ganzen Naturlehre. Dennoch hat ein neuerer Schriftsteller (Observations sur l'arc-en-ciel, suivies de l'application d'une nouvelle theorie aux couleurs de ce phenomene par M. l'Abbe P ... a Paris, 1788. 8.) Zweifel dagegen erhoben, und den Regenbogen vielmehr aus der Beugung des Lichts zu erklären gesucht. Er versichert, daß er sich bey bey 30 verschiedenen Beobachtungen niemals in der Axe des von ihm gesehenen Regenbogens, wie nach der gewöhnlichen Theorie erfordert wird, sondern allemal rechts oder links neben der Axe befunden habe. Zuweilen habe er sogar an einem der beyden Füße des Bogens gestanden; hiebey habe derjenige Fuß, der sich nahe an seinem Fenster endigte, das Dach und die Wand des benachbarten Hauses gefärbt, obgleich die Regentropfen nur sehr einzeln gefallen wären. Er führt ferner Beobachtungen an, wobey man 2 -- 3 Regenbogen zugleich an verschiedenen Stellen des Horizonts bemerkt habe, und er selbst will im November 1787 zwey sehr stark gefärbte Bogen, mit Farben in einerley Ordnung, gesehen haben, wobey der Umkreis des größern durch den Mittelpunkt des kleinern gegangen sey. Bey seinen Reisen in die Gebirge des südlichen Frankreichs habe er sich versichert, daß allen Beobachtern in einem Raume von 3 -- 4 Quadratmeilen ein und ebenderselbe Regenbogen erscheinen könne, und daß sie alle die Grenzen desselben auf ebendieselben Punkte des Horizonts referirten. Der äußere Regenbogen (wenn nämlich zween solche Bögen erscheinen) stehe vom innern weit weniger ab, als die gemeine Theorie erfordere, und scheine beynahe unmittelbar an den letztern zu grenzen. Auch sehe man nicht immer zween Bogen, sondern zuweilen nur einen, zuweilen drey, welches alles aus der gewöhnlichen Theorie sich gar nicht erklären lasse.
Er sucht also vielmehr den Bogen von der Beugung herzuleiten, welche das Sonnenlicht leidet, wenn es durch eine Oefnung in einer vorliegenden Wolkenmasse hindurch auf einen dunkeln Grund fällt. Da die Beugung nur am Rande der Oefnung statt findet, so wird auch das gegenüber projicirte Sonnenbild nur am Rande gefärbt seyn. Dieses Bild ist groß, weil die Entfernung der Wolke groß ist, und
ganzen Naturlehre. Dennoch hat ein neuerer Schriftſteller (Obſervations ſur l'arc-en-ciel, ſuivies de l'application d'une nouvelle theorie aux couleurs de ce phénomene par M. l'Abbé P ... à Paris, 1788. 8.) Zweifel dagegen erhoben, und den Regenbogen vielmehr aus der Beugung des Lichts zu erklaͤren geſucht. Er verſichert, daß er ſich bey bey 30 verſchiedenen Beobachtungen niemals in der Axe des von ihm geſehenen Regenbogens, wie nach der gewoͤhnlichen Theorie erfordert wird, ſondern allemal rechts oder links neben der Axe befunden habe. Zuweilen habe er ſogar an einem der beyden Fuͤße des Bogens geſtanden; hiebey habe derjenige Fuß, der ſich nahe an ſeinem Fenſter endigte, das Dach und die Wand des benachbarten Hauſes gefaͤrbt, obgleich die Regentropfen nur ſehr einzeln gefallen waͤren. Er fuͤhrt ferner Beobachtungen an, wobey man 2 — 3 Regenbogen zugleich an verſchiedenen Stellen des Horizonts bemerkt habe, und er ſelbſt will im November 1787 zwey ſehr ſtark gefaͤrbte Bogen, mit Farben in einerley Ordnung, geſehen haben, wobey der Umkreis des groͤßern durch den Mittelpunkt des kleinern gegangen ſey. Bey ſeinen Reiſen in die Gebirge des ſuͤdlichen Frankreichs habe er ſich verſichert, daß allen Beobachtern in einem Raume von 3 — 4 Quadratmeilen ein und ebenderſelbe Regenbogen erſcheinen koͤnne, und daß ſie alle die Grenzen deſſelben auf ebendieſelben Punkte des Horizonts referirten. Der aͤußere Regenbogen (wenn naͤmlich zween ſolche Boͤgen erſcheinen) ſtehe vom innern weit weniger ab, als die gemeine Theorie erfordere, und ſcheine beynahe unmittelbar an den letztern zu grenzen. Auch ſehe man nicht immer zween Bogen, ſondern zuweilen nur einen, zuweilen drey, welches alles aus der gewoͤhnlichen Theorie ſich gar nicht erklaͤren laſſe.
Er ſucht alſo vielmehr den Bogen von der Beugung herzuleiten, welche das Sonnenlicht leidet, wenn es durch eine Oefnung in einer vorliegenden Wolkenmaſſe hindurch auf einen dunkeln Grund faͤllt. Da die Beugung nur am Rande der Oefnung ſtatt findet, ſo wird auch das gegenuͤber projicirte Sonnenbild nur am Rande gefaͤrbt ſeyn. Dieſes Bild iſt groß, weil die Entfernung der Wolke groß iſt, und
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ganzen Naturlehre. Dennoch hat ein neuerer Schriftſteller (Obſervations ſur l'arc-en-ciel, ſuivies de l'application d'une nouvelle theorie aux couleurs de ce phénomene par M. l'Abbé P ... à Paris, 1788. 8.) Zweifel dagegen erhoben, und den Regenbogen vielmehr aus der Beugung des Lichts zu erklaͤren geſucht. Er verſichert, daß er ſich bey bey 30 verſchiedenen Beobachtungen niemals in der Axe des von ihm geſehenen Regenbogens, wie nach der gewoͤhnlichen Theorie erfordert wird, ſondern allemal rechts oder links neben der Axe befunden habe. Zuweilen habe er ſogar an einem der beyden Fuͤße des Bogens geſtanden; hiebey habe derjenige Fuß, der ſich nahe an ſeinem Fenſter endigte, das Dach und die Wand des benachbarten Hauſes gefaͤrbt, obgleich die Regentropfen nur ſehr einzeln gefallen waͤren. Er fuͤhrt ferner Beobachtungen an, wobey man 2 — 3 Regenbogen zugleich an verſchiedenen Stellen des Horizonts bemerkt habe, und er ſelbſt will im November 1787 zwey ſehr ſtark gefaͤrbte Bogen, mit Farben in einerley Ordnung, geſehen haben, wobey der Umkreis des groͤßern durch den Mittelpunkt des kleinern gegangen ſey. Bey ſeinen Reiſen in die Gebirge des ſuͤdlichen Frankreichs habe er ſich verſichert, daß allen Beobachtern in einem Raume von 3 — 4 Quadratmeilen ein und ebenderſelbe Regenbogen erſcheinen koͤnne, und daß ſie alle die Grenzen deſſelben auf ebendieſelben Punkte des Horizonts referirten. Der aͤußere Regenbogen (wenn naͤmlich zween ſolche Boͤgen erſcheinen) ſtehe vom innern weit weniger ab, als die gemeine Theorie erfordere, und ſcheine beynahe unmittelbar an den letztern zu grenzen. Auch ſehe man nicht immer zween Bogen, ſondern zuweilen nur einen, zuweilen drey, welches alles aus der gewoͤhnlichen Theorie ſich gar nicht erklaͤren laſſe.
Er ſucht alſo vielmehr den Bogen von der Beugung herzuleiten, welche das Sonnenlicht leidet, wenn es durch eine Oefnung in einer vorliegenden Wolkenmaſſe hindurch auf einen dunkeln Grund faͤllt. Da die Beugung nur am Rande der Oefnung ſtatt findet, ſo wird auch das gegenuͤber projicirte Sonnenbild nur am Rande gefaͤrbt ſeyn. Dieſes Bild iſt groß, weil die Entfernung der Wolke groß iſt, und
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 758. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/770>, abgerufen am 25.11.2024.
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