Gebrauch aber aus<lb/>
vielen Ur&#x017F;achen voraus Bauer- und Ackers-Leuten/ die zur Jagt &#x017F;ehr<lb/>
beqvem/ mehrentheils in Wa&#x0364;ld- und Feldern wohnen/ recht und<lb/>
lo&#x0364;blich verboten; So i&#x017F;t u&#x0364;ber das o&#x0364;ffentlich daran gelegen/ daß nicht<lb/>
allen und jeden Men&#x017F;chen das Jagt-Recht gemein &#x017F;ey/ Fried und<lb/>
Ruhe zu erhalten/ dann gleichwie andern Sachen Gemein&#x017F;chafft<lb/>
Zwietracht erreget/ al&#x017F;o wu&#x0364;rde es vielem Geza&#x0364;nck/ Streit und Kampff/<lb/>
ja gar Mord und Todt&#x017F;chla&#x0364;gen Anlaß und Gelegenheit geben/ wann<lb/>
jederman ohne Unter&#x017F;cheid zu jagen vergo&#x0364;nnet wa&#x0364;re/ &#x017F;intemahlen<lb/>
Bru&#x0364;der und Anverwandte zuweilen u&#x0364;ber die&#x017F;e Gerechtigkeit &#x017F;ich gantz<lb/>
hefftig zancken/ was wu&#x0364;rde dann er&#x017F;t ge&#x017F;chehen/ wofern allen Leuten<lb/>
auch gemeinen Bauren die&#x017F;er Rechts-Brauch frey &#x017F;tu&#x0364;nde.</p><lb/>
          <list>
            <item> <hi rendition="#aq">Tot. tit. in auth. ut armor. u&#x017F;us. L. 79. §. omnia, ff. de Legat. §. 9. in&#x017F;tit. de rer. di-<lb/>
vis. L. 5. §. 1. ff. de acquir. rer. dom. L. 1. ff. de u&#x017F;ucap. L. æqui&#x017F;&#x017F;imum, ff. de<lb/>
U&#x017F;ufr.</hi> </item>
          </list><lb/>
          <p>§. 36. Endlich/ wann unter vielen Jagenden das Wild nicht dem<note place="right">Wild das ver-<lb/>
wundet/ wem<lb/>
es geho&#x0364;rig.</note><lb/>
Verfolger/ der es verwundet/ &#x017F;ondern demjenigen/ der es zu er&#x017F;t auff-<lb/>
nimmt und beko&#x0364;mmt/ zu&#x017F;ta&#x0364;ndig geho&#x0364;ret/ &#x017F;o erhellet leicht/ wie &#x017F;ich man-<lb/>
cherley Leute balgen und &#x017F;chlagen wu&#x0364;rden; ja wann man allgemeinen<lb/>
Ruhe&#x017F;tandes halben <hi rendition="#aq">privat</hi> Leuten auch wohl gar das Jhrige nehmen<lb/>
kan/ &#x017F;o mag man vielmehr deswegen dergleichen Per&#x017F;onen an gemei-<lb/>
nem Ort etwas zu thun verbiethen; derowegen nun &#x017F;olchen Rechts<lb/>
undenckliche Verja&#x0364;hrung und vielen hundert Jahren Erduldung be-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k</fw><fw place="bottom" type="catch">nimmt</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0264] Von Grundguͤtern und anhangenden Gerechtſamkeiten. §. 34. So erfordert nun weiter/ daß hohe Landes-Obrigkeiten die Jagt-Gerechtigkeiten einſchraͤncken/ deren hoͤchſt billige Vorſor- ge/ geſamt- und ſonderlichen wilden Thiere Geſchlechts-Art zu erhal- ten/ weilen durch GOttes Vorſehung weniger wild als zahmes Vieh auff Erden zu finden/ auff daß nicht durch deren Vielheit menſchli- chen Lebens Geſellſchafft und Ackerbau Schaden leiden und beunru- higet ſeyn moͤchte/ zu dem Ende dann auch faſt aller Orten Wildbahn und Thier-Garten angeſtifftet ſich befinden/ in welchen das Wild zu heegen/ ſonſt etwan in einer Landſchafft die gantze Art ausgerottet wuͤrde/ wofern das Jagen jederman erlaubet waͤre; und ſelbſt die allgemeine Jagt-Verguͤnſtigung wuͤrde einen groſſen Verhin- derungs Abruff vom Bauer-Leben und Wandel/ auch Ackerbaues Fortpflantzung verurſachen/ davon jedoch die Bauren abzuziehen offenbar ſchaͤdlich waͤre. Landesherren Recht die Jagten einzu- ſchraͤncken. Auth. agricultores, C. quæ res pign. L. 2. ff. de Feriis. §. 35. Weilen auch groͤſſern wilden Thiere Jagt ohne Geſchoß und Waffen nicht wohl zu uͤben/ deren taͤglicher Gebrauch aber aus vielen Urſachen voraus Bauer- und Ackers-Leuten/ die zur Jagt ſehr beqvem/ mehrentheils in Waͤld- und Feldern wohnen/ recht und loͤblich verboten; So iſt uͤber das oͤffentlich daran gelegen/ daß nicht allen und jeden Menſchen das Jagt-Recht gemein ſey/ Fried und Ruhe zu erhalten/ dann gleichwie andern Sachen Gemeinſchafft Zwietracht erreget/ alſo wuͤrde es vielem Gezaͤnck/ Streit und Kampff/ ja gar Mord und Todtſchlaͤgen Anlaß und Gelegenheit geben/ wann jederman ohne Unterſcheid zu jagen vergoͤnnet waͤre/ ſintemahlen Bruͤder und Anverwandte zuweilen uͤber dieſe Gerechtigkeit ſich gantz hefftig zancken/ was wuͤrde dann erſt geſchehen/ wofern allen Leuten auch gemeinen Bauren dieſer Rechts-Brauch frey ſtuͤnde. Jagt-Recht wegen Zanck und Streit verboten. Tot. tit. in auth. ut armor. uſus. L. 79. §. omnia, ff. de Legat. §. 9. inſtit. de rer. di- vis. L. 5. §. 1. ff. de acquir. rer. dom. L. 1. ff. de uſucap. L. æquiſſimum, ff. de Uſufr. §. 36. Endlich/ wann unter vielen Jagenden das Wild nicht dem Verfolger/ der es verwundet/ ſondern demjenigen/ der es zu erſt auff- nimmt und bekoͤmmt/ zuſtaͤndig gehoͤret/ ſo erhellet leicht/ wie ſich man- cherley Leute balgen und ſchlagen wuͤrden; ja wann man allgemeinen Ruheſtandes halben privat Leuten auch wohl gar das Jhrige nehmen kan/ ſo mag man vielmehr deswegen dergleichen Perſonen an gemei- nem Ort etwas zu thun verbiethen; derowegen nun ſolchen Rechts undenckliche Verjaͤhrung und vielen hundert Jahren Erduldung be- nimmt Wild das ver- wundet/ wem es gehoͤrig. K k

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/264
Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/264>, abgerufen am 20.05.2024.