Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Eben so ist nun das Oxygen der Grundstoff aller übrigen Säuren (principe acidifiant). Eine Säure entsteht, so oft es sich mit einer dazu fähigen Basis (base acidifiable) verbindet. Bey solchen Verbindungen drückt die neue Nomenclatur den Grad, der die Sättigung mit Oxygen noch nicht erreicht, durch die Endung in eux, die Sättigung selbst durch die in ique, die Uebersättigung durch den Zusatz oxygene aus. So heißt die flüchtige Schwefelsäure Acide sulfureux (Schwefelsaures), die Vitriolsäure Acide sulfulrique (Schwefelsäure). Solche Verbindungen heißen Säurungen (Oxygenations), und das Verbrennen ist eine Säurung. Das Verkalken der Metalle ist eine unvollkommne Säurung (Oxidation), weil die Metalle dadurch zwar mit Sauerstoff verbunden, aber nicht gesättigt, nur in Mittelsubstanzen, Halbsäuren (Kalke, Oxides) verwandelt werden. Der hinzukommende Sauerstoff vermehrt das Gewicht; und demnach müssen diese metallischen Halbsäuren, als zusammengesetzte Körper, und die Metalle selbst, als Bestandtheile davon, betrachtet werden. Auch das Wasser ist zusammengesetzt; denn man kann es durch Kohlen und Eisen mittelst des Feuers in Bestandtheile zerlegen, und aus denselben durch Verbrennung wieder Wasser hervorbringen. Man findet diese Bestandtheile in Gasgestalt, nemlich Lebensluft und leichtes brennbares Gas; des letztern Basis wird daher Wasserstoff (Hydrogene), das Gas selbst Wasserstoffgas (Gaz hydrogene) genannt. Die Basen dieser Gasarten, Sauerstoff und Wasserstoff, machen die eigentlichen Bestandtheile des Wassers aus; und 100 Theile Wasser bestehen aus 85 Theilen Oxygen und 15 Theilen Hydrogen.
Eben ſo iſt nun das Oxygen der Grundſtoff aller uͤbrigen Saͤuren (principe acidifiant). Eine Saͤure entſteht, ſo oft es ſich mit einer dazu faͤhigen Baſis (baſe acidifiable) verbindet. Bey ſolchen Verbindungen druͤckt die neue Nomenclatur den Grad, der die Saͤttigung mit Oxygen noch nicht erreicht, durch die Endung in eux, die Saͤttigung ſelbſt durch die in ique, die Ueberſaͤttigung durch den Zuſatz oxygèné aus. So heißt die fluͤchtige Schwefelſaͤure Acide ſulfureux (Schwefelſaures), die Vitriolſaͤure Acide ſulfulrique (Schwefelſaͤure). Solche Verbindungen heißen Saͤurungen (Oxygenations), und das Verbrennen iſt eine Saͤurung. Das Verkalken der Metalle iſt eine unvollkommne Saͤurung (Oxidation), weil die Metalle dadurch zwar mit Sauerſtoff verbunden, aber nicht geſaͤttigt, nur in Mittelſubſtanzen, Halbſaͤuren (Kalke, Oxides) verwandelt werden. Der hinzukommende Sauerſtoff vermehrt das Gewicht; und demnach muͤſſen dieſe metalliſchen Halbſaͤuren, als zuſammengeſetzte Koͤrper, und die Metalle ſelbſt, als Beſtandtheile davon, betrachtet werden. Auch das Waſſer iſt zuſammengeſetzt; denn man kann es durch Kohlen und Eiſen mittelſt des Feuers in Beſtandtheile zerlegen, und aus denſelben durch Verbrennung wieder Waſſer hervorbringen. Man findet dieſe Beſtandtheile in Gasgeſtalt, nemlich Lebensluft und leichtes brennbares Gas; des letztern Baſis wird daher Waſſerſtoff (Hydrogène), das Gas ſelbſt Waſſerſtoffgas (Gaz hydrogène) genannt. Die Baſen dieſer Gasarten, Sauerſtoff und Waſſerſtoff, machen die eigentlichen Beſtandtheile des Waſſers aus; und 100 Theile Waſſer beſtehen aus 85 Theilen Oxygen und 15 Theilen Hydrogen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0045" xml:id="P.5.33" n="33"/><lb/> So entſtehen <hi rendition="#b">Phosphorſaͤure, Schwefelſaͤure,</hi> und mit der Kohle eine eigne, die bey dem gewoͤhnlichen Drucke und Temperatur der Luft nur in Gasgeſtalt erſcheint (Luftſaͤure, ſire Luft) mit Waſſer aber zu <hi rendition="#b">Kohlenſaͤure</hi> wird. Dieſe Kohlenſaͤure hat zur Baſis den Grundſtoff der Kohle, <hi rendition="#b">Kohlenſtoff</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Carbone</hi></hi>). Dieſes wird mit Verſuchen belegt, welche mit dem genaueſten Calcul uͤber die Gewichte dieſer Zuſammenſetzungen begleitet ſind.</p> <p>Eben ſo iſt nun das Oxygen der Grundſtoff aller uͤbrigen Saͤuren (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">principe acidifiant</hi></hi>). Eine Saͤure entſteht, ſo oft es ſich mit einer dazu faͤhigen Baſis (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">baſe acidifiable</hi></hi>) verbindet. Bey ſolchen Verbindungen druͤckt die neue Nomenclatur den Grad, der die Saͤttigung mit Oxygen noch nicht erreicht, durch die Endung in <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">eux,</hi></hi> die Saͤttigung ſelbſt durch die in <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">ique,</hi></hi> die Ueberſaͤttigung durch den Zuſatz <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">oxygèné</hi></hi> aus. So heißt die fluͤchtige Schwefelſaͤure <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Acide ſulfureux</hi></hi> (Schwefelſaures), die Vitriolſaͤure <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Acide ſulfulrique</hi></hi> (Schwefelſaͤure). Solche Verbindungen heißen <hi rendition="#b">Saͤurungen</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Oxygenations</hi></hi>), und das Verbrennen iſt eine Saͤurung.</p> <p>Das Verkalken der Metalle iſt eine unvollkommne Saͤurung (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Oxidation</hi></hi>), weil die Metalle dadurch zwar mit Sauerſtoff verbunden, aber nicht geſaͤttigt, nur in Mittelſubſtanzen, <hi rendition="#b">Halbſaͤuren</hi> (Kalke, <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Oxides</hi></hi>) verwandelt werden. Der hinzukommende Sauerſtoff vermehrt das Gewicht; und demnach muͤſſen dieſe <hi rendition="#b">metalliſchen Halbſaͤuren,</hi> als zuſammengeſetzte Koͤrper, und die Metalle ſelbſt, als Beſtandtheile davon, betrachtet werden.</p> <p>Auch das <hi rendition="#b">Waſſer</hi> iſt zuſammengeſetzt; denn man kann es durch Kohlen und Eiſen mittelſt des Feuers in Beſtandtheile zerlegen, und aus denſelben durch Verbrennung wieder Waſſer hervorbringen. Man findet dieſe Beſtandtheile in Gasgeſtalt, nemlich <hi rendition="#b">Lebensluft</hi> und <hi rendition="#b">leichtes brennbares Gas;</hi> des letztern Baſis wird daher <hi rendition="#b">Waſſerſtoff</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Hydrogène</hi></hi>), das Gas ſelbſt <hi rendition="#b">Waſſerſtoffgas</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Gaz hydrogène</hi></hi>) genannt. Die Baſen dieſer Gasarten, <hi rendition="#b">Sauerſtoff</hi> und <hi rendition="#b">Waſſerſtoff,</hi> machen die eigentlichen Beſtandtheile des Waſſers aus; und 100 Theile Waſſer beſtehen aus 85 Theilen Oxygen und 15 Theilen Hydrogen.<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0045]
So entſtehen Phosphorſaͤure, Schwefelſaͤure, und mit der Kohle eine eigne, die bey dem gewoͤhnlichen Drucke und Temperatur der Luft nur in Gasgeſtalt erſcheint (Luftſaͤure, ſire Luft) mit Waſſer aber zu Kohlenſaͤure wird. Dieſe Kohlenſaͤure hat zur Baſis den Grundſtoff der Kohle, Kohlenſtoff (Carbone). Dieſes wird mit Verſuchen belegt, welche mit dem genaueſten Calcul uͤber die Gewichte dieſer Zuſammenſetzungen begleitet ſind.
Eben ſo iſt nun das Oxygen der Grundſtoff aller uͤbrigen Saͤuren (principe acidifiant). Eine Saͤure entſteht, ſo oft es ſich mit einer dazu faͤhigen Baſis (baſe acidifiable) verbindet. Bey ſolchen Verbindungen druͤckt die neue Nomenclatur den Grad, der die Saͤttigung mit Oxygen noch nicht erreicht, durch die Endung in eux, die Saͤttigung ſelbſt durch die in ique, die Ueberſaͤttigung durch den Zuſatz oxygèné aus. So heißt die fluͤchtige Schwefelſaͤure Acide ſulfureux (Schwefelſaures), die Vitriolſaͤure Acide ſulfulrique (Schwefelſaͤure). Solche Verbindungen heißen Saͤurungen (Oxygenations), und das Verbrennen iſt eine Saͤurung.
Das Verkalken der Metalle iſt eine unvollkommne Saͤurung (Oxidation), weil die Metalle dadurch zwar mit Sauerſtoff verbunden, aber nicht geſaͤttigt, nur in Mittelſubſtanzen, Halbſaͤuren (Kalke, Oxides) verwandelt werden. Der hinzukommende Sauerſtoff vermehrt das Gewicht; und demnach muͤſſen dieſe metalliſchen Halbſaͤuren, als zuſammengeſetzte Koͤrper, und die Metalle ſelbſt, als Beſtandtheile davon, betrachtet werden.
Auch das Waſſer iſt zuſammengeſetzt; denn man kann es durch Kohlen und Eiſen mittelſt des Feuers in Beſtandtheile zerlegen, und aus denſelben durch Verbrennung wieder Waſſer hervorbringen. Man findet dieſe Beſtandtheile in Gasgeſtalt, nemlich Lebensluft und leichtes brennbares Gas; des letztern Baſis wird daher Waſſerſtoff (Hydrogène), das Gas ſelbſt Waſſerſtoffgas (Gaz hydrogène) genannt. Die Baſen dieſer Gasarten, Sauerſtoff und Waſſerſtoff, machen die eigentlichen Beſtandtheile des Waſſers aus; und 100 Theile Waſſer beſtehen aus 85 Theilen Oxygen und 15 Theilen Hydrogen.
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