neuen Theorie über den anhaltenden Widerstand der deutschen Chemiker, ehrenvoll für beyde Theile; für die Antiphlogistiker, weil sie den Beyfall erzwingen konnten, für die Deutschen, weil es der Charakter des gesetzten Mannes erfordert, mit seinem Beyfalle nicht leichtsinnig umzugehen. Er gesteht übrigens mit Vergnügen, daß diese Revolution in der Chemie in ihrer Art ein Meisterstück sey, und hoffentlich werden mit diesem Urtheile die meisten Physiker einverstanden seyn.
Inzwischen ist dieser Beyfall nichts weniger, als unbedingt, und die Lobsprüche, die man dem neuen System ertheilt, haben nicht die Meinung, dasselbe für ausgemachte Wahrheit auszugeben. Vorsichtige Naturforscher werden es immer nur als Vorstellungsart, und selbst dieses blos für einzelne Theile der Wissenschaft, empfehlen. So verfährt auch Herr Lichtenberg, der überall, wo es den Zusammenhang der Naturbegebenheiten im Großen betrift, die Vorstellungen des Hrn. de Luc weit angemessener, als die Erklärungen der Antphlogistiker, findet. Ich werde einige Bedenklichkeiten, die diesem scharfsinnigen Physiker gegen die Nonexistenz des Brennstoffs übrig bleiben, im Zusatze zu dem Artikel Phlogiston anführen, und hier nur noch einige seiner allgemeinen Bemerkungen aus der oben gedachten Vorrede mittheilen.
Die französische Chemie, sagt er, ist ein Meisterstück als isolirte Sammlung von Kenntnissen, nicht aber als Theil der gesammten Naturlehre im Allgemeinen. Der allgemeine Naturforscher, der die isolirten Beschäftigungen einzelner Classen vergleicht und zusammennimt, der nach Bacons Ausdruck die Erklärungen nicht in minoribus mundis, sondern in maiore sive communi, sucht, möchte doch bey der Vereinigung des neuen Systems mit den Erfahrungen, die über andere Classen von Gegenständen vorhanden sind, noch mancherley Schwierigkeiten finden.
Die Natur z. B. bringt unläugbar Elektricität im Großen hervor. Wir können sie nur im Kleinen untersuchen, wissen also wenig von ihr: aber es ist doch höchst wahrscheinlich, daß sie in die Zusammensetzungen der Stoffe komme,
neuen Theorie uͤber den anhaltenden Widerſtand der deutſchen Chemiker, ehrenvoll fuͤr beyde Theile; fuͤr die Antiphlogiſtiker, weil ſie den Beyfall erzwingen konnten, fuͤr die Deutſchen, weil es der Charakter des geſetzten Mannes erfordert, mit ſeinem Beyfalle nicht leichtſinnig umzugehen. Er geſteht uͤbrigens mit Vergnuͤgen, daß dieſe Revolution in der Chemie in ihrer Art ein Meiſterſtuͤck ſey, und hoffentlich werden mit dieſem Urtheile die meiſten Phyſiker einverſtanden ſeyn.
Inzwiſchen iſt dieſer Beyfall nichts weniger, als unbedingt, und die Lobſpruͤche, die man dem neuen Syſtem ertheilt, haben nicht die Meinung, daſſelbe fuͤr ausgemachte Wahrheit auszugeben. Vorſichtige Naturforſcher werden es immer nur als Vorſtellungsart, und ſelbſt dieſes blos fuͤr einzelne Theile der Wiſſenſchaft, empfehlen. So verfaͤhrt auch Herr Lichtenberg, der uͤberall, wo es den Zuſammenhang der Naturbegebenheiten im Großen betrift, die Vorſtellungen des Hrn. de Luc weit angemeſſener, als die Erklaͤrungen der Antphlogiſtiker, findet. Ich werde einige Bedenklichkeiten, die dieſem ſcharfſinnigen Phyſiker gegen die Nonexiſtenz des Brennſtoffs uͤbrig bleiben, im Zuſatze zu dem Artikel Phlogiſton anfuͤhren, und hier nur noch einige ſeiner allgemeinen Bemerkungen aus der oben gedachten Vorrede mittheilen.
Die franzoͤſiſche Chemie, ſagt er, iſt ein Meiſterſtuͤck als iſolirte Sammlung von Kenntniſſen, nicht aber als Theil der geſammten Naturlehre im Allgemeinen. Der allgemeine Naturforſcher, der die iſolirten Beſchaͤftigungen einzelner Claſſen vergleicht und zuſammennimt, der nach Bacons Ausdruck die Erklaͤrungen nicht in minoribus mundis, ſondern in maiore ſive communi, ſucht, moͤchte doch bey der Vereinigung des neuen Syſtems mit den Erfahrungen, die uͤber andere Claſſen von Gegenſtaͤnden vorhanden ſind, noch mancherley Schwierigkeiten finden.
Die Natur z. B. bringt unlaͤugbar Elektricitaͤt im Großen hervor. Wir koͤnnen ſie nur im Kleinen unterſuchen, wiſſen alſo wenig von ihr: aber es iſt doch hoͤchſt wahrſcheinlich, daß ſie in die Zuſammenſetzungen der Stoffe komme,
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neuen Theorie uͤber den anhaltenden Widerſtand der deutſchen Chemiker, ehrenvoll fuͤr beyde Theile; fuͤr die Antiphlogiſtiker, weil ſie den Beyfall erzwingen konnten, fuͤr die Deutſchen, weil es der Charakter des geſetzten Mannes erfordert, mit ſeinem Beyfalle nicht leichtſinnig umzugehen. Er geſteht uͤbrigens mit Vergnuͤgen, daß dieſe Revolution in der Chemie in ihrer Art ein Meiſterſtuͤck ſey, und hoffentlich werden mit dieſem Urtheile die meiſten Phyſiker einverſtanden ſeyn.</p><p>Inzwiſchen iſt dieſer Beyfall nichts weniger, als unbedingt, und die Lobſpruͤche, die man dem neuen Syſtem ertheilt, haben nicht die Meinung, daſſelbe fuͤr ausgemachte Wahrheit auszugeben. Vorſichtige Naturforſcher werden es immer nur als Vorſtellungsart, und ſelbſt dieſes blos fuͤr einzelne Theile der Wiſſenſchaft, empfehlen. So verfaͤhrt auch Herr <hirendition="#b">Lichtenberg,</hi> der uͤberall, wo es den Zuſammenhang der Naturbegebenheiten im Großen betrift, die Vorſtellungen des Hrn. <hirendition="#b">de Luc</hi> weit angemeſſener, als die Erklaͤrungen der Antphlogiſtiker, findet. Ich werde einige Bedenklichkeiten, die dieſem ſcharfſinnigen Phyſiker gegen die Nonexiſtenz des Brennſtoffs uͤbrig bleiben, im Zuſatze zu dem Artikel <hirendition="#b">Phlogiſton</hi> anfuͤhren, und hier nur noch einige ſeiner allgemeinen Bemerkungen aus der oben gedachten Vorrede mittheilen.</p><p>Die franzoͤſiſche Chemie, ſagt er, iſt ein Meiſterſtuͤck als iſolirte Sammlung von Kenntniſſen, nicht aber als Theil der geſammten Naturlehre im Allgemeinen. Der allgemeine Naturforſcher, der die iſolirten Beſchaͤftigungen einzelner Claſſen vergleicht und zuſammennimt, der nach Bacons Ausdruck die Erklaͤrungen nicht <hirendition="#aq">in minoribus mundis,</hi>ſondern <hirendition="#aq">in maiore ſive communi,</hi>ſucht, moͤchte doch bey der Vereinigung des neuen Syſtems mit den Erfahrungen, die uͤber andere Claſſen von Gegenſtaͤnden vorhanden ſind, noch mancherley Schwierigkeiten finden.</p><p>Die Natur z. B. bringt unlaͤugbar <hirendition="#b">Elektricitaͤt</hi> im Großen hervor. Wir koͤnnen ſie nur im Kleinen unterſuchen, wiſſen alſo wenig von ihr: aber es iſt doch hoͤchſt wahrſcheinlich, daß ſie in die Zuſammenſetzungen der Stoffe komme,<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
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neuen Theorie uͤber den anhaltenden Widerſtand der deutſchen Chemiker, ehrenvoll fuͤr beyde Theile; fuͤr die Antiphlogiſtiker, weil ſie den Beyfall erzwingen konnten, fuͤr die Deutſchen, weil es der Charakter des geſetzten Mannes erfordert, mit ſeinem Beyfalle nicht leichtſinnig umzugehen. Er geſteht uͤbrigens mit Vergnuͤgen, daß dieſe Revolution in der Chemie in ihrer Art ein Meiſterſtuͤck ſey, und hoffentlich werden mit dieſem Urtheile die meiſten Phyſiker einverſtanden ſeyn.
Inzwiſchen iſt dieſer Beyfall nichts weniger, als unbedingt, und die Lobſpruͤche, die man dem neuen Syſtem ertheilt, haben nicht die Meinung, daſſelbe fuͤr ausgemachte Wahrheit auszugeben. Vorſichtige Naturforſcher werden es immer nur als Vorſtellungsart, und ſelbſt dieſes blos fuͤr einzelne Theile der Wiſſenſchaft, empfehlen. So verfaͤhrt auch Herr Lichtenberg, der uͤberall, wo es den Zuſammenhang der Naturbegebenheiten im Großen betrift, die Vorſtellungen des Hrn. de Luc weit angemeſſener, als die Erklaͤrungen der Antphlogiſtiker, findet. Ich werde einige Bedenklichkeiten, die dieſem ſcharfſinnigen Phyſiker gegen die Nonexiſtenz des Brennſtoffs uͤbrig bleiben, im Zuſatze zu dem Artikel Phlogiſton anfuͤhren, und hier nur noch einige ſeiner allgemeinen Bemerkungen aus der oben gedachten Vorrede mittheilen.
Die franzoͤſiſche Chemie, ſagt er, iſt ein Meiſterſtuͤck als iſolirte Sammlung von Kenntniſſen, nicht aber als Theil der geſammten Naturlehre im Allgemeinen. Der allgemeine Naturforſcher, der die iſolirten Beſchaͤftigungen einzelner Claſſen vergleicht und zuſammennimt, der nach Bacons Ausdruck die Erklaͤrungen nicht in minoribus mundis, ſondern in maiore ſive communi, ſucht, moͤchte doch bey der Vereinigung des neuen Syſtems mit den Erfahrungen, die uͤber andere Claſſen von Gegenſtaͤnden vorhanden ſind, noch mancherley Schwierigkeiten finden.
Die Natur z. B. bringt unlaͤugbar Elektricitaͤt im Großen hervor. Wir koͤnnen ſie nur im Kleinen unterſuchen, wiſſen alſo wenig von ihr: aber es iſt doch hoͤchſt wahrſcheinlich, daß ſie in die Zuſammenſetzungen der Stoffe komme,
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/58>, abgerufen am 22.11.2024.
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