Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


des Brennstoffs, sondern in Verbindung mit Sauerstoff bestehe. Hiebey kam es nun ganz auf das Factum an, ob man Lebensluft erhalte, oder nicht. Hr. Gren (Journal der Phys. B. I. S. 480.) versicherte, nur der auf nassem Wege mit Salpetersäure bereitete rothe Quecksilberkalk, oder der an der Luft feucht gewordene, gebe Lebensluft, nie aber der im Feuer in offnen Gefäßen erst bis zum Glühen erhitzte, welcher Behauptung auch Hr. Westrumb (ebendas. B. V. S. 46.) beytrat, und wiederholt versicherte, daß er nicht ein Bläschen Luft aus dem letztern erhalten könne (eb. B. VI. S. 33.), selbst bey einem am 7 Jun. 1792 mit 500 Gran angestellten Versuche (eb. S. 212.). Auch Herr Tromsdorf in Erfurt (eb. S. 214.) behauptete aus eignen Versuchen, daß frischbereitete Metallkalke weder Luft noch Wasser gäben, solches aber beym Erkalten stark anzögen. Dagegen wurden am 16. Sept. 1792. zu Berlin von Hrn. Peschier aus Genf unter den Augen der Herren Hermbstädt, Karsten und Klaproth Versuche mit einem vom Letztern theils aus London erhaltenen, theils selbst bereiteten Quecksilberkalke angestellt, wobey man aus einer halben Unze 44 Cubikzoll sehr reines Sauerstoffgas erhielt (s. Intelligenzblatt d. A. L. Z. 1792. Num. 124. und Gren Journal der Phys. B. VI. S. 420.).

Der Streit ward nun lebhaft, und es standen Versuche gegen Versuche. Herr Gren behandelte den schwarzen Quecksilberkalk (Aethiops mercurii per se) mit gleichem Erfolge, ohne Luft zu erhalten (Journ. d. Phys. B. VI. S. 444.). Auch Hr. Westrumb und Tromsdorf wiederholten ihre Versuche, der Letztere in Gegenwart der Herren Hecker und Meier (eb. B. VII. S. 37.). Mit welcher unpartheyischen Wahrheitsliebe diese Untersuchung betrieben worden, zeigt unter andern das freye Geständniß von Westrumb (eb. S. 148.), daß er wirklich reine Luft erhalten habe, wiewohl er (S. 149.) gleich nachher entdeckte, es sey Wasser in der Retorte gewesen. Endlich wurde im Jahre 1793 der Streit durch die berliner, im Intelligenzblatte der Allg. Litteraturzeitung bekannt gemachten, Versuche entschieden, welche mit vem von Hrn. Westrumb selbst dazu


des Brennſtoffs, ſondern in Verbindung mit Sauerſtoff beſtehe. Hiebey kam es nun ganz auf das Factum an, ob man Lebensluft erhalte, oder nicht. Hr. Gren (Journal der Phyſ. B. I. S. 480.) verſicherte, nur der auf naſſem Wege mit Salpeterſaͤure bereitete rothe Queckſilberkalk, oder der an der Luft feucht gewordene, gebe Lebensluft, nie aber der im Feuer in offnen Gefaͤßen erſt bis zum Gluͤhen erhitzte, welcher Behauptung auch Hr. Weſtrumb (ebendaſ. B. V. S. 46.) beytrat, und wiederholt verſicherte, daß er nicht ein Blaͤschen Luft aus dem letztern erhalten koͤnne (eb. B. VI. S. 33.), ſelbſt bey einem am 7 Jun. 1792 mit 500 Gran angeſtellten Verſuche (eb. S. 212.). Auch Herr Tromsdorf in Erfurt (eb. S. 214.) behauptete aus eignen Verſuchen, daß friſchbereitete Metallkalke weder Luft noch Waſſer gaͤben, ſolches aber beym Erkalten ſtark anzoͤgen. Dagegen wurden am 16. Sept. 1792. zu Berlin von Hrn. Peſchier aus Genf unter den Augen der Herren Hermbſtaͤdt, Karſten und Klaproth Verſuche mit einem vom Letztern theils aus London erhaltenen, theils ſelbſt bereiteten Queckſilberkalke angeſtellt, wobey man aus einer halben Unze 44 Cubikzoll ſehr reines Sauerſtoffgas erhielt (ſ. Intelligenzblatt d. A. L. Z. 1792. Num. 124. und Gren Journal der Phyſ. B. VI. S. 420.).

Der Streit ward nun lebhaft, und es ſtanden Verſuche gegen Verſuche. Herr Gren behandelte den ſchwarzen Queckſilberkalk (Aethiops mercurii per ſe) mit gleichem Erfolge, ohne Luft zu erhalten (Journ. d. Phyſ. B. VI. S. 444.). Auch Hr. Weſtrumb und Tromsdorf wiederholten ihre Verſuche, der Letztere in Gegenwart der Herren Hecker und Meier (eb. B. VII. S. 37.). Mit welcher unpartheyiſchen Wahrheitsliebe dieſe Unterſuchung betrieben worden, zeigt unter andern das freye Geſtaͤndniß von Weſtrumb (eb. S. 148.), daß er wirklich reine Luft erhalten habe, wiewohl er (S. 149.) gleich nachher entdeckte, es ſey Waſſer in der Retorte geweſen. Endlich wurde im Jahre 1793 der Streit durch die berliner, im Intelligenzblatte der Allg. Litteraturzeitung bekannt gemachten, Verſuche entſchieden, welche mit vem von Hrn. Weſtrumb ſelbſt dazu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0056" xml:id="P.5.44" n="44"/><lb/>
des Brenn&#x017F;toffs, &#x017F;ondern in Verbindung mit Sauer&#x017F;toff be&#x017F;tehe. Hiebey kam es nun ganz auf das Factum an, ob man Lebensluft erhalte, oder nicht. Hr. <hi rendition="#b">Gren</hi> (Journal der Phy&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 480.) ver&#x017F;icherte, nur der auf na&#x017F;&#x017F;em Wege mit Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure bereitete rothe Queck&#x017F;ilberkalk, oder der an der Luft feucht gewordene, gebe Lebensluft, nie aber der im Feuer in offnen Gefa&#x0364;ßen er&#x017F;t bis zum Glu&#x0364;hen erhitzte, welcher Behauptung auch Hr. <hi rendition="#b">We&#x017F;trumb</hi> (ebenda&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">V.</hi> S. 46.) beytrat, und wiederholt ver&#x017F;icherte, daß er nicht ein Bla&#x0364;schen Luft aus dem letztern erhalten ko&#x0364;nne (eb. B. <hi rendition="#aq">VI.</hi> S. 33.), &#x017F;elb&#x017F;t bey einem am 7 Jun. 1792 mit 500 Gran ange&#x017F;tellten Ver&#x017F;uche (eb. S. 212.). Auch Herr <hi rendition="#b">Tromsdorf</hi> in Erfurt (eb. S. 214.) behauptete aus eignen Ver&#x017F;uchen, daß fri&#x017F;chbereitete Metallkalke weder Luft noch Wa&#x017F;&#x017F;er ga&#x0364;ben, &#x017F;olches aber beym Erkalten &#x017F;tark anzo&#x0364;gen. Dagegen wurden am 16. Sept. 1792. zu Berlin von Hrn. <hi rendition="#b">Pe&#x017F;chier</hi> aus Genf unter den Augen der Herren <hi rendition="#b">Hermb&#x017F;ta&#x0364;dt, Kar&#x017F;ten</hi> und <hi rendition="#b">Klaproth</hi> Ver&#x017F;uche mit einem vom Letztern theils aus London erhaltenen, theils &#x017F;elb&#x017F;t bereiteten Queck&#x017F;ilberkalke ange&#x017F;tellt, wobey man aus einer halben Unze 44 Cubikzoll &#x017F;ehr reines Sauer&#x017F;toffgas erhielt (&#x017F;. Intelligenzblatt d. A. L. Z. 1792. Num. 124. und <hi rendition="#b">Gren</hi> Journal der Phy&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">VI.</hi> S. 420.).</p>
              <p>Der Streit ward nun lebhaft, und es &#x017F;tanden Ver&#x017F;uche gegen Ver&#x017F;uche. Herr <hi rendition="#b">Gren</hi> behandelte den &#x017F;chwarzen Queck&#x017F;ilberkalk <hi rendition="#aq">(Aethiops mercurii per &#x017F;e)</hi> mit gleichem Erfolge, ohne Luft zu erhalten (Journ. d. Phy&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">VI.</hi> S. 444.). Auch Hr. <hi rendition="#b">We&#x017F;trumb</hi> und <hi rendition="#b">Tromsdorf</hi> wiederholten ihre Ver&#x017F;uche, der Letztere in Gegenwart der Herren <hi rendition="#b">Hecker</hi> und <hi rendition="#b">Meier</hi> (eb. B. <hi rendition="#aq">VII.</hi> S. 37.). Mit welcher unpartheyi&#x017F;chen Wahrheitsliebe die&#x017F;e Unter&#x017F;uchung betrieben worden, zeigt unter andern das freye Ge&#x017F;ta&#x0364;ndniß von <hi rendition="#b">We&#x017F;trumb</hi> (eb. S. 148.), daß er wirklich reine Luft erhalten habe, wiewohl er (S. 149.) gleich nachher entdeckte, es &#x017F;ey Wa&#x017F;&#x017F;er in der Retorte gewe&#x017F;en. Endlich wurde im Jahre 1793 der Streit durch die berliner, im Intelligenzblatte der Allg. Litteraturzeitung bekannt gemachten, Ver&#x017F;uche ent&#x017F;chieden, welche mit vem von Hrn. <hi rendition="#b">We&#x017F;trumb</hi> &#x017F;elb&#x017F;t dazu<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0056] des Brennſtoffs, ſondern in Verbindung mit Sauerſtoff beſtehe. Hiebey kam es nun ganz auf das Factum an, ob man Lebensluft erhalte, oder nicht. Hr. Gren (Journal der Phyſ. B. I. S. 480.) verſicherte, nur der auf naſſem Wege mit Salpeterſaͤure bereitete rothe Queckſilberkalk, oder der an der Luft feucht gewordene, gebe Lebensluft, nie aber der im Feuer in offnen Gefaͤßen erſt bis zum Gluͤhen erhitzte, welcher Behauptung auch Hr. Weſtrumb (ebendaſ. B. V. S. 46.) beytrat, und wiederholt verſicherte, daß er nicht ein Blaͤschen Luft aus dem letztern erhalten koͤnne (eb. B. VI. S. 33.), ſelbſt bey einem am 7 Jun. 1792 mit 500 Gran angeſtellten Verſuche (eb. S. 212.). Auch Herr Tromsdorf in Erfurt (eb. S. 214.) behauptete aus eignen Verſuchen, daß friſchbereitete Metallkalke weder Luft noch Waſſer gaͤben, ſolches aber beym Erkalten ſtark anzoͤgen. Dagegen wurden am 16. Sept. 1792. zu Berlin von Hrn. Peſchier aus Genf unter den Augen der Herren Hermbſtaͤdt, Karſten und Klaproth Verſuche mit einem vom Letztern theils aus London erhaltenen, theils ſelbſt bereiteten Queckſilberkalke angeſtellt, wobey man aus einer halben Unze 44 Cubikzoll ſehr reines Sauerſtoffgas erhielt (ſ. Intelligenzblatt d. A. L. Z. 1792. Num. 124. und Gren Journal der Phyſ. B. VI. S. 420.). Der Streit ward nun lebhaft, und es ſtanden Verſuche gegen Verſuche. Herr Gren behandelte den ſchwarzen Queckſilberkalk (Aethiops mercurii per ſe) mit gleichem Erfolge, ohne Luft zu erhalten (Journ. d. Phyſ. B. VI. S. 444.). Auch Hr. Weſtrumb und Tromsdorf wiederholten ihre Verſuche, der Letztere in Gegenwart der Herren Hecker und Meier (eb. B. VII. S. 37.). Mit welcher unpartheyiſchen Wahrheitsliebe dieſe Unterſuchung betrieben worden, zeigt unter andern das freye Geſtaͤndniß von Weſtrumb (eb. S. 148.), daß er wirklich reine Luft erhalten habe, wiewohl er (S. 149.) gleich nachher entdeckte, es ſey Waſſer in der Retorte geweſen. Endlich wurde im Jahre 1793 der Streit durch die berliner, im Intelligenzblatte der Allg. Litteraturzeitung bekannt gemachten, Verſuche entſchieden, welche mit vem von Hrn. Weſtrumb ſelbſt dazu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/56
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/56>, abgerufen am 04.05.2024.