Trauben enthält Citronensäure, welche bey fortgesetztem Wachsthum in Weinsteinsäure und aus dieser in Zucker übergeht, wozu Sonnenlicht und Wärme Bedingung sind. Die Weinsteinsäure unterscheidet sich aber von der Citronensäure, und der Zucker wieder von der Weinsteinsäure, durch ein größeres Verhältniß des Brennstoffs, und ein geringeres der Basis der Lebensluft gegen die kohlensaure Grundlage und das Hydrogen. Daher muß der Uebergang aus Citronensäure in Weinsteinsäure und Zucker durch Entwickelung eines Antheils der Basis der Lebensluft und Aufnahme von mehrerer Basis des Lichts oder Brennstoff geschehen. Bey dem Wachsthum und Reifen der Trauben nimmt also die kohlensaure Grundlage und das Hydrogen des Saftes mehr Basis des Lichts oder Brennstoff auf, und entläßt dagegen etwas Basis der Lebensluft, die mit dem Wärmestoff verbunden als Lebensluft austritt.
Zum Beschluß dieses Zusatzes will ich noch aus den schätzbaren Aphorismen des Herrn von Humboldt einige zur chemischen Physiologie der Pflanzen gehörige Bemerkungen ausheben. Dieser scharfsinnige Beobachter hält mit Herrn Girtanner die Worte organisirt und belebt für gleichbedeutend, betrachtet dem zufolge die Pflanzen als belebte Geschöpfe, darum nicht als Thiere, sondern blos als Gegenstände der allgemeinen vergleichenden Anatomie, und nennt Lebenskraft diejenige innere Kraft, welche die Bande der chemischen Verwandtschaft auflöst, und die freye Verbindung der Elemente in den Körpern hindert. Durch die Fäulniß, das untrüglichste Kennzeichen des Todes treten die Urstoffe in ihre vorigen Rechte wieder ein, und ordnen sich nach chemischen Verwandtschaften.
Unbelebte Theile, welche im lebenden Thiere gefunden werden, sind: Knochen, Haare, Nägel; in der lebenden Pflanze: das Oberhäutchen, das Holz, die Saamenkronen. Diese Organe, so verschieden sie in Absicht auf Entstehung und Wachsthum sind, kommen doch in Ansehung der chemischen Natur ihrer Elemente, der Farbe, der Härte u. s. w. außerordentlich mit einander überein. Insbesondere stellt
Trauben enthaͤlt Citronenſaͤure, welche bey fortgeſetztem Wachsthum in Weinſteinſaͤure und aus dieſer in Zucker uͤbergeht, wozu Sonnenlicht und Waͤrme Bedingung ſind. Die Weinſteinſaͤure unterſcheidet ſich aber von der Citronenſaͤure, und der Zucker wieder von der Weinſteinſaͤure, durch ein groͤßeres Verhaͤltniß des Brennſtoffs, und ein geringeres der Baſis der Lebensluft gegen die kohlenſaure Grundlage und das Hydrogen. Daher muß der Uebergang aus Citronenſaͤure in Weinſteinſaͤure und Zucker durch Entwickelung eines Antheils der Baſis der Lebensluft und Aufnahme von mehrerer Baſis des Lichts oder Brennſtoff geſchehen. Bey dem Wachsthum und Reifen der Trauben nimmt alſo die kohlenſaure Grundlage und das Hydrogen des Saftes mehr Baſis des Lichts oder Brennſtoff auf, und entlaͤßt dagegen etwas Baſis der Lebensluft, die mit dem Waͤrmeſtoff verbunden als Lebensluft austritt.
Zum Beſchluß dieſes Zuſatzes will ich noch aus den ſchaͤtzbaren Aphorismen des Herrn von Humboldt einige zur chemiſchen Phyſiologie der Pflanzen gehoͤrige Bemerkungen ausheben. Dieſer ſcharfſinnige Beobachter haͤlt mit Herrn Girtanner die Worte organiſirt und belebt fuͤr gleichbedeutend, betrachtet dem zufolge die Pflanzen als belebte Geſchoͤpfe, darum nicht als Thiere, ſondern blos als Gegenſtaͤnde der allgemeinen vergleichenden Anatomie, und nennt Lebenskraft diejenige innere Kraft, welche die Bande der chemiſchen Verwandtſchaft aufloͤſt, und die freye Verbindung der Elemente in den Koͤrpern hindert. Durch die Faͤulniß, das untruͤglichſte Kennzeichen des Todes treten die Urſtoffe in ihre vorigen Rechte wieder ein, und ordnen ſich nach chemiſchen Verwandtſchaften.
Unbelebte Theile, welche im lebenden Thiere gefunden werden, ſind: Knochen, Haare, Naͤgel; in der lebenden Pflanze: das Oberhaͤutchen, das Holz, die Saamenkronen. Dieſe Organe, ſo verſchieden ſie in Abſicht auf Entſtehung und Wachsthum ſind, kommen doch in Anſehung der chemiſchen Natur ihrer Elemente, der Farbe, der Haͤrte u. ſ. w. außerordentlich mit einander uͤberein. Insbeſondere ſtellt
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Trauben enthaͤlt Citronenſaͤure, welche bey fortgeſetztem Wachsthum in Weinſteinſaͤure und aus dieſer in Zucker uͤbergeht, wozu Sonnenlicht und Waͤrme Bedingung ſind. Die Weinſteinſaͤure unterſcheidet ſich aber von der Citronenſaͤure, und der Zucker wieder von der Weinſteinſaͤure, durch ein groͤßeres Verhaͤltniß des Brennſtoffs, und ein geringeres der Baſis der Lebensluft gegen die kohlenſaure Grundlage und das Hydrogen. Daher muß der Uebergang aus Citronenſaͤure in Weinſteinſaͤure und Zucker durch Entwickelung eines Antheils der Baſis der Lebensluft und Aufnahme von mehrerer Baſis des Lichts oder Brennſtoff geſchehen. Bey dem Wachsthum und Reifen der Trauben nimmt alſo die kohlenſaure Grundlage und das Hydrogen des Saftes mehr Baſis des Lichts oder Brennſtoff auf, und entlaͤßt dagegen etwas Baſis der Lebensluft, die mit dem Waͤrmeſtoff verbunden als Lebensluft austritt.</p><p>Zum Beſchluß dieſes Zuſatzes will ich noch aus den ſchaͤtzbaren Aphorismen des Herrn <hirendition="#b">von Humboldt</hi> einige zur chemiſchen Phyſiologie der Pflanzen gehoͤrige Bemerkungen ausheben. Dieſer ſcharfſinnige Beobachter haͤlt mit Herrn <hirendition="#b">Girtanner</hi> die Worte <hirendition="#b">organiſirt</hi> und <hirendition="#b">belebt</hi> fuͤr gleichbedeutend, betrachtet dem zufolge die Pflanzen als belebte Geſchoͤpfe, darum nicht als Thiere, ſondern blos als Gegenſtaͤnde der allgemeinen vergleichenden Anatomie, und nennt <hirendition="#b">Lebenskraft</hi> diejenige innere Kraft, welche die Bande der chemiſchen Verwandtſchaft aufloͤſt, und die freye Verbindung der Elemente in den Koͤrpern hindert. Durch die Faͤulniß, das untruͤglichſte Kennzeichen des Todes treten die Urſtoffe in ihre vorigen Rechte wieder ein, und ordnen ſich nach chemiſchen Verwandtſchaften.</p><p>Unbelebte Theile, welche im lebenden Thiere gefunden werden, ſind: Knochen, Haare, Naͤgel; in der lebenden Pflanze: das Oberhaͤutchen, das Holz, die Saamenkronen. Dieſe Organe, ſo verſchieden ſie in Abſicht auf Entſtehung und Wachsthum ſind, kommen doch in Anſehung der chemiſchen Natur ihrer Elemente, der Farbe, der Haͤrte u. ſ. w. außerordentlich mit einander uͤberein. Insbeſondere ſtellt<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
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Trauben enthaͤlt Citronenſaͤure, welche bey fortgeſetztem Wachsthum in Weinſteinſaͤure und aus dieſer in Zucker uͤbergeht, wozu Sonnenlicht und Waͤrme Bedingung ſind. Die Weinſteinſaͤure unterſcheidet ſich aber von der Citronenſaͤure, und der Zucker wieder von der Weinſteinſaͤure, durch ein groͤßeres Verhaͤltniß des Brennſtoffs, und ein geringeres der Baſis der Lebensluft gegen die kohlenſaure Grundlage und das Hydrogen. Daher muß der Uebergang aus Citronenſaͤure in Weinſteinſaͤure und Zucker durch Entwickelung eines Antheils der Baſis der Lebensluft und Aufnahme von mehrerer Baſis des Lichts oder Brennſtoff geſchehen. Bey dem Wachsthum und Reifen der Trauben nimmt alſo die kohlenſaure Grundlage und das Hydrogen des Saftes mehr Baſis des Lichts oder Brennſtoff auf, und entlaͤßt dagegen etwas Baſis der Lebensluft, die mit dem Waͤrmeſtoff verbunden als Lebensluft austritt.
Zum Beſchluß dieſes Zuſatzes will ich noch aus den ſchaͤtzbaren Aphorismen des Herrn von Humboldt einige zur chemiſchen Phyſiologie der Pflanzen gehoͤrige Bemerkungen ausheben. Dieſer ſcharfſinnige Beobachter haͤlt mit Herrn Girtanner die Worte organiſirt und belebt fuͤr gleichbedeutend, betrachtet dem zufolge die Pflanzen als belebte Geſchoͤpfe, darum nicht als Thiere, ſondern blos als Gegenſtaͤnde der allgemeinen vergleichenden Anatomie, und nennt Lebenskraft diejenige innere Kraft, welche die Bande der chemiſchen Verwandtſchaft aufloͤſt, und die freye Verbindung der Elemente in den Koͤrpern hindert. Durch die Faͤulniß, das untruͤglichſte Kennzeichen des Todes treten die Urſtoffe in ihre vorigen Rechte wieder ein, und ordnen ſich nach chemiſchen Verwandtſchaften.
Unbelebte Theile, welche im lebenden Thiere gefunden werden, ſind: Knochen, Haare, Naͤgel; in der lebenden Pflanze: das Oberhaͤutchen, das Holz, die Saamenkronen. Dieſe Organe, ſo verſchieden ſie in Abſicht auf Entſtehung und Wachsthum ſind, kommen doch in Anſehung der chemiſchen Natur ihrer Elemente, der Farbe, der Haͤrte u. ſ. w. außerordentlich mit einander uͤberein. Insbeſondere ſtellt
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/704>, abgerufen am 25.11.2024.
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