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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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Haut, welche sich an der Oberfläche desselben zeigt, ist eine wahre Quecksilberhalbsäure (Oxide de mercure). Am meisten Sauerstoff enthalten der für sich bereitete Quecksilberkalk und das rothe Präcipitat, nach der neuern Nomenclatur die mit Feuer bereitete rothe Quecksilberhalbsäure, Oxide de mercure rouge par le feu, und die mit Salpetersäure bereitete rothe Quecksilberhalbsäure, Oxide de mercure rouge par l'acide nitrique. In beyden ist der Sauerstoff so schwach gebunden, daß er durch die bloße Anziehung des Wärmestoffs davon getrennt werden kan. Daher kan man in verschloßnen Gefäßen durch bloße Hitze das Quecksilber daraus wiederherstellen, und man erhält alsdann Quecksilber und Sauerstoffgas (Lebensluft).

Die Vertheidiger des Stahlischen Systems haben das Factum, daß man aus dem mit Feuer bereiteten Quecksilberkalke Lebensluft erhalte, lange Zeit durch entgegengesetzte Versuche bestritten, und daher den Antiphlogistikern den Einwurf gemacht, daß es einen metallischen Kalk ohne Sauerstoff gebe. Es ist aber jetzt durch unstreitige Erfahrungen entschieden, daß dieser Quecksilberkalk wirklich Lebensluft liefere, und daher die Basis derselben, welche die Antiphlogistiker Sauerstoff nennen, wirklich enthalten müsse, s. Antiphlogistisches System (oben S. 43--45.). Dadurch ist gleichwohl nur so viel erwiesen, daß diese Basis der Lebensluft in allen Metallkalken vorhanden sey. Daß sie das Princip der Säuren ausmache, kan dieser Versuche ungeachtet noch immer geläugnet werden, s. den Artikel Sauerstoff (unten in diesem Bande), und eben dieses ist einer von den Punkten, worinn Hrn. Grens neueres System von dem antiphlogistischen abgeht. Dieses Grenische System erklärt die Wiederherstellung des rothen Präcipitats, welche durch bloße Hitze ohne Zusatz von brennlichen Dingen geschieht, durch einen Rest von Brennstoff, welcher schwach gebunden im Kalke zurückblieb, und sich mit demselben nach Austreibung der Lebensluftbasis inniger zu einem regulinischen Metalle vereiniget.

Nach den Antiphlogistikern wird die Schwefelsäure, wenn sie das Quecksilber auflößt, durch eine doppelte Verwandtschaft


Haut, welche ſich an der Oberflaͤche deſſelben zeigt, iſt eine wahre Queckſilberhalbſaͤure (Oxide de mercure). Am meiſten Sauerſtoff enthalten der fuͤr ſich bereitete Queckſilberkalk und das rothe Praͤcipitat, nach der neuern Nomenclatur die mit Feuer bereitete rothe Queckſilberhalbſaͤure, Oxide de mercure rouge par le feu, und die mit Salpeterſaͤure bereitete rothe Queckſilberhalbſaͤure, Oxide de mercure rouge par l'acide nitrique. In beyden iſt der Sauerſtoff ſo ſchwach gebunden, daß er durch die bloße Anziehung des Waͤrmeſtoffs davon getrennt werden kan. Daher kan man in verſchloßnen Gefaͤßen durch bloße Hitze das Queckſilber daraus wiederherſtellen, und man erhaͤlt alsdann Queckſilber und Sauerſtoffgas (Lebensluft).

Die Vertheidiger des Stahliſchen Syſtems haben das Factum, daß man aus dem mit Feuer bereiteten Queckſilberkalke Lebensluft erhalte, lange Zeit durch entgegengeſetzte Verſuche beſtritten, und daher den Antiphlogiſtikern den Einwurf gemacht, daß es einen metalliſchen Kalk ohne Sauerſtoff gebe. Es iſt aber jetzt durch unſtreitige Erfahrungen entſchieden, daß dieſer Queckſilberkalk wirklich Lebensluft liefere, und daher die Baſis derſelben, welche die Antiphlogiſtiker Sauerſtoff nennen, wirklich enthalten muͤſſe, ſ. Antiphlogiſtiſches Syſtem (oben S. 43—45.). Dadurch iſt gleichwohl nur ſo viel erwieſen, daß dieſe Baſis der Lebensluft in allen Metallkalken vorhanden ſey. Daß ſie das Princip der Saͤuren ausmache, kan dieſer Verſuche ungeachtet noch immer gelaͤugnet werden, ſ. den Artikel Sauerſtoff (unten in dieſem Bande), und eben dieſes iſt einer von den Punkten, worinn Hrn. Grens neueres Syſtem von dem antiphlogiſtiſchen abgeht. Dieſes Greniſche Syſtem erklaͤrt die Wiederherſtellung des rothen Praͤcipitats, welche durch bloße Hitze ohne Zuſatz von brennlichen Dingen geſchieht, durch einen Reſt von Brennſtoff, welcher ſchwach gebunden im Kalke zuruͤckblieb, und ſich mit demſelben nach Austreibung der Lebensluftbaſis inniger zu einem reguliniſchen Metalle vereiniget.

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[735/0747] Haut, welche ſich an der Oberflaͤche deſſelben zeigt, iſt eine wahre Queckſilberhalbſaͤure (Oxide de mercure). Am meiſten Sauerſtoff enthalten der fuͤr ſich bereitete Queckſilberkalk und das rothe Praͤcipitat, nach der neuern Nomenclatur die mit Feuer bereitete rothe Queckſilberhalbſaͤure, Oxide de mercure rouge par le feu, und die mit Salpeterſaͤure bereitete rothe Queckſilberhalbſaͤure, Oxide de mercure rouge par l'acide nitrique. In beyden iſt der Sauerſtoff ſo ſchwach gebunden, daß er durch die bloße Anziehung des Waͤrmeſtoffs davon getrennt werden kan. Daher kan man in verſchloßnen Gefaͤßen durch bloße Hitze das Queckſilber daraus wiederherſtellen, und man erhaͤlt alsdann Queckſilber und Sauerſtoffgas (Lebensluft). Die Vertheidiger des Stahliſchen Syſtems haben das Factum, daß man aus dem mit Feuer bereiteten Queckſilberkalke Lebensluft erhalte, lange Zeit durch entgegengeſetzte Verſuche beſtritten, und daher den Antiphlogiſtikern den Einwurf gemacht, daß es einen metalliſchen Kalk ohne Sauerſtoff gebe. Es iſt aber jetzt durch unſtreitige Erfahrungen entſchieden, daß dieſer Queckſilberkalk wirklich Lebensluft liefere, und daher die Baſis derſelben, welche die Antiphlogiſtiker Sauerſtoff nennen, wirklich enthalten muͤſſe, ſ. Antiphlogiſtiſches Syſtem (oben S. 43—45.). Dadurch iſt gleichwohl nur ſo viel erwieſen, daß dieſe Baſis der Lebensluft in allen Metallkalken vorhanden ſey. Daß ſie das Princip der Saͤuren ausmache, kan dieſer Verſuche ungeachtet noch immer gelaͤugnet werden, ſ. den Artikel Sauerſtoff (unten in dieſem Bande), und eben dieſes iſt einer von den Punkten, worinn Hrn. Grens neueres Syſtem von dem antiphlogiſtiſchen abgeht. Dieſes Greniſche Syſtem erklaͤrt die Wiederherſtellung des rothen Praͤcipitats, welche durch bloße Hitze ohne Zuſatz von brennlichen Dingen geſchieht, durch einen Reſt von Brennſtoff, welcher ſchwach gebunden im Kalke zuruͤckblieb, und ſich mit demſelben nach Austreibung der Lebensluftbaſis inniger zu einem reguliniſchen Metalle vereiniget. Nach den Antiphlogiſtikern wird die Schwefelſaͤure, wenn ſie das Queckſilber aufloͤßt, durch eine doppelte Verwandtſchaft

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 735. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/747>, abgerufen am 25.11.2024.